Dresden (NZ/ADN/dpa). Zu ihrer ersten gemeinsamen Tagung kamen die Innenminister der alten und neuen Bundesländer in der sächsischen Metropole zusammen. Im Zentrum der zweitägigen Beratung, deren Vorsitz der baden-württembergische Innenminister Dietmar Schlee innehatte, standen unter anderem Themen wie der Aufbau funktionsfähiger Innenressorts in den neuen Ländern, Strategien zur Bekämpfung des zunehmenden Terrorismus, die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern sowie Fragen der Asylpolitik auf der Tagesordnung.
Zunächst hatte der bayerische Innenminister Edmund Stoiber (CSU) vorgeschlagen, die PDS als verfassungsfeindlich einzustufen und entsprechend beobachten zu lassen. Dagegen wollte Schlee eine "etwas zurückhaltendere" Lösung: Die SED-Nachfolgepartei sollte offen beobachtet und nur allgemein zugängliches Material vom Verfassungsschutz ausgewertet werden. So sei jahrelang auch mit den rechtsradikalen Republikanern verfahren worden. Erst nach einem Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur PDS, das in Kürze vorliegen werde, könne über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Auf die Thematik Asylbewerber eingehend, äußerten die Innenminister die Ansicht, dass mit einer weiteren Zunahme von Flüchtlingsbewegungen nach Westeuropa gerechnet werden müsse. Nahezu 200 000 Asylbewerber kamen 1990 in die Bundesrepublik. Das sind fast 80 000 mehr als im Vorjahr. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, das Wohlstandsgefälle zwischen Ost und West sowie Nord und Süd deshalb rasch durch eine deutliche Erhöhung der Entwicklungshilfe aber auch Strukturhilfen für wirtschaftlich benachteiligte Länder zu beseitigen. Die Minister Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns, Ziel und Dieterich, gaben ihrer Besorgnis Ausdruck, dass es einige "Probleme geben könnte, die für die neuen Bundesländer zugeteilten Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen durchzuhalten", um mehr Handlungsspielraum im Asylrecht zu gewinnen, machen sich Änderungen des Grundgesetzes notwendig, urteilte Dieter Schlee. Diese Frage wurde kontrovers diskutiert. Übereinstimmung bestand unter den Ministern dann, dass eine solche Änderung mit allen Parteien erreicht und das Asylrechtsproblem im europäischen Rahmen gelöst werden müssten. Die Bundesrepublik könne es sich nicht leisten, dass ihr Asylrecht an Akzeptanz verliere.
Für Protest sorgte der Plan, in Dresden eine strenge Einreise-Quote für sowjetische Juden zu beschließen. Daraufhin bezeichnete der Direktoriumsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, diese Regelung als "nicht akzeptabel". Wie er weiter betonte, laste unvermindert auf Deutschland die Verantwortung, der sich hier gestellten Problematik gerecht zu werden. Der Zentralrat der Juden, daraufhin habe er anlässlich einer Besprechung beim Bundesminister Seiters hingewiesen, werde sich an einer sogenannten Auswahl nicht beteiligen, die die Verteilung von 100 Einwanderern pro Jahr nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer vorsieht. "Es handelt sich schließlich um Menschen, die sich - nach wie vor - in einer Gefahr befinden und hier Zuflucht suchen", stellte Galinski fest. Bayern und Baden-Württemberg hätten für diesen Vorschlag wie andere Bundesländer bereits ihre Zustimmung signalisiert.
Neben dem Einwanderungsproblem beschäftigten sich die Innenminister unter anderem auch mit der Attraktivität des Polizeidienstes, deren Zusammenarbeit und Aufstellung eines Koordinierungskomitees, um der organisierten Kriminalität entgegenzuwirken, dem Aufbau des Verfassungsschutzes und mit der Sicherheit bei Sportveranstaltungen. Geprüft werde beispielsweise die Anlage einer Hooligan-Kartei, kündigte Schlee an. Aufgrund des größer werdenden Gewaltpotentials müsse ebenfalls ein bundesweites Konzept der Terrorismusbekämpfung ausgearbeitet werden.
(Neue Zeit, Mo. 17.12.1990)
Dresden (NZ). Der bayerische Innenminister Stoiber (CDU) bezeichnete die PDS auf der zweitägigen Innenministerkonferenz der gesamten Bundesländer für verfassungsfeindlich Zunächst solle sie offen beobachtet und allgemein zugängliche Informationen ausgewertet werden. Erst nach einem Gutachten des Bundesamtes für Verfassungschutz zur PDS, das in Kürze vorliegt, könne man über das weitere Vorgehen entschieden.
(Neue Zeit, Mo. 17.12.1990)