Die Sanierung der Betriebe in der ehemaligen DDR und damit die Erhaltung von Arbeitsplätzen haben am Mittwoch rund 2 000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie aus Berlin und dem Land Brandenburg gefordert. Zu der Protestaktion vor dem Haus der Treuhandanstalt in Berlin hatten die Bezirksgeschäftsstellen der IG Metall in Berlin, Frankfurt (Oder), Potsdam und Cottbus aufgerufen. Auf Transparenten hieß es "Wir lassen uns von der Treuhand nicht länger verschaukeln", "Arbeitsplätze sichern, statt Privatisierung und Arbeitsplatzvernichtung", "Kollagen wehrt Euch! - Heute wir, morgen Ihr".
Manfred Foede, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin, verwies darauf, dass bis auf wenige Ausnahmen alle Betriebe der DDR von der Geschäftspolitik der Treuhand abhängig seien. Da die Betriebe ohne Kredite und Investitionen in der Zukunft nicht überleben könnten, entscheide die Treuhand über fast vier Millionen Arbeitsplätze, also fast zwei Drittel der Arbeitsplätze in der ehemaligen DDR. Es sei ein Skandal, dass eine mit dieser Macht ausgestattete Stelle nicht der Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Gewerkschaften unterliege. Nach den Worten Foedes ist die Strategie der Treuhand auf Privatisierung gerichtet, "koste es, was es wolle", auch wenn dabei Arbeitsplätze vernichtet werden. Foede forderte die Treuhand auf, bei Verkäufen strukturpolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund zu rücken. Hauptaufgabe der Treuhand dürfe nicht die Privatisierung, sondern müsse die Ausarbeitung von Sanierungskonzepten sein.
Noch Ansicht des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Walter Momper, sollte die Treuhand "ein Maximum von Arbeitsplätzen" in der ehemaligen DDR sichern, "um den Menschen hier eine Zunft zu geben". Die Treuhandanstalt müsse deshalb eine Industrie- und Strukturpolitik für die ostdeutschen Länder ausarbeiten, erklärte er. A. D.
(Tribüne, Do. 29.11.1990)
Berlin/Bonn (ND/ADN/AFP). "Wir lassen eins von der Treuhand nicht verschaukeln", "Arbeitsplätze sichern statt Privatisierung und Arbeitsplatzvernichtung" - mit diesen Transparenten protestierten am Mittwoch etwa 2000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie aus Berlin und dem Land Brandenburg vor dem Haus der Treuhandanstalt in Berlin. Zu der Aktion hatten die Bezirksgeschäftsstellen der IG Metall in Berlin, Frankfurt (Oder), Potsdam und Cottbus aufgerufen.
Manfred Foede, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin, verwies darauf, dass bis auf wenige Ausnahmen alle Betriebe der DDR von der Geschäftspolitik der Treuhand abhängig seien. Da die Betriebe ohne Kredite und Investitionen in der Zukunft nicht überleben könnten, entscheide die Treuhand über fast vier Millionen Arbeitsplätze, also fast zwei Drittel der Arbeitsplätze in der ehemaligen DDR. Es sei ein Skandal, dass eine mit dieser Macht ausgestattete Stelle nicht der Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Gewerkschaften unterliege.
Nach den Worten Foedes ist die Strategie der Treuhand auf Privatisierung gerichtet, „koste es, was es wolle". Er forderte die Treuhand auf, bei Verkäufen strukturpolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund zu rücken. Es könnten Paketlösungen favorisiert werden, in denen die Verkaufserlöse nicht maximiert und der Verkauf an Auflagen und Bedingungen wie den Erhalt von Arbeitsplätzen geknüpft wird. Hauptaufgabe der Treuhand müsse die Ausarbeitung von Sanierungskonzepten sein.
Nach der Kundgebung sandte die IG Metall ein Telegramm an Bundeskanzler Kohl und Finanzminister Waigel. Darin wird ein Struktursicherungskonzept gefordert, wobei die Gewerkschaften umfassend beteiligt werden sollten.
Für das Mitbestimmungsrecht der Gewerkschaften in der Treuhand trat erneut DGB-Vorsitzender Heinz-Werner Meyer ein. In einem Pressebeitrag sagte er, dass der DGB künftig mit drei Stimmen präsent sein werde. Er setze sich vor allem für eine enge Zusammenarbeit zwischen Treuhand und neuen Ländern ein.
Ganz im Gegensatz zu den gewerkschaftlichen Forderungen stellte Finanzminister Waigel für die Arbeit der Treuhandanstalt klar, dass Privatisierung Vorrang vor Sanierung habe. Es sei nicht Aufgabe der Treuhand, "sektorale und regionale Strukturpolitik zu betreiben", sagte er auf einer Pressekonferenz in Bonn.
(Neues Deutschland, Do. 29.11.1990)