Sehr geehrter Herr Präsident,
als Interessenvertreter der mittelständischen Unternehmer fordern wir Sie zur aktiven Mithilfe bei der Überwindung von Schwierigkeiten auf, vor die wir uns eigentlich unerwartet gestellt sehen.
Der Schritt in die Freiheit ist mit dem Einigungsvertrag endgültig vollzogen. Die Bürger des Teiles Deutschlands, der das "sozialistische Erbe" überwunden hat, sind nun angetreten, diese neugewonnene Freiheit auf gute Füße zu stellen, damit sie in Wohlstand für alle und echter sozialer Sicherheit zu einer dauerhaften Einrichtung wird. Die mittelständischen Unternehmen versuchen dabei, von Anfang an mit Optimismus ihren Aufgaben beim Aufbau einer leistungsfähigen Wirtschaft gerecht zu werden. Leider wurden ihnen dabei Hindernisse in den Weg gestellt, mit denen sie nicht gerechnet hatten.
Nach unserer Schätzung liegen derzeit noch 8 000 Anträge auf Reprivatisierung im Jahre 1972 zwangsverstaatlichter Betrieb unbeantwortet bei den Landesbehörden vor. Ein großer Teil diese: Anträge wurden schon in den ersten Monaten dieses Jahre gestellt.
Grundlage war ursprünglich das von der Volkskammer beschlossene Unternehmensgesetz vorn 7. März 1990.
Die ehemaligen Betriebsbesitzer bzw. deren Nachkommen sahen hoffnungsvoll in die Zukunft und hatten und haben vor allem auch förderfähige Konzepte zur Führung ihrer ehemaligen Unternehmen.
Die Erwartungen wurden inzwischen erheblich gedämpft. Seit etwa vier Monaten fallen kaum Entscheidungen für die Reprivatisierung! Und das bei der von vielen kompetenten Seiten immer wieder geäußerten Forderung nach schnellem Aufschwung der mittelständischen Wirtschaft auf dem Gebiet der ehemaligen DDR! Die Bedeutung der mittelständischen Industrie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ist wohl zweifelsfrei.
Für die nicht zu akzeptierende Verzögerung der Reprivatisierungen gibt es folgende Gründe:
1. Mit der per Dekret ab 1. Juli 1990 verordneten "Privatisierung der ehemaligen VEB sind Entscheidungen verschleppt worden. Dabei wurden oft die nicht vorhandene DM-Eröffnungsbilanz als Begründung angegeben und in vielen Fällen waren es auch offenkundig die Machenschaften alter Seilschaften.
2. Mit dem 3. und 14. Oktober traten weitere Probleme auf - die bis dahin mitverantwortlichen Bezirksverwaltungsbehörden sind nicht mehr vorhanden. Der Einigungsvertrag lässt die bisherigen gesetzlichen Regelungen für die Reprivatisierung ausdrücklich unangetastet. Im eindeutigen Widerspruch dazu steht aber das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, womit das Reprivatisierungsgesetz außer Kraft gesetzt wird. Wir haben davon das Bundeswirtschaftsministerium und das´Bundesjustizministerium informiert.
Damit landen die Reprivatisierungsanträge, zusammen mit den Anträgen auf Rückgabe des Vermögens, in den Waschkörben voll unbearbeiteter Post bei den Kommunen und Landratsämtern.
Auf diese Weise bleiben wirtschaftspolitische Entscheidungen auf der Strecke und die Rückgabe der 1972 zwangsverstaatlichten Betriebe an ihre Besitzer und die vorgesehene Schaffung von Arbeitsplätzen wird verhindert.
Die von der Reprivatisierung betroffenen Unternehmen fallen in den Kompetenzbereich der Treuhandanstalt. Wir möchten Sie daher dringend bitten, die ausstehenden Entscheidungen zur Reprivatisierung und der damit notwendigen Entflechtung unverzüglich zu veranlassen.
Der Unternehmerverband hat in der Vergangenheit erheblich dazu beigetragen, dass die Reprivatisierungsgesetzgebung erreicht wurde und wenigstens schon ein Teil der Betriebe zurückgegeben werden konnte. Wir bieten unsere aktive Mithilfe bei der zügigen Weiterführung der Reprivatisierung an und schlagen die sofortige Bildung einer Kommission aus führenden Vertretern der Treuhandanstalt, des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundesjustizministeriums und des Unternehmerverbandes vor, um die Gefahr eines weiteren Betruges an den ehemaligen Besitzern durch die jetzigen Rechtsträger abzuwenden.
Wir erwarten, dass insbesondere die Bezirksstellen der Treuhandanstalt Sofortmaßnahmen zur Entscheidung der Reprivatisierungsanträge einleiten.
Sehr geehrter Präsident, wir sind bereit, alle unsere unternehmerischen Kräfte einzusetzen, um zum wirtschaftlichen Aufschwung hierzulande beizutragen. Ohne einen starken Mittelstand geht es nicht
Schaffen Sie mit die Grundlage für unsere Initiativen - schnell und umfassend!