DDR 1989/90 Brandenburger Tor

"Keinem wird es schlechter gehn"

Runder Tisch von unten fordert: Weg mit den Bonner Mietrechtsbeschlüssen!

Der "Runde Tisch von unten" sieht in den Bonner Koalitionsbeschlüssen zum Mietrecht in Ostdeutschland einen klaren Bruch des Einigungsvertrages: Mietsteigerungen bis zu 1 000 Prozent in den neuen Bundesländern verstoßen klar gegen die Bestimmungen des Einigungsvertrages.

Die Konsequenzen einer solchen Hau-Ruck-Politik liegen klar auf der Hand. Die aggressive Mietentwicklung verschärft den ohnehin schon schwelenden sozialen Konflikt in den fünf neuen Bundesländern. Die von Arbeitslosigkeit bedrohten und für Niedrigstlöhne arbeitenden Bürger Ostdeutschlands können bei steigenden Lebenshaltungskosten nicht auch noch Westmieten zahlen. Vor allem den Bewohnern Ostberlins droht damit die restlose Verdrängung aus ihrer Stadt durch erheblich zahlungskräftigere West-Mieter.

Ämtergänge statt angemessener Mieten

Auch das von der Bonner Koalition gepriesene Wohngeld stellt keine Alternative zu niedrigen Mieten dar: Weder fängt es die geplanten Mieterhöhungen voll ab noch durchschauen viele ehemalige DDR-Bürger das komplizierte Antragsverfahren. Der "Runde Tisch von unten" sieht darin ein Täuschungsmanöver der Bundesregierung, um sich vor der sozialen Verantwortung für Ostdeutschlands Bürger zu drücken.

Der "Runde Tisch von unten" fordert von Bundesregierung und den Regierungen aller 16 Bundesländer:

- Keine Verabschiedung der geplanten Mietrechtsverordnungen!

- Sozial verträgliche Gestaltung der Mieten in Ostdeutschland! Eine maximale Steigerung der Mieten auf drei Mark pro Quadratmeter ist die oberste derzeit zumutbare Grenze!

- Keine weitere Erniedrigung der Bürger Ostdeutschlands durch ein - ohnehin unzureichendes - Wohngeld auf Antrag! Die entsprechenden Gelder sollten vielmehr direkt einer Subventionierung der Miete zukommen.

- Die dringend notwendigen Modernisierungen und Renovierungen dürfen nicht einseitig zu Lasten der Mieter gehen! Bundesregierung und Vermieter dürfen sich nicht vor ihrer sozialen Verantwortung drücken! Statt Milliarden für den Golfkrieg auszugeben, sollten die Mittel in die schnelle Sanierung der ostdeutschen Bausubstanz gesteckt werden.

- Verbot der vollständigen Umlegung von Betriebskosten auf die Miete! Städtische Wohnungsgesellschaften und private Vermieter haben sonst keinen Anreiz, die massenhafte Verschwendung von Wasser, Strom und Heizstoffen einzudämmen.

- Förderung von genossenschaftlichem Eigentum! Bund, Länder, Landkreise und die Gemeinden müssen Wohnungsgenossenschaften mit dem nötigen Startkapital versehen.

Eigeninitiativen müssen unterstützt werden

- Schenkung oder Verkauf von Wohnungen an ihre Mieter zu niedrigen Preisen! Das würde die Eigeninitiative der Bewohner fördern. Der Verkauf der Wohnungen darf aber nicht zu einer Verabschiedung des Staates von seiner sozialen Verantwortung führen! Bund und Länder müssen entstehende Eigentümer-Gemeinschaften anfangs kräftig finanziell unterstützen!

- Die Regierungen werden außerdem aufgefordert, Vorsorge gegen eine mögliche Spekulationswelle zu treffen: Dazu gehört ein gesetzliches Spekulationsverbot für ganz Deutschland, das eine steuerliche Abschöpfung jeglicher Spekulationsgewinne vorsieht, sowie ein generelles Vorkaufsrecht gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften für alle zum Verkauf stehenden Wohnungen!

- Sollten die geplanten Mietrechtsverordnungen im wesentlichen unverändert verabschiedet werden, wird der "Runde Tisch von unten" über gemeinsame Widerstandsaktionen beraten. Dazu könnte dann auch Mietstreik in den 5 neuen Bundesländern und Berlin gehören.

Runder Tisch von unten

PODIUM – die Seite der und für die BürgerInnen-Bewegungen, Initiativen und Minderheiten in der Berliner Zeitung, Nr. 43, Mi. 20.02.1991

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