04.12. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft stimmt dem Einigungsvertrag zu
13.12. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wird in der französischen nationalversammlung ratifiziert
15.12. Auf den Frequenzen von DFF 1 sendet nun ARD und ZDF
15.12. In den Deutschen Sportbund werden die Landesverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgenommen
15.12. Der Jugendherbergs-Hauptverbandes löst sich zum 31.12.1990 auf
22.12. Der Aufenthalts- und Abzugsvertrag der sowjetischen Streitkräfte aus der BRD sowie der Überleitungsvertrag tritt in Kraft
Do. 20. Dezember 1990
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Protest und Hungerstreik von Studenten
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Leipzig (ADN) In einen Hungerstreik sind sechs Studenten an der Leipziger Karl-Marx-Universität am Donnerstagmorgen getreten. Sie protestieren damit gegen die "Abwicklungsbeschlüsse" der sächsischen Regierung. Zugleich wurde die Mittwoch Nacht abgebrochene Blockade des Universitätskomplexes in der Innenstadt wieder aufgenommen. Sie soll nach Verlautbarungen aus dem Studentenrat so lange fortgesetzt werden, bis zufriedenstellende Angebote eintreffen.
Die Studenten beharren auf einer Verwaltungsgerichtsklage des Rektors gegen den Kabinettsbeschluss oder dem Rücktritt des Rektorates sowie auf der "Selbstevalvierung" der eigenverantwortlichen Bewertung und Überprüfung - an der Universität.
(Tribüne, Fr. 21.12.1990)
Berlin (ND-Hübner/ADN). Das Bad in der Menge, das Helmut Kohl so liebt, war am Donnerstagmorgen nicht sehr wohltemperiert. Die Abgeordneten des Bundestages, die sich vor der Sitzung zum Gottesdienst in der Berliner Marienkirche versammelten, wurden von Tausenden empörten Studenten mit einem Pfeifkonzert empfangen. Sie protestierten gegen den geplanten Kahlschlag in der Wissenschaft Ostdeutschlands ebenso wie gegen einen möglichen Einsatz deutscher Soldaten am Golf. Vor solcher Kulisse gewarnt, zog es der Kanzler vor, die Kirche klammheimlich durch die Hintertür zu betreten. Ganz so unbemerkt kamen er und seine Parlamentarierkollegen jedoch nicht wieder heraus. Mit dem Ruf !"Kohl abwickeln" empfingen ihn die Studenten.
Auch in anderen östlichen Bundesländern dauerten die Studentenproteste an. So traten in Leipzig am Donnerstagmorgen sechs Studenten der Karl-Marx-Universität in einen Hungerstreik, während ihre Kommilitonen die Blockade des Universitätskomplexes fortsetzten. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat das Vorgehen gegen Hochschulen und wissenschaftliche Institute als "kaltschnäuzig, arrogant und zutiefst unmenschlich" bezeichnet und kündigte juristische Schritte an.
(Neues Deutschland, Fr. 21.12.1990)
Die Proteste gegen die Umstrukturierung der Humboldt-Universität gehen weiter. Der Studentenrat hat gestern zu Demonstrationen und zur Besetzung der Um aufgerufen, falls die von der Landesregierung geplanten Entscheidungen nicht korrigiert würden. Die Bereiche Wirtschaftswissenschaften, Jura, Philosophie, Geschichte und Erziehungswissenschaften seien durch die "Abwicklung" massiv in ihrer Existenz gefährdet.
Studenten und Professoren wollen sich nicht mit den „von oben" verordneten Beschlüssen zufriedengeben. Heute wollen sie vor der Marienkirche demonstrieren, in der vormittags ein feierlicher Gottesdienst zur Konstituierung des Bundestages stattfindet. Anschließend ziehen sie vor das Rote Rathaus, in dem die vermutlich letzte Sitzung der Stadtverordnetenversammlung angesagt ist. Für Freitag sind eine "Vorlesung im KaDeWe" und ein "Besuch in der Freien Universität" geplant. Sonnabend soll die Entscheidung der Landesregierung getroffen werden, die von einer Großdemonstration begleitet werden soll.
Besonders verärgert zeigten sich die Studentenvertreter, weil sie bisher nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen worden seien. Die Vergangenheitsbewältigung in den früheren DDR-Universitäten und die Entlassung von sogenannten Stasi-Professoren müsse von den Universitäten selbst ausgehen.
Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller wies in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass die Hochschule für Ökonomie (Hfö) nicht - wie gestern berichtet - überfuhrt, sondern abgewickelt werde. Das bedeutet, dass die Hfö in ihrer jetzigen Form nicht als wissenschaftliche Hochschule weitergeführt wird. Die Neustrukturierung per 1. Januar erfolgt aber mit der Maßgabe, dass die dort Studierenden unter der Verantwortung anderer Hochschulen ihr Studium abschließen können, ergänzte Wissenschaftsstadtrat Dr. Kny.
BZ
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
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Ostberliner Akademie der pädagogischen Wissenschaften
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Von dem unter der Devise "Überwindung ideologieträchtiger Strukturen" geführten Kahlschlag bleibt auch die Ostberliner Akademie der pädagogischen Wissenschaften nicht verschont. Hier sehen derzeit allein rund 85 Kollegen der national wie international anerkannten Institute für angewandte Entwicklungspsychologie und Sozialisationsforschung, Lern- und Lehrforschung sowie Pädagogik der Bildungsstufen ihrer "Abwicklung" zum 31. 12. entgegen. In eine wissenschaftliche Begutachtung - obgleich im Einigungsvertrag prinzipiell vorgesehen - wurden die Institute nicht einbezogen. Die als sicher geltende "Perspektive" soll den Mitarbeitern heute durch eine vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft eingesetzte Kommission nach monatelangem Hinhalten eröffnet werden.
Damit scheint der neben der Strukturänderung des Ex-DDR-Schulsystems unumgänglichen wissenschaftlich-inhaltlichen Erneuerung aus eigenen vorhandenen Potentialen keine Chance eingeräumt zu werden. Prof. Dr. Elisabeth Fuhrmann, Direktorin des Institutes für Pädagogik der Bildungsstufen: "Die wissenschaftliche Überprüfung wurde uns verwehrt, Forschungsarbeiten und Untersuchungen einfach ignoriert. Alles läuft auf eine Liquidierung hinaus, obwohl die politisch Verantwortlichen wissen müssten, dass das 'flächendeckende Experiment neuer Strukturen im ehemaligen DDR-Schulsystem' ohne wissenschaftliche Begleitung auf der Strecke bleibt."
Lösungen für viele Probleme, vor, die sich das Bildungswesen in den neuen Bundesländer gestellt sieht, liegen durch jahrelange Forschungen - die zum Teil ohne Einverständnis- und Wissen des Ex-Volksbildungs-Hauptquartiers durchgeführt wurden - vor.
Prof. Dr. Joachim Lompscher, Direktor des Institutes für Lern- und Lehrforschung: "Die jetzt praktizierte Wissenschaftspolitik ist umso kurzsichtiger, weil durch die Kolonisation von Wissenschaft und Forschung in der ehemaligen DDR Schaden verursacht werden, deren Ausmaße man noch nicht absehen kann."
Andrea Scheuring
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
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Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit
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Woran vor einem Jahr noch keiner in der damaligen DDR gedacht hatte, ist jetzt für viele bittere Wahrheit. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit gehören nun auch in den neuen Bundesländern zum Sprachschatz. Fast 590 000 haben jüngsten Erhebungen der Nürnberger Fach-Anstalt zufolge keine Beschäftigung. Weitere 1,7 Millionen arbeiten kurz, etwa 650 000 davon weniger als 50 Prozent der normalen Zeit. Mehr als die Hälfte der Arbeitslosen sind Frauen. Ganze 23 000 freie Stellen waren den Arbeitsämtern im November gemeldet.
Länder haben ihre Spezifik
Die meisten Arbeitslosen gibt es in Betrieben, die aufgrund völlig veralteter Anlagen oder niedriger Produktivität und damit fehlender Konkurrenzfähigkeit die Währungs- und Wirtschaftsunion nur wenige Wochen über lebten. Typische Branden sind der Maschinenbau, die Elektrotechnik, der Schiffbau, die Chemie, der Kupfer- und Kalibergbau sowie die Landwirtschaft. Entsprechend treten regionale Unterschiede auf. Den Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit zufolge liegen seit Wochen Mecklenburg-Vorpommern und Berlin mit mehr als acht Prozent an der Spitze der Statistik. In einzelnen Kreisen, so den Bergbaugebieten Sondershausen und Sangerhausen, übersteigt die Quote zehn Prozent. Zuwachsraten von mehr als 35 Prozent von Oktober auf November verzeichnen Agrarkreise wie Wolmirstedt und Genthin.
Im industriellen Süden ist die Rate nicht so hoch, dafür gibt es dort mehr Kurzarbeiter. Offenbar versuchen die Großbetriebe, Zeit für Strukturmaßnahmen zu gewinnen. Sollte jedoch nicht bald eine Verbesserung der Auftragslage eintreten, werden auch viele Kurzarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, meinen Ökonomen.
Auf der anderen Seite boomt es in den alten Bundesländern. Zweige wie der Fahrzeugbau und die Elektrotechnik verbuchen nie gekannte Zuwachsraten und stellen zusätzliche Arbeitskräfte, darunter Facharbeiter aus der Ex DDR, ein. Weit mehr als 100 000 pendeln täglich oder wöchentlich zwischen Ost und West. Etwa 300 000 haben 1990 ihren Wohnsitz ganz verlegt.
Während im Osten der Warenumsatz um 40 Prozent zurückging, schnellt er im Westen in die Höhe. Grund: Die neuen Bundesbürger versorgen sich häufig jenseits der ehemaligen Grenze. Der neue Absatzmarkt bringt Riesengewinne. Mit dem Rückgang der Industrieproduktion der ehemaligen DDR auf die Hälfte des Vorjahres ist aber auch ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit und damit ein Sinken der Kaufkraft verbunden. Wenn nicht bald produktiv investiert wird, werden sich auch weniger Käufer für die Westwaren finden. Die Bonner Politiker jedoch wehren ab. Der Staat leiste mit Bürgschaften, Krediten und Investitionszulagen bereits genug. Außerdem müsse die D-Mark stabil bleiben, weswegen die Bundesbank den Geldumlauf auch im kommenden Jahr knapp hält.
Soziale Lage vor dem Crash
Nach Meinung der Politik müssten nun die Privaten ran. Diese aber zögern. Bonn erwartet für das kommende Jahr 2,5 Millionen Arbeitslose und Kurzarbeiter im Osten. Wissenschaftler und auch die Sachverständigen gehen von größeren Zahlen aus und führen stichhaltige Argumente ins Feld. 1991 werden Zehntausende ehemalige Staatsangestellte, gegenwärtig in der sogenannten Warteschleife, auf den Markt strömen. Mitte 91 läuft die großzügige Kurzarbeiterregelung aus, wonach die Betriebe momentan auch überflüssige Leute bei 90 Prozent des Lohnes behalten müssen. Außerdem wird die Treuhand, die bisher nur zögernd stilllegte, radikaler vorgehen. Weitere 1,4 Millionen Arbeitsplätze hängen vom Ostexport ab.
Die gewaltigen Unterschiede werden also auf absehbarer Zeit bestehen bleiben. Wie der bayerische Landeszentralbankchef Lothar Müller jüngst in einem Presseinterview sagte, verberge sich gerade hinter diesen Differenzen sozialer Zündstoff, der je den Moment hochgehen kann.
Uwe Rosenhahn
(Tribüne, Do. 20.12.1990)
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Der Arbeitslosenverband legt Verfassungsbeschwerde gegen den Einigungsvertrag ein
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Der Arbeitslosenverband hat gegen den Einigungsvertrag Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er begründet seinen Schritt damit, dass rechtliche Regelungen dieses Vertrages im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte Grundrechte der Bürger verletzen. Die Beschwerde sei dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und durch den sogenannten Dreierrat inzwischen' bestätigt worden und stehe damit zur Verhandlung an. Darüber informierte Arbeitslosenverbands-Präsident Klaus Grehn auf einer Pressekonferenz in Berlin. Er wertete dies als Erfolg und verwies darauf, dass nur ein verschwindend geringer Teil der Verfassungsbeschwerden dieses Stadium erreiche. Als möglichen Termin der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht nannte Grehn den März nächsten Jahres.
Der Antrag der Verfassungsbeschwerde lautet, festzustellen, dass die Regelung der "Warteschleife" in der vorliegenden Form "nichtig ist und deshalb die Arbeitsverhältnisse der Beschwerdeführer nicht ruhen, sondern nach Maßgabe der jeweils zugrunde liegenden Arbeitsverträge nach dem 3. 10. 1990 unverändert fortbestehen und nach Ablauf der sechs- beziehungsweise neunmonatigen Wartefrist fortzusetzen sind".
Von der genannten Regelung seien allein aus dem Bereich der ehemaligen staatlichen Verwaltung und den nachgeordneten Einrichtungen 200 000 bis 250 000 Menschen betroffen, teilte Grehn mit. "Wir stellten fest, dass zunehmend weitere Einrichtungen diese nach unserer Auffassung - verfassungswidrige Regelung anwenden, um Entlassungen zu begründen. Wir fordern deshalb die betroffenen Bürger auf, sich dieser Verfassungsbeschwerde anzuschließen."
Mit der Wahrnehmung der Interessen des Verbandes in dieser Frage seien namhafte Rechtsanwälte beauftragt worden. Nach Angaben Grehns sind im Gebiet der neuen Bundesländer gegenwärtig 2,8 Millionen Menschen von Erwerbslosigkeit betroffen.
Wer sich in der "Warteschleife" befindet, der gehört zu denen, auf die die Arbeitslosigkeit wartet. Das ist der eindeutige Standpunkt der IG Medien, den wir bereits am 2. November ausführlich in der "Tribüne" wiedergaben: "Das Dauerarbeitsverhältnis wird in ein unbefristetes verwandelt. Der befristete Arbeitsvertrag endet automatisch zwischen dem 3. März und dem Juni 1991 - ohne Kündigung, ohne Beteiligung des Personalrates. So hebelt die Warteschleife das im Grundgesetz wurzelnde Kündigungsschutzgesetz aus."
(Tribüne, Fr. 21.12.1990)
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Erste gesamtdeutschen Wirtschaftsministerkonferenz
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Berlin. Zu ihrer ersten gesamtdeutschen Wirtschaftsministerkonferenz trafen sich die Wirtschaftsminister und Senatoren aller Bundesländer in Berlin. Dementsprechend bildete die Lage im Osten einen Schwerpunkt ihrer Beratungen. Einig zeigte man sich in der Beurteilung, dass "trotz erster Lichtblicke die ostdeutsche Wirtschaft noch in einer schweren Strukturkrise steckt", so der zur Zeit den Vorsitz führende bayrische Wirtschaftsminister Dr. August Lang auf der abschließenden Pressekonferenz. Er informierte auch darüber, dass nach einer Umfrage unter ostdeutschen Betrieben drei Viertel aller Firmen darüber klagen, keine wettbewerbsfähigen Produkte anbieten zu können. 80 Prozent planen weitere Personalverminderungen, bei 32 Prozent sei die Rede von Liquiditätsengpässen und 22 Prozent würden ihre technische Ausstattung als unzureichend bezeichnen.
Das alles überragende, um nicht zu sagen überschattende, Thema war die Arbeit der Treuhandanstalt. So widmeten die Länderwirtschaftsminister den zweiten Tag fast vollständig einem Gespräch mit Dr. Detlev Rohwedder, dem Präsidenten der Treuhandanstalt, um bestehende Differenzen auszuräumen. Er hatte sich mit der scharfen Kritik der Politiker an der Art und Weise der Arbeit der Treuhand auseinanderzusetzen. Strikt forderten diese, jegliche regionale Strukturpolitik und Wirtschaftsfördermaßnahmen der alleinigen Kompetenz der Länder zu überlassen. Privatisierung solle vor Sanierung gehen.
Wie am Rande von Dr. Rohwedder zu erfahren war, wird es keine Aufteilung der Treuhandanstalt auf die Länder geben.
LANDBLATT-Bericht von Elke-Iris Zeise
(Deutsches Landblatt, Do. 20.12.1990)
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Die Wirtschaftsminister der Bundesländer haben der Treuhandanstalt eine tragfähige Zusammenarbeit zugesagt
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Berlin. ADN/BZ Die Wirtschaftsminister der alten und neuen Bundesländer haben der Treuhandanstalt eine tragfähige Zusammenarbeit zugesagt. Bilaterale Arbeitskreise seien vereinbart, erklärte Treuhandpräsident Detlev Rohwedder gestern nach Abschluss von Gesprächen mit den Wirtschaftsministern der 16 deutschen Bundesländer in Berlin.
Inzwischen habe die Treuhand mehr als 100 Verträge geschlossen mit denen rund 200 000 ostdeutsche Arbeitsplätze gesichert werden. Das Engagement von vier westdeutschen Unternehmen im Osten, darunter VW in Zwickau, Mercedes-Benz in Ludwigsfelde und Opel in Eisenach, umfasse immerhin sieben Milliarden DM Investitionen. Ein Abschluss über die Lokomotivbau Elektrotechnische Werke Henningsdorf (LEW) stehe unmittelbar bevor.
Wie Bayerns Wirtschaftsminister August Lang (CSU) mitteilte, wollen die Länder die Arbeit der Treuhandanstalt reformieren und vor allem auf eine beschleunigte Privatisierung der ehemals staatlichen DDR-Betriebe dringen.
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
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Ganztagsangebote an den Schulen erhalten
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Für die Erhaltung der Ganztagsangebote an den Schulen im ehemaligen Ostberlin und die Ausweitung auf den Westteil der Stadt hat sich der Stellvertretende Landesvorsitzende der CDA Berlin, Joachim Krüger, ausgesprochen.
Angesichts der wachsenden Berufstätigkeit beider Eltern und einer steigenden Zahl Alleinerziehender sei eine Ganztagsbetreuung für Schüler kein entbehrlicher Luxus, sondern eine Notwendigkeit in unserer Gesellschaft geworden. Ganztagsangebote garantieren eine warme Mahlzeit, eine fachliche Betreuung bei den Hausaufgaben und in der Freizeit, statt die Jugendlichen auf die Straße zu treiben.
Krüger forderte die Festlegung des Erziehungsschlüssels im Ganztagsbetrieb auf eine Kraft je 50 Schüler.
(Der Morgen, Fr. 21.12.1990)
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Gesetz zur Überprüfung von Stasi-Mitarbeit
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Berlin (NZ/dpa). Die Bonner Koalition will bis zum März die gesetzlichen Grundlagen schaffen, dass zunächst alle Mandatsträger und dann auch alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf eine eventuelle frühere Stasi-Mitarbeit überprüft werden. Wie der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Johannes Gerster, am Donnerstag sagte, will die Regierung das neue Gesetz bereits Anfang Januar in den Bundestag einbringen. Für die breitangelegte Überprüfung aller Mandatsträger soll nach seinen Worten die Behörde des bisherigen Stasi-Beauftragten Joachim Gauck ausgeweitet oder eine ganz neue Behörde aufgebaut werden. Das von den Koalitionsparteien vereinbarte Verfahren sieht eigenständige, flächendeckende Ermittlungen der Beamten dieser Einrichtung vor, die dem Bundestag zugeordnet werden soll wie bisher das Amt des Wehr- oder Datenschutzbeauftragten. Nach den Vorstellungen des CDU-Politikers soll das Personal der Überprüfungsbehörde aus den bisherigen Ämtern des Verfassungsschutzes kommen.
Der schleswig-holsteinische Innenminister Hans-Peter Bull (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, die beim Verfassungsschutz befindliche Namensliste aller hauptamtlichen Mitarbeiter des ehemaligen DDR-Staatssicherheitsdienstes dem Regierungsbeauftragten in Berlin zu übergeben, da der Einigungsvertrag vorsehe, das gesamte Stasi-Material in Berlin zu verwahren. Wie aus Regierungskreisen bekannt wurde, wird der Verfassungsschutz diese Listen nicht an Gauck zurückgeben. Für die Nachrichtendienste seien diese Listen wichtig, um sehen zu können, ob Bewerber vorher für den Stasi gearbeitet hätten.
(Neue Zeit, Fr. 21.12.1990)
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Verfassungsschutz kennt alle Namen
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Bonn/Berlin. dpa/BZ Dem Bundesamt für Verfassungsschutz sind die Namen aller 103 000 offiziellen Mitarbeiter des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR bekannt. Dies bestätigten gestern Bonner Regierungskreise. Anfang des Jahres hatten Stasi-Überläufer den Verfassungsschützern Computer-Disketten mit diesen Namen übergeben - "vom Offizier bis zur Putzfrau".
Allerdings, so wurde betont, helfe diese Kenntnis in Bezug auf inoffizielle Mitarbeiter - als ein solcher wurde zuletzt der CDU-Politiker Lothar de Maizière beschuldigt - nicht weiter.
Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Joachim Gauck, hat auf die Bestimmung des Einigungsvertrages verwiesen, nach der die Nutzung von Stasi-Daten für nachrichtendienstliche Zwecke ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich für eine vollständige Aufklärung der Stasi-Vorwürfe gegen den zurückgetretenen CDU-Minister de Maizière ausgesprochen. Vor der Unionsfraktion in Berlin sagte Kohl gestern, er stehe "voll und ganz" hinter de Maizière, der am selben Tag von Bundespräsident Richard von Weizsäcker offiziell aus seinem Amt entlassen wurde.
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
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Bund der Vertriebenen Vereinigung noch immer nicht vollendet
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Bonn. AFP/BZ Die deutsche Vereinigung ist nach Ansicht des Bundes der Vertriebenen (BdV) noch immer nicht vollendet. Die "bisherige Reorganisation Deutschlands durch Zusammenschluss von West- und Mitteldeutschland" habe die freie Selbstbestimmung des ganzen deutschen Staatsvolkes nicht erfüllt, erklärte das BdV-Präsidium gestern nach einer Sitzung in Bonn. Die ehemalige DDR dürfe "geschichtlich und geographisch" nicht als Ostdeutschland bezeichnet werden, unterstrich der Vertriebenbund. Alle "bei der Reorganisation nicht berücksichtigten Deutschen der Gebiete jenseits von Oder und Neiße" müssten an den Strukturen Deutschlands frei mitwirken können.
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
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Reduzierung der in Deutschland stationierten belgischen Soldaten
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Brüssel (NZ/Reuter). Eine Reduzierung der in Deutschland stationierten belgischen Soldaten von derzeit 22 000 auf 3 500 Ende 1995 hat Verteidigungsminister Guy Coeme angekündigt. Dies geschieht im Rahmen einer durch die Ost-West-Entspannung möglich gewordenen Militärreform. Sie sieht u. a. die Verringerung der Streitkräfte Belgiens von 82 000 auf 66 000 Mann, die Verkürzung des Wehrdienstes um ein Drittel auf acht Monate sowie die Ausmusterung von 14 Minensuchbooten vor.
(Neue Zeit, Do. 20.12.1990)
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Soldaten der UdSSR am sowjetische Ehrenmal im Tiergarten werden abgezogen
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Vertreter der sowjetischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland haben gestern überraschend erklärt, dass die Truppen der UdSSR am Sonnabend das sowjetische Ehrenmal im Tiergarten räumen wollen. Dazu soll um 10 Uhr eine abschließende Ehrenparade an der Anlage, hinter der auch 2 500 gefallene Sowjetsoldaten begraben sind, stattfinden. Das Ehrenmal soll dem Land Berlin übergeben und unter Verantwortung des Bezirksamtes Tiergarten weiter gepflegt werden.
Die sowjetische Seite beruft sich dabei auf Festlegungen im Vertrag über gute Nachbarschaft zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR vom 13. September. Dann wurde im Zusammenhang mit dem deutschen Einigungsprozess vereinbart, dass sowjetische Gedenkstätten auf dem Boden der ehemaligen DDR unter dem Schutz der deutschen Behörden stehen.
Der Sprecher des Innensenators, Werner Throniker, stellte auch eine besondere Polizeibewachung des Ehrenmals in Aussicht. Eine endgültige Vereinbarung über die Modalitäten der Übergabe und die weitere Zukunft des unmittelbar hinter dem Brandenburger Tor gelegenen Areals soll heute im Schöneberger Rathaus getroffen werden. An den Verhandlungen sind die sowjetische Botschaft, die Senatskanzlei und das Bundeswehrkommando Ost beteiligt.
Das Ehrenmal wurde unmittelbar nach Kriegsende von deutschen Arbeitskräften auf Befehl der Roten Armee errichtet und am 11. November 1945 eingeweiht. Die Anlage war besonders wahrend der Mauer-Zeit auch eine Touristenattraktion.
RL
(Berliner Zeitung, Do. 20.12.1990)
Karlsruhe (dpa) Das Bundesverfassungsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Regelung des Einigungsvertrages abgelehnt, wonach die Enteignungen zwischen 1945 und 1949 in der damaligen sowjetisch besetzten Zone nicht mehr rückgängig zu machen sind. In dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss betonte der Erste Senat, die mit einer einstweiligen Anordnung verbundenen nachteiligen Folgen für das Gemeinwohl seien schwerwiegender als die Nachteile, die den Betroffenen durch einen Nichterlass drohen.
Von besonderer Bedeutung sei auch, dass eine einstweilige Anordnung die Gefahr außenpolitischer Nachteile für die Bundesrepublik mit sich brächte. Letztlich sei die angegriffene Regelung des Einigungsvertrages auch Gegenstand der "Zwei plus Vier"-Verhandlungen gewesen. Ihre Aussetzung könnte somit das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Bundesrepublik im völkerrechtlichen Verkehr beeinträchtigen und vor allem zu einer "empfindlichen Störung" ihres Verhältnisses zur Sowjetunion führen.
Auch würden durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung "besonders wichtige Belange des Gemeinwohls" beeinträchtigt. So könnte ein Verfügungsverbot investitionshemmend wirken und damit die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern erheblich stören.
Mit der einstweiligen Anordnung hatten die Beschwerdeführer erreichen wollen, dass die Treuhandstelle über die enteigneten Vermögensbestände vor allem Grundbesitz - bis zur Entscheidung des Karlsruher Gerichts nicht verfügen darf. Termin der mündlichen Verhandlung ist der 22. Januar 1991. In dem Verfahren geht es um die Enteignungen, die nach 1945 von der Sowjetischen Militäradministration mit einer Bodenreform unter dem Motto "Junkerland in Bauernhand" vollzogen worden waren.
(Tribüne, Fr. 21.12.1990)
Die Häfen Rostock, Stralsund und Wismar werden von der Treuhand an die Kommunen übergeben.
Asea Brown Boveri Mannheim übernimmt die Energiebau Dresden GmbH.
Von der Stadtverordnetenversammlung in Leipzig werden die Namen Hans Frank, Wilhelm Frick, Paul von Hindenburg, Adolf Hitler und Walter Ulbricht von der Ehrenbürgerliste der Stadt gestrichen.
In Erfurt wird die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker Thüringens gegründet.
In der ersten Sitzung des am 02.12. gewählten Bundestages wird von Bündnis 90/Grüne beantragt, die Zählung der Wahlperioden des Deutschen Bundestages nicht fortzuführen, sondern nunmehr mit der 1. Wahlperiode neuer Zählung zu beginnen. Der Antrag wird an den Ältestenrat überwiesen.
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