Berlin (ADN). Der erste Ausbildungskurs für Offiziere der Militärabwehr der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR hat am Montag in Berlin begonnen, teilte das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung mit.
In 14tägigen Lehrgängen werden jeweils 20 Teilnehmer mit den Grundsätzen und spezifischen Anforderungen der künftigen Tätigkeit vertraut gemacht. Bei den Offizieren handelt es sich ausschließlich um erfahrene Berufskader der NVA, heißt es in der Mitteilung.
Die Ausbildungskurse sind Bestandteil des planmäßigen Aufbaus der Militärabwehr der NVA auf der Grundlage eines Regierungsbeschlusses. Als Chef Militärabwehr wurde der Diplommilitärwissenschaftler Oberst Heinz Klose, bisher Stellvertreter des Chefs des Stabes des Militärbezirkes Neubrandenburg, eingesetzt.
Die Militärabwehr will als ein armeespezifisches Strukturelement vor beugend gegen sicherheitsgefährdende Angriffe auf Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen der NVA wirken. Dabei versteht sie sich als ein verfassungstreues Organ unter parlamentarischer Kontrolle, das Öffentlichkeit und Transparenz anstrebt.
Vorrangig soll die Militärabwehr beitragen zur Entwicklung und Festigung des Sicherheitsbewusstseins der Soldaten und Zivilbeschäftigten in der Armee und zur Abwehr von Sabotage und terroristischen Gewaltakten, die gegen Soldaten und Zivilbeschäftigte der NVA sowie militärische Objekte und Kampftechnik gerichtet sind. Sie soll die Bestimmungen über den Schutz militärischer Geheimnisse durchsetzen und ist für die Spionageabwehr in den Streitkräften zuständig.
(Berliner Allgemeine, Mi. 16.05.1990)
Berlin (ADN). Die gegenwärtig im Aufbau befindliche Militärabwehr der DDR wird nach Auskunft des Ministers für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann, keine Spionagefunktion haben.
Sie solle alle Aktivitäten abwehren, die den Abrüstungs- und Verteidigungsauftrag der Armee gefährden könnten, erklärte der Politiker am Donnerstag [17.05.] auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Die Abwehr habe kein konkretes Feindbild. Sie richte sich gegen alle, "die so neugierig sind und uns an Stellen, wo wir es nicht möchten, in die Tür oder ins Fenster hereinschauen".
Beim Aufbau der Abwehr sei man unter anderem vorn Beispiel des Militärischen Abschirmdienstes der Bundesrepublik (MAD) ausgegangen. Als Ausbilder würden unter anderem 35 Spezialisten der nunmehr aufgelösten Abteilung 2000 des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit eingesetzt.
NVA-Chef Admiral Theodor Hoffmann erläuterte, insbesondere die Loyalität gegenüber den Partnern im Warschauer Vertrag verpflichte die NVA zum Schutz von "sensibler Technik".
Die Militärabwehr soll eine Personalstärke von 650 Personen erhalten. Bei einer Reduzierung der Armee auf 100 000 Mann würden es 450 oder eher weniger sein, berichtete der Militär. Die Überwachung von Personen werde nicht zum Verantwortungsbereich des Dienstes gehören.
In einem Gespräch mit BRD-Verteidigungsminister Stoltenberg sei vereinbart worden, sagte Eppelmann, "sofort aufzuhören", sich gegenseitig auszuspionieren. Gleichfalls habe er mit seinem Amtskollegen über das Problem der "Fahnenflucht" gesprochen. Nach gemeinsamer Auffassung gebe es heute, nach den vollzogenen Veränderungen in der DDR, keinen politischen Grund mehr, den Wehrdienst zu verlassen.
(Berliner Allgemeine, Fr. 18.05.1990)