Neuer Verband wendet sich an die Öffentlichkeit:

Konzepte für Kulturarbeit in den Kommunen

Verbände, Organisationen lösen sich auf, suchen nach neuem Selbstverständnis. Ins Licht der Öffentlichkeit ist dieser Tage erstmals ein Verband der Kulturarbeiterinnen getreten. Die Gründung in Berlin, so Pressesprecherin Karla Nitsche gegenüber ND, habe landesweit starkes Interesse gefunden. Vielerorts konstituierten sich Regionalzentren.

Was will die neue Vereinigung?

Uns bewegt die kritische Situation vieler Kultureinrichtungen in den Kommunen. Es gibt nicht gut durchdachte Umstrukturierungen; Auflösungsbestrebungen sind nicht zu übersehen. Wir wenden uns gegen die Praxis des Kulturabbaus, denn das trifft einen Lebensnerv unseres Landes. Kulturverlust bedeutet auch Identitätsverlust. Gerade auf kulturellem Gebiet ist in der DDR etwas Eigenes entstanden, das es zu bewahren gilt.

Der Verband versteht sich als Berufsorganisation und Solidargemeinschaft aller im kommunalen Kulturbereich Tätigen.

Ja, aber nicht nur das. Wir wollen vor allem unsere Erfahrungen einbringen und mithelfen, neue Konzepte für kommunale Kulturarbeit zu erarbeiten.

Gibt es da schon konkretere Vorstellungen?

Uns geht es zum einen um den Erhalt und die Arbeitsfähigkeit bestehender Einrichtungen. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass alles in der Größenordnung wie bisher vom Staat subventioniert wird. Wir müssen uns auf neue Bedingungen einstellen. Zum anderen wollen wir vor allem Projekte fördern, wo sich neue Ansätze zeigen. Kommunale Kulturarbeit umfasst ja mehr als Volkskunst und Klubs. Wir sind bestrebt, Wissenschaftler als Verbündete zu gewinnen, um theoretische Vorarbeiten zu leisten. Nachzudenken ist auch über neue Formen der Ausbildung und Qualifizierung der Kulturarbeiter. Umschulungen in Richtung Freizeitpädagoge oder Kultursozialarbeiter könnten ein Weg sein. Gedacht ist zum, Beispiel auch daran, andere Finanzmodelle zu finden, um Mittel selbst zu erwirtschaften, effektiver in den Kulturstätten zu arbeiten.

Wer könnte Partner des Verbandes sein?

Wir sind an einer Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften interessiert, mit Organisationen der Berufs- und Freizeitkünstler, mit allen kulturell tätigen neuen Gruppen und Vereinigungen. Lebhaft diskutiert wird gegenwärtig die Satzung des Verbandes. Am 8. März tritt der erste DDR-Verbandstag zusammen.

Es fragte GUDRUN SCHMIDT

aus: Neues Deutschland, Sozialistische Tageszeitung, 45. Jahrgang, Ausgabe 51, 01.03.1990. Die Redaktion wurde 1956 und 1986 mit dem Karl-Marx-Orden und 1971 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.