Brief an den Minister für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft

Das Präsidium und der Vorstand des Genossenschaftsverbandes der LPG und GPG e. V. (Zentralverband) haben auf ihrer Sitzung am 30. 5. 1990 zu den aktuellen Problemen der Landwirtschaft Stellung genommen und eine Orientierung für die Umwandlung von LPG in eingetragene Produktivgenossenschaften beraten. Es wurde folgender Brief an den Landwirtschaftsminister verabschiedet:

Werter Herr Minister Dr. Pollack!

Den Genossenschaftsverband der LPG und GPG e. V. erreichen erneut alarmierende Meldungen seiner Mitgliedsbetriebe über die Nichtabnahme bzw. die Unterbezahlung von Fleisch, Milch und anderen Produkten. Ursache ist. z. B., dass dem Kombinat Kühl- und Lagerwirtschaft keine finanziellen Mittel mehr zur Abnahme von Butter und Trockenmilchpulver bereitstehen und somit die Molkereien nicht mehr in der Lage sind, selbst die vertraglich vereinbarte Milch zu verarbeiten.

Herr Minister, Sie haben diese Anweisung erteilt! Damit haben Sie sich eindeutig gegen die Existenz Hunderttausender Bauern und ihrer Betriebe entschieden. Das ist besorgniserregend! Der Genossenschaftsverband verwahrt sich auf das schärfste dagegen, dass insbesondere die Genossenschaften der Tierproduktion noch vor Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion in den finanziellen Ruin getrieben werden.

Das Vertrauen unserer Bauern zu Ihnen als Minister hängt davon ab, ob Sie diese Maßnahmen rückgängig machen.

Soll es erst soweit kommen, dass die Bauern der DDR ihre mühevoll produzierte Milch auf öffentlichen Plätzen ausschütten, damit Ihnen der Ernst der Lage bewusst wird? Wir fordern Sie auf, ohne Zeitverzug gemeinsam mit dem Minister für Finanzen die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu klären. Wir brauchen keine schönen Worte mehr, sondern endlich Taten.

Vorstand des
Genossenschaftsverbandes
der LPG und GPG e. V.
(Zentralverband)

Bauern-Echo, Die grüne Tageszeitung für Land und Stadt, Nr. 125, 43. Jahrgang, Do. 31.05.1990

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