04.12. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft stimmt dem Einigungsvertrag zu
13.12. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wird in der französischen nationalversammlung ratifiziert
15.12. Auf den Frequenzen von DFF 1 sendet nun ARD und ZDF
15.12. In den Deutschen Sportbund werden die Landesverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgenommen
15.12. Der Jugendherbergs-Hauptverbandes löst sich zum 31.12.1990 auf
22.12. Der Aufenthalts- und Abzugsvertrag der sowjetischen Streitkräfte aus der BRD sowie der Überleitungsvertrag tritt in Kraft
Mo. 31. Dezember 1990
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Die Protestaktionen der betroffenen Studenten dauerten am Wochenende an
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ADN/JW. Im Konflikt um die Neustrukturierung der Universitäten in der ehemaligen DDR zeichnet sich keine Entspannung ab. Die Protestaktionen der betroffenen Studenten dauerten am Wochenende an. Ein Beratungs-Marathon des sächsischen Staatsministers für Wissenschaft und Bildung, Prof. Hans-Joachim Meyer, mit Vertretern der Universität Leipzig über die Abwicklung der geisteswissenschaftlichen Disziplinen brachte am Sonnabend nicht das Ergebnis, für das die Studenten tagelang Mahnwachen abgehalten und zwölf von ihnen in den Hungerstreik getreten waren. Minister Meyer beharrte auch noch der mehr als sechs Stunden andauernden Debatte weiter auf dem Abwicklungsbeschluss.
Nur in einem Punkt kam er noch Aussage des Studentenrates den Forderungen der Studierenden entgegen: Er stimmte der Bildung einer verfassten Studentenschaft zu, was im Hochschulerneuerungsgesetz festgeschrieben werden soll. Der Zeitpunkt ist allerdings noch offen. Weiter sicherte er Studienverlängerung für alle die Studierenden zu, deren Fach sich inhaltlich ändert, wozu auch eine entsprechende Verlängerung der Bafög-Zahlung zählt. Das betrifft auch die Ausländer, die an der Karl-Marx-Universität immatrikuliert sind. Auf die anderen Forderungen der Studenten ließ Meyer sich nicht ein. So werden die auf zwei Monate befristeten Arbeitsverträge der Professoren und Dozenten in der "Warteschleife" nicht zurückgenommen.
Auch vor der Berliner Humboldt-Uni ging am Wochenende die Mahnwoche weiter. Die Studenten vertreten den Standpunkt, dass durch die vom Senat angeordnete Abwicklung eine wirkliche Gesamterneuerung nicht gewährleistet sei. Außerdem würde in die Autonomie der Einrichtung eingegriffen sowie Studenten und Mitarbeiter bevormundet.
Inzwischen wurde aus Halle bekannt, dass trotz der dortigen vor weihnachtlichen Proteste die Abwicklungsmaßnahmen ab Jahresbeginn greifen sollen: Neue Fachbereiche für Jura, Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Gesellschaftskunde werden dann an die Stelle der bis dahin aufgelösten Sektionen der Martin-Luther-Universität treten.
(Junge Welt, Mo. 31.12.1990)
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Das "Aus" für den Uran-Bergbau ist besiegelt
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Das "Aus" für den Uran-Bergbau in Thüringen, dem Erzgebirge und in der Sächsischen Schweiz ist besiegelt, mit dem Jahresende 1990 wurde die Förderung eingestellt, die letzte Schicht gefahren. Die Lagerstätten wurden von Jahr zu Jahr ärmer, der Aufwand für die Urangewinnung immer größer. Er lag zuletzt nahe dem Zehnfachen des Weltmarktpreises. Dieser Umstand und die nach der Vereinigung Deutschlands völlig veränderte politische wie wirtschaftliche Situation haben das Ende bewirkt.
Seit ihrer Gründung war die Wismut ein Staat im Staate. Die Privilegien der hier Beschäftigten lieferten einen wichtigen Anreiz, im Bergbau zu arbeiten. Noch und nach änderten sich die Umstände, wurde die Wismut inzwischen sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft, zum Muster- und Vorzeigebetrieb für praktische deutsch-sowjetische Freundschaft, für vorbildliche Betriebsführung und hohe Arbeitsleistungen, vor allem aber für sinn- und lückenlose Geheimhaltung. 220 000 Tonnen Uranerz haben die Kumpel in den 44 Jahren gefördert und aufbereitet.
Für die derzeit noch etwa 30 000 Beschäftigten des Bergbauunternehmens beginnt das neue Jahr mit vielen Unwägbarkeiten. Das bisherige Betriebskonzept sieht vor, über 9 000 Kumpel beim Verwahren der Schächte und dem Sanieren der von der Wismut genutzten Flächen einzusetzen. Etwa 10 000 Betriebsangehörige sollen in den Consultinggesellschaften, in Bau- und Speditions- sowie Maschinenbaubetrieben, die aus einstigen Wismut-Einrichtungen hervorgegangen sind, arbeiten. 1 300 werden in die Rente oder den Vorruhestand geschickt. Die übrigen müssen außerhalb der Wismut eine neue Stelle finden. Da kann sich der einst stolze Spruch: "Ich bin Bergmann, wer ist mehr", leicht in die bittere Sentenz verwandeln: "Ich bin Bergmann, keiner will mich mehr".
Peter Liebers
(Tribüne, Mi. 02.01.1991)
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"Aus" für Zuckerfabrik
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Für die Zuckerindustrie von Genthin kommt am letzten Tag dieses Jahres endgültig das "Aus". Bis zu diesem Termin erhalten alle 416 Beschäftigten der Zuckerfabrik F.C. Achard ihre Entlassungsschreiben. Dem 1902 gegründeten und 1946 verstaatlichten Werk in der zwischen Magdeburg und Brandenburg gelegenen Kiemstadt geht es ähnlich wie den meisten der bisher 41 Zuckerfabriken in den neuen Bundesländern. Höchstens elf von ihnen werden noch im kommenden Jahr in der Lage sein, Rüben zu Zucker zu verarbeiten.
dpa
(Berliner Zeitung, Sa. 15.12.1990)
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Vorerst noch kein Ende der Talfahrt auf dem hiesigen Arbeitsmarkt
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Vorerst noch kein Ende der Talfahrt auf dem hiesigen Arbeitsmarkt, registriert das Arbeitsamt Rostock mit einer Arbeitslosenquote von 8,4 Prozent. Ein Anwachsen auf über 9 Prozent ist durchaus möglich, weil weitere Entlassungen zum Jahreswechsel erfolgten. Gleichfalls ist im Amtsbereich die Zahl der Kurzarbeiter angestiegen und beträgt nunmehr 4 1845 Betroffene. Auffällig zurückgegangen ist der Anteil der Kurzarbeiter mit 0-Stunden auf 5 516. Und auch die freien Stellen haben mit 1 618 Angeboten etwas zugenommen. Für Amtsdirektor Robert Steil sind dies "Tendenzen", die ihn "etwas optimistischer- ins neue Jahr blicken lassen".
Das Rostocker Arbeitsamt aktiviert seinerseits Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Es vermittelte bereits im November für 1 535 Arbeitsuchende neue Jobs. Auch Fortbildung für künftig aussichtsreiche Berufe wird angeboten. Genannt wurden Bürokommunikation sowie Steuer- und Handelsrecht, CNC-Fräsen und Drehen für Metallarbeiter. Nach Erfahrungen von Robert Steil, kürzlich noch Vize des Hamburger Arbeitsamtes, lassen sich 70 Prozent der Qualifizierten anschließend wieder in Arbeit vermitteln. Mit Blick auf das neue Jahr nehmen Rostocks Arbeitsvermittler sich vor, gegenwärtig Kurzarbeit verstärkt für die Umschulung und Weiterbildung zu nutzen. Dies soll mit den Betrieben geplant und praktisch organisiert werden.
Günther Schröder
(Tribüne, Mi. 02.01.1991)
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Die Treuhandanstalt zur Arbeitsmarktentwicklung
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Die Treuhandanstalt zur Arbeitsmarktentwicklung
Im Jahr 1990 reduzierte sich die Anzahl der Beschäftigten im Beitrittsgebiet um 1,8 Mio. auf 7,8 Mio. erwerbstätige Personen. Die Treuhandunternehmen waren an diesem Rückgang mit rd. 1,08 Mio. Arbeitnehmern beteiligt. Am 31. 01. 1991 waren im Beitrittsgebiet 757 000 Personen arbeitslos. Diese im Vergleich zum Beschäftigungsrückgang relativ geringe Arbeitslosigkeit ist darauf zurückzuführen, dass
- rd. 300 000 Erwerbspersonen in die alten Bundesländer umgezogen sind;
- rd. 200 000 als Pendler in den alten Bundesländern in Arbeit
und
- rd. 550 000 in den Vorruhestand bzw. Altersübergang
eingetreten sind.
Berechnungen haben ergeben, dass durch die Treuhandunternehmen ca. 2/3 der Gesamtarbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet verursacht wurde. Das verweist darauf, dass der Umstellungsprozess unter Verantwortung der Treuhand schneller verläuft, als in den anderen Bereichen der Wirtschaft und der Verwaltung.
Für das Jahr 1991 wurde durch die Treuhandunternehmen ein weiterer Personalabbau in Höhe von rd. 800 000 Arbeitnehmern konzipiert. Dagegen haben eigene Untersuchungen und Berechnungen ergeben, dass im Jahr 1991 in den Treuhandunternehmen mit einem weiteren Personalabbau von mindestens 1,2 bis max. 1,7 Mio. Personen gerechnet werden muss.
Unter der Annahme einer verstärkten Personalfreisetzung in den nicht treuhänderisch verwalteten Bereichen im Jahr 1991, muss im Beitrittsgebiet insgesamt von einer Freisetzung von rd. 3 Mio. Arbeitnehmern ausgegangen werden.
Hinzu kommt, dass Warteschleife (600 000 Personen), Kurzarbeit (1,85 Mio. Personen), Vorruhestand bzw. Altersübergang, Umsiedlung und Arbeitspendler 1991 nicht mehr in dem Maße, wie im Vorjahr die Entwicklung der Arbeitslosigkeit dämpfen werden. Unter der Voraussetzung gleichbleibender wirtschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Rahmenbedingungen muss am Ende des Jahres 1991 mit einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von aber 40 % gerechnet werden, die kurzfristig nicht abbaubar ist Dieser durchschnittliche Wert der Arbeitslosigkeit wird in einigen Regionen weit überschritten.
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Treuhandanstalt Liquiditätshilfen 1990
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TREUHANDANSTALT - Pressestelle - |
Berlin, den 8. 2. 1991 |
Pressemitteilung
Treuhandanstalt übernahm Bürgschaften von rund 28 Milliarden DM für Liquiditätshilfen
Durch die Treuhandanstalt wurden im Jahre 1990 Bürgschaften von rund 28 Milliarden DM für Liquiditätshilfen an Unternehmen übernommen. Davon mussten die Firmen jedoch bisher nur knapp 60 Prozent bei Kreditinstituten in Anspruch nehmen.
Seit September 1990 hat sich auch die Anzahl der Firmen, die Bürgschaften für Überbrückungskredite bei der Treuhandanstalt nachsuchten, entschieden verringert. Im IV. Quartal war es etwa noch 1 000 Unternehmen.
Die Treuhandanstalt prüft auch weiterhin alle Anträge im Einzelfall und wird Liquiditätshilfen vorwiegend nur noch dann verbürgen, wenn damit eine schnelle Privatisierung der Unternehmen gefördert wird.
Im Zusammenhang mit der Prüfung von Unternehmenskonzepten und der Feststellung der DM-Eröffnungsbilanzen werden in sanierungswürdigen Unternehmen Voraussetzungen geschaffen, die Bürgschaften der Treuhandanstalt für Liquiditätskredite schrittweise abzulösen und zu einer normal besicherten Betriebsmittelkreditierung überzugehen.
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Aus dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank
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Die Deutsche Bundesbank schreibt in ihrem Monatsbericht Februar 1991:
"Die Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland blieb auch gegen Ende des Jahres 1990 'gespalten'. Die Wirtschaft Westdeutschlands stand bei weitgehend ausgelasteten Kapazitäten unter hohem Nachfragedruck; allerdings sind die konjunkturellen Spannungen zuletzt nicht weiter gestiegen, insbesondere weil sich die Auslandsnachfrage nach deutschen Produkten im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Abschwächung in wichtigen Partnerländern abgekühlt hat. Das reale Bruttosozialprodukt nahm im vierten Quartal von 1990 saison- und kalenderbereinigt - trotz des vorangegangenen sprunghaften Wachstums - erneut zu; es war damit um 5 % höher als in der entsprechenden Vorjahrszeit. Im Verlauf des Jahres 1990 wurden 700 000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen; die Zahl der Arbeitslosen sank bis Ende Januar mit saisonbereinigt 1,7 Millionen auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren.
In Ostdeutschland scheint dagegen die Talsohle noch nicht erreicht zu sein, auch wenn in Teilbereichen erste Hoffnungsschimmer für eine Besserung zu erkennen sind. Die Industrieproduktion ist nach dem Einbruch vom Sommer zuletzt weiter zurückgegangen, und die Arbeitslosigkeit hat deutlich zugenommen. Der Übergang einer weitgehend geschlossenen sozialistischen Kommandowirtschaft zu einer dem freien Wettbewerb auf dem Weltmarkt ausgesetzten Sozialen Marktwirtschaft stellt einen schmerzhaften Anpassungsprozess dar, der seine Zeit brauchen wird. Die scharfen regionalen Kontraste innerhalb der Bundesrepublik verbieten bislang eine zusammengefasste Berichterstattung über die Wirtschaftslage Gesamtdeutschlands, so dass an dieser Stelle vorerst noch getrennt auf die Entwicklung in Ost- und Westdeutschland eingegangen wird."
[Mit an dieser Stelle sind weitere Ausführungen im Monatsbericht gemeint.]
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Eine Flut von Verstößen gegen Kündigungsschutzgesetze, Personal- und Betriebsverfassungsrechte
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In den fünf neuen Bundesländern gibt es eine Flut von Verstößen gegen Kündigungsschutzgesetze, Personal- und Betriebsverfassungsrechte.
Allein die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) muss sich einem Bericht des "Hamburger Abendblatts" zufolge gegenwärtig mit 14 000 Rechtsstreitigkeiten im Osten Deutschlands auseinandersetzen.
"Die Arbeitgeber verfahren teilweise nach Wild-Ost-Manier", so Willi Hans, Tarifpolitiker beim Geschäftsführenden Hauptvorstand der ÖTV in Stuttgart, der für die fünf neuen Bundesländer zuständig ist. Gegenüber der Zeitung sagte er, viele Personalchefs hätten "es nicht gelernt, dass in einem sozialen Rechtsstaat auch Arbeitnehmerinteressen mit gelten".
Willi Hans begründete zudem, warum es wichtig sei, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der neuen Länder besser bezahlt werden und Qualifizierungsangebote bekommen: "Wenn nicht für einen ordentlichen öffentlichen Dienst gesorgt wird, dann werden die neuen Länder auch in zehn Jahren noch keine Steuern einnehmen."
(Tribüne, Mi. 02.01.1991)
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Rostocker Seehafen 1990 lediglich zwei Drittel des Vorjahresergebnisses
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Rostock (ADN). Mit einem Güterumschlag von weniger als 13 Millionen Tonnen erreichte der Rostocker Seehafen 1990 lediglich zwei Drittel des Vorjahresergebnisses. Wie der Vorstandsvorsitzende der Hafen AG, Dieter Noll, erklärte, wurden in der zweiten Jahreshälfte nur noch vier Millionen Tonnen Ware umgeschlagen. Er begründete den Rückgang mit dem Zerfall der traditionellen Wirtschaftsbeziehungen der ehemaligen DDR und dem Abwandern von Gütern in die deutschen Nordseehäfen. 1991 wird in Rostock mit einem Jahresumschlag von 12 Millionen Tonnen gerechnet. Die Hafen AG möchte jedoch das Handelsmanko mit einem erweiterten Service- und Leistungsangebot auf dem Hafengelände ausgleichen. Bisher haben sich 60 in- und ausländische Unternehmen hier angesiedelt. Der Seehafen wurde am 19. Dezember von der Treuhandanstalt der Kommune übergeben.
(Neue Zeit, Mo. 31.12.1990)
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Berliner Wirtschaft legt zu
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Berlin (dpa/vwd). Die Berliner Wirtschaft hat in diesem Jahr kräftig zugelegt. Nach bisherigen Zahlen sei mit einem realen Wirtschaftswachstum von 4,5 bis fünf Prozent zu rechnen, sagte der Direktor des Statistischen Landesamtes Berlin, Günther Appel. Die entscheidenden Wachstumsimpulse seien vom verarbeitenden Gewerbe und dem Bereich Handel und Verkehr ausgegangen. Dabei habe insbesondere die rege Nachfrage der Bürger aus dem Ostteil der Stadt und dem Umland wachstumsfördernd gewirkt. Die Nettoproduktion des verarbeitenden Gewerbes werde 1990 um rund ein Fünftel höher liegen als 1989. Die Zahl der Beschäftigten werde dort von rund 170 000 um knapp 10 000 (plus fünf Prozent gegenüber 1989) wachsen. Im Westberliner Einzelhandel sei ein Umsatzplus von fast 50 Prozent zu erwarten.
(Neue Zeit, Mi. 02.01.1991)
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Der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank warnt vor "Fehlern in der Lohnpolitik"
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Hamburg. dpa/BZ Vor "Fehlern in der Lohnpolitik" in den neuen Bundesländern hat der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, Prof. Helmut Schlesinger, gewarnt.
Lohnerhöhungen sollten sich auch in den neuen Bundesländern nur im Rahmen der erreichten oder der kurzfristig zu erwartenden Produktivitätssteigerungen bewegen, sagte Schlesinger gestern in einem Deutschlandfunk-Interview. Schlesinger verwies darauf, dass die alte Bundesrepublik gegenwärtig an die neuen Bundesländer einen Finanztransfer in der Größenordnung von jährlich rund 100 Milliarden Mark leiste. Das bedeute, dass der gesamte private und staatliche Verbrauch sowie die Investitionen in der ehemaligen DDR zu zwei Dritteln aus dem eigenen verdienten Einkommen und zu einem Drittel aus dem Zuschuss der alten Bundesrepublik finanziert würden. Dies, so meinte der Bundesbank- Vizepräsident, sei keine Perspektive für eine lange Zeit.
Mit einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung in den neuen Bundesländern ist nach Auffassung Schlesingers im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen. Es sei "ganz offensichtlich", dass der Trend in einer Reihe von Wirtschaftszweigen bereits jetzt nach oben weise, so im Dienstleistungssektor, im Handwerk und im Einzelhandel.
(Berliner Zeitung, Mo. 31.12.1990)
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Bundesarbeitsminister Eine Angleichung des unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West könnte in vier bis fünf Jahren erfolgt sein
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Eine Angleichung des unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West könnte nach Auffassung des Bundesarbeitsministers Norbert Blüm in vier bis fünf Jahren erfolgt sein. Wie der CDU-Politiker in einem Interview der "Bild"-Zeitung sagte, würden die Löhne in vielen Branchen "aber viel schneller steigen".
Entscheidend sei die Produktivität, unterstrich der Minister. "Wenn zum Beispiel VW jetzt in Zwickau investiert, die Autos ab 1992 dort genauso schnell vorn Band laufen wie in Wolfsburg, können unterschiedliche Löhne kaum lange gehalten werden." Dies gelte Blüm zufolge ebenso für den Versicherungs- und Bankenbereich.
Blüm sprach sich auch dafür aus, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften "neue Wege in der Tarifpolitik versuchen" sollten. So könnten beispielsweise Tarifverträge abgeschlossen werden, die den Grundlohn sichern und einen zweiten Lohnteil vorsehen, der vom Gewinn des Unternehmens abhängen sollte. Dadurch würde nach seiner Meinung, "das Feilschen über außertariflichen Lohnzuschlag unterbleiben".
Bei der Kurzarbeiterregelung für Betriebe in den neuen Bundesländern, die zum 30. Juni 1991 auslaufen soll, plädierte der Arbeitsminister für eine Verlängerung dieser Regelung. "Experten sagen voraus, dass der Tiefpunkt der Talfahrt auf dem Arbeitsmarkt Mitte des kommenden Jahres erreicht sein wird. Es wäre nicht sinnvoll, die Kurzarbeiterregelung ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt zu stoppen.“ Blüm befürchtete einen rasanten Anstieg der Arbeitslosenzahl und soziale Unruhen, wenn die Kurzarbeiterregelung nicht verlängert würde. Zugleich setzte er sich für eine "Kurskorrektur" bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes ein und für eine "stärkere Prämierung" der Weiterbildung.
(ADN)
(Tribüne, Mi. 02.01.1991)
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FDGB-Vermögen wird zur Pacht angeboten
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Berlin (dpa) Ein großer Teil des ehemaligen FDGB-Vermögens wird ab 1. Januar durch die Treuhandanstalt zur Pacht angeboten. Dabei handelt es sieh um 700 der rund 1 000 Urlauberhotels, die seinerzeit vom FDGB-Feriendienst verwaltet wurden. Hinzu kämen annähernd 400 Nebenanlagen. Pacht berechtigt seien Privatpersonen und Kommunen. Insbesondere solle diese Möglichkeit aber den bisherigen Mitarbeitern dieser Einrichtungen eingeräumt werde.
(Der Morgen, Sa. 22.12.1990)
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PDS 1990
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Auf der 1. Tagung des 2. Parteitags der PDS in Berlin sagt Gregor Gysi am 26.01.1991:
"Ich will nunmehr über die Entwicklung der Partei im letzten Jahr sprechen. Zunächst einige Zahlen. Am 31. 12. 1990 hatte die Partei über 284 000 Mitglieder. Das bedeutet, dass uns seit Mai 1990 etwa 70 000 Mitglieder verlassen haben. Im gleichen Zeitraum hatten wir etwa 3 000 Neuaufnahmen. Der Anteil der Frauen unter unseren Mitgliedern entspricht gegenwärtig 43,4 Prozent. Den höchsten Anteil gibt es in der Landesorganisation Berlin-Ost mit 46,7 Prozent. Der Anteil der Mitglieder unter 30 Jahren beträgt jetzt 8,9 Prozent. Es handelt sich um 25 330 Mitglieder. Der Anteil der Rentnerinnen und Rentner liegt bei 47,8 Prozent. Die Basisorganisationen sind im Vergleich zu Ende Mai 1990 um 3 316 auf 12 774 gesunken, zum Teil durch Zusammenlegung verschiedener Basisgruppen."
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"Prawda" Modernste NVA-Waffen in alle Welt verschleudert
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Moskau/Bonn. ADN/BZ Für ein Viertel des ursprünglichen Preises habe der einstige DDR-Abrüstungsminister Eppelmann die modernsten NVA-Waffen in alle Welt verschleudert. Wie die "Prawda" am Montag berichtet, seien allein von August bis Oktober über Zwischenhändler Waffengeschäfte in Höhe von 600 Millionen bis zu einer Milliarde Mark getätigt worden.
So seien beispielsweise nach Ungarn Waffen und Ausrüstungen für 119 Millionen und nach Polen für 207 Millionen verkauft worden. Verträge über Waffenlieferungen seien auch mit Indien, Algerien, Sambia, Uganda, Irak und Südjemen abgeschlossen worden. Jetzt dagegen tue der Organisator des "Milliarden-Waffenmarktes" so, als hätte er den entsprechenden Befehl mit der Nummer 31/90 weder gesehen, geschweige denn unterschrieben.
Aber auch "Kleinhändler" wie ein Regensburger Unternehmer seien vorgefahren und hätten für 70 000 Mark per Lastwagen Tausende Makarow-Pistolen und Karabiner verschiedenen Kalibers nebst Munition abtransportieren können. Der praktisch unkontrollierte Verkauf von Waffen und Ausrüstungen der NVA erkläre unter anderem auch das Rätsel, dass auf den Trödelmärkten deutscher Städte eine Vielzahl verschiedenster Waffen aufgetaucht seien. "Bekanntlich ist bis jetzt die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte grundlos dafür verantwortlich gemacht worden", schreibt die Zeitung.
Zu der "Prawda"-Meldung verlautete am Montag aus dem Bundesverteidigungsministerium in Bonn, Berichte über derartige Waffenverkäufe habe es bereits im November gegeben. Finanzsachverständige des Ministeriums seien in Berlin mit der Prüfung der Vorwürfe befasst, doch gebe es bislang noch keine Ergebnisse.
(Berliner Zeitung, Mi. 02.01.1991)
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Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte
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Berlin (ADN) Die sprunghaft angestiegene Zahl der Fahnenfluchten in der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte - der zahlenmäßig größten und nach Bestand und Bewaffnung mächtigsten militärischen Gruppierung der UdSSR im Ausland - sowie auch weitere "Vorkommnisse" haben in den vergangenen Wochen wiederholt im Blickpunkt des öffentlichen Interesses in den fünf neuen Bundesländern gestanden. Immer wieder gab es Pressemeldungen, in denen von "Überläufern" und mangelnder Disziplin in den Reihen der 360 000-Mann-Truppe die Rede war. Vor diesem Hintergrund kam die plötzliche Ablösung von Armeegeneral Boris Snetkow nicht überraschend. [Oberbefehlshaber seit dem 03.12.1987]
Der Sturz Snetkows von diesem Sprungbrett zu höchsten Befehlsständen der Sowjetarmee erfolgte genau eine Woche, nachdem in Moskau eine von Präsident Michail Gorbatschow eingesetzte Kommission zur Aufklärung von Verbrechen in den sowjetischen Streitkräften das Verteidigungsministerium um Mithilfe ersucht hatte.
(Tribüne, Mi. 02.01.1991)
Bonn (NZ/dpa). Unter den rund 58 000 Wehrpflichtigen, die bundesweit zum 2. Januar 1991 einberufen werden, sind erstmals knapp 7 000 junge Deutsche aus den fünf neuen Bundesländern. Die meisten von ihnen werden ihre Grundausbildung in Ausbildungseinheiten in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern erhalten.
(Neue Zeit, Sa. 29.12.1990)
Bis zum Jahresende wurden durch die Treuhandanstalt rund 500 Unternehmen und Betriebsstätten verkauft.
In den ersten 6 Monaten der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion hat die Treuhandanstalt im wesentlichen zur kurzfristigen Liquiditätssicherung und Finanzierung von Betriebsmitteln 28,5 Mrd. DM verbürgt.
Bis zum 31.12.1990 nahm die Treuhandanstalt Kredite in einer Höhe von 4,3 Milliarden DM auf. Die Treuhandanstalt verzeichnet in diesem Jahr 1,602 Milliarden DM Einnahmen, Ausgaben 5,896 Milliarden DM ein Defizit von 4,294 Milliarden DM.
Zum Jahresende hat die Treuhandanstalt 1 140 Mitarbeiter. Davon 1 032 aus Ost- und 108 aus Westdeutschland.
Nach Angaben der Treuhandanstalt beträgt die Beschäftigtenzahl am 31.12.1990 der Treuhandunternehmen 3 162 867.
1990 gab es 278 295 Gewerbeanmeldungen und 26 570 Abmeldungen.
Die Sozialversicherung der ehemaligen DDR stellt entsprechend den Festlegungen im Einigungsvertrag ihre Geschäftstätigkeit ein.
Sebastian Pflugbeil sagt vor der Enquete-Kommission "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit", (13. Wahlperiode des deutschen Bundestages), zu den ökologischen Hinterlassenschaften der DDR über die Abraummengen beim Braunkohleabbau in der DDR: "Die Abraummengen 1990 entsprachen 3 973 Güterzügen zu je 1 000 Tonnen täglich, das übersteigt jede Phantasie".
Der eingetragene Verein Ruder-Gesellschaft wird in Potsdam gegründet.
Bulletin der Bundesregierung Die wirtschaftliche Lage
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