DDR 1989/90 Brandenburger Tor

Modell für ein starkes Bündnis bewegter Bürger

Gespräch mit Bärbel Bohley, Neues Forum, Mitinitiatorin des Runden Tisches von unten

Wie und wann entstand die Idee des Runden Tisches von unten?

Aus der Erkenntnis, dass die kommende Zeit große soziale Probleme bringen wird und man diese nicht den Parteien überlassen kann und darf, hat das NEUE FORUM im August 1990 erstmalig soziale Verbände, Interessenverbände, Bürgerbewegungen und Initiativen an einen gemeinsamen Runden Tisch eingeladen.

Für das NEUE FORUM sind diese Interessenverbände die wirklichen Partner, und die Zusammenarbeit mit ihnen ist das Bündnis, das wir uns wünschen. Bei ihnen ist erfahrungsgemäß Kompetenz bei allen anstehenden Sachproblemen am größten.

Sie sind die wirklichen Verbündeten der Bürgerbewegung, von ihrem Anliegen her sind sie ja fast Teil von ihr.

Wer wirkt mit?

Augenblicklich treffen sich 16 soziale Verbände, Interessenverbände, Bewegungen und Initiativen am Tisch, u. a. der Arbeitslosenverband, der Mieterverein e.V., die IG Medien, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der Behindertenverband, die Grüne Liga, die Vereinigte Linke und der UFV. Auch Parteien wurden immer eingeladen, haben jedoch nur Rede-, aber kein Stimmrecht. Der Grund dafür ist, dass wir uns von keiner Partei vereinnahmen lassen, aber mit ihnen zusammenarbeiten wollen, um unsere Interessen durchzusetzen.

Welchen Problemen widmet sich der Runde Tisch von unten?

Mit den wachsenden sozialen Konflikten vor allem in den neuen Bundesländern ergeben sich für uns viele Problemfelder. Zur Zeit unterstützen wir besonders den Mieterverein in seiner Arbeit. Wir müssen die Bürger ermutigen, sich rechtzeitig für sozial verträgliche Mieten einzusetzen, es geht ja dabei um ihr eigenes Interesse.

Wir werden auch versuchen, Vertreter von Wohnungsbaugesellschaften an den Tisch zu bekommen, um gemeinsam mit ihnen über Lösungen nachzudenken, die alle Betroffenen mittragen.

Gerade das Thema Mieten zeigt, wie sehr Probleme und damit die Aktionsfelder der einzelnen Verbände ineinandergreifen. Aus Angst vor kommender Arbeitslosigkeit ziehen z. B. jetzt schon kinderreiche Familien in kleinere Wohnungen, in denen dann größere Kinder auf ein eigenes Zimmer verzichten müssen. Auch Behinderte werden sich kaum behindertengerechte Wohnungen leisten können, wenn die Mieten unabhängig von ihrem Einkommen steigen.

Es ist völlig klar, dass nur durch den Zusammenschluss aller beteiligten Gruppen genügend Druck gemacht werden kann, damit die Politiker Entscheidungen für den Bürger treffen.

Runder Tisch von unten
Haus der Demokratie,
Friedrichstr. 165,
0-1080 Berlin
Tel. (...)

PODIUM – die Seite der und für die BürgerInnen-Bewegungen, Initiativen und Minderheiten in der Berliner Zeitung, Nr. 43, Mi. 20.02.1991

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