Eberswalde (ADN/LB). Die Treuhandanstalt Berlin hat die drei Schweinegroßmästereien in Eberswalde, Borna und Haßleben angewiesen, ihre Produktion kurzfristig einzustellen. Darüber in formierte die Vorsitzende der Arbeitnehmervertretung der Schweinezucht- und -mast GmbH Eberswalde, Sigrun Schulz, am Montag den ADN.
Die Betriebe seien sich darüber im klaren, dass Mästereien solcher Größenordnungen aus Umwelt- und anderen Gründen so nicht weiterbestehen können. Unverständnis herrsche jedoch über die jetzt verfügten Maßnahmen der Treuhandanstalt, die vorliegende Sozialpläne für 2 600 Beschäftigte nicht anerkennt und die Abschlachtung der Bestände verlangt. Die Arbeitnehmer wollen die Schlachttiere mit Blick auf die Lebensmittelknappheit in der UdSSR verwerten und nicht beseitigen.
(Deutsches Landblatt, Di. 18.12.1990)
Eberswalde. Spätestens im Juni nächsten Jahres wird in der Schweinezucht und -mast GmbH Eberswalde gähnende Leere in den Stallanlagen herrschen. Das einstige Flaggschiff der ostdeutschen Fleischproduktion hat jetzt, genau wie andere Großmästereien in Borna, Haßleben und Neustadt! Orla, von der Treuhandanstalt Berlin die Anweisung erhalten, die Produktion "in kürzester Zeit" einzustellen. Drei für die Schweineproduktion vorliegende Sanierungskonzepte des Betriebes, sowie ein im Juli beschlossener Sozialplan fanden dabei nach Aussagen der Arbeitnehmervertreterin Siegrun Schulz keine Berücksichtigung.
Man sei sich mit der Geschäftsführung einig, dass aus ökologischen Erwägungen Anlagen dieser Größenordnung keine Zukunft mehr haben. Man schlage daher Wege vor, wie sie auf tolerierbare, wirtschaftliche Einheiten entflochten werden können, teilte die Arbeitnehmersprecherin mit. So wollen die Beschäftigten beispielsweise die Mast einstellen und nur die Läuferzucht betreiben, um anfallende Güllemengen drastisch reduzieren zu können.
Mit dem endgültigen Aus für die Großmästerei Eberswalde geht eine Ära zu Ende, in deren Verlauf das Unternehmen 250 000 Schlachtschweine jährlich produzierte. 50 Prozent davon gingen an den benachbarten Schlachtbetrieb in Britz. Er ist nach nun erfolgter Produktionsdrosselung mit Einstellung der künstlichen Besamung bei seinem größten Zulieferer gezwungen, Schlachtvieh bis aus Holland zu holen.
Für die zur Zeit noch 665 Arbeitskräfte der Eberswalder GmbH bedeutet der Treuhandentschluss eine ungewisse Zukunft. Die strukturschwache Region bietet keine Aussichten auf Alternativen, Deshalb, so äußerte sich gestern Geschäftsführer Manfred Poetzsch vor der Presse in Lichterfelde, verlange die Belegschaft "nicht nur die kommentarlose Entscheidung zur Stilllegung von der Treuhand, sondern Konzepte, die Arbeitsplätze hier in der Gegend erhalten und neue schaffen werden".
Außerdem müssten, so Poetzsch, tragfähige Umschulungskonzepte her. Das um so mehr, da durch die Schließung der Mästerei auch andere Betriebe, z. B. aus der Kraftfutterindustrie in ihrer Existenz bedroht seien. Die Treuhand warf Poetzsch vor, durch Taktieren die Unsicherheit der Belegschaft noch zu vergrößern.
LANDBLATT-Bericht von Constanze Lehmann
(Deutsches Landblatt, Do. 20.12.1990)