Statut
der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung
des Volkseigentums
(Treuhandanstalt)

- Beschluss des Ministerrates -
vom 15. März 1990

§ 1

Allgemeine Bestimmungen

(1) Die Anstalt zur Treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (nachfolgend Treuhandanstalt genannt) ist eine Anstalt öffentlichem Rechts. Sie ist juristische Person und unterhält territoriale Außenstellen.

(2) Die Treuhandanstalt arbeitet auf der Grundlage der Gesetze, anderer Rechtsvorschriften und Beschlüsse der Volkskammer. Sie ist gegenüber der Volkskammer rechenschaftspflichtig.

(3) Sitz der Treuhandanstalt ist Berlin, Hauptstadt der DDR.

Aufgaben, Rechte und Pflichten der Treuhandanstalt

§ 2

(1) Die Treuhandanstalt übt die Treuhandschaft über das volkseigene Vermögen aus, das sich bis zur Umwandlung nach der Verordnung vom 1. März 1990 zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Hinrichtungen in Kapitalgesellschaften (GBl. I Nr. 14 S. 107) - nachfolgend Umwandlungsverordnung genannt - in Fondsinhaberschaft volkseigener Kombinate, Betriebe und Einrichtungen befindet. Ausgenommen ist das volkseigene Vermögen, das sich in Rechtsträgerschaft der den Städten und Gemeinden unterstellten Betriebe und Einrichtungen befindet sowie das volkseigene Vermögen der als Staatsunternehmen zu organisierenden Bereiche und durch LPG genutzten Volkseigentum.

(2) Bei Umwandlung übernimmt die Treuhandanstalt kraft Gesetzes gemäß § 3 Umwandlungsverordnung die volkseigenen Geschäftsanteile und Aktien der gebildeten Kapitalgesellschaften.

(3) Inhalt dar Treuhandschaft ist die Verwaltung des volkseigenen Vermögens im Interesse der Allgemeinheit.

§ 3

Die Treuhandanstalt hat einen Nachweis über den Bestand der Geschäftsanteile und Aktien, die sie in Treuhandschaft übernommen hat, zu führen.

§ 4

Die Treuhandanstalt gibt nach Vorliegen der Voraussetzungen gemäß der Umwandlungsverordnung gemeinsam mit dem umzuwandelnden Betrieb die Umwandlungserklärung ab. Mit der Umwandlungserklärung sind bei Aktiengesellschaften ein vorläufiger Vorstand bis zur erstes Sitzung des Aufsichtsrates einzusetzen und bei GmbH die Geschäftsführer zu bestellen. Bei GmbH kann dar Aufsichtsrat den Gesellschaftern die Bestellung neuer Geschäftsführer empfehlen.

§ 5

(1) Die Treuhandanstalt übt die Gesellschaftsrechte an den Kapitalgesellschaften aus, an denen sie Anteile hält.

(2) Die Treuhandanstalt wird Rechtsträger an dem Grund und Boden, der sich bis zur Umwandlung in Rechtsträgerschaft der umgewandelten Kombinate, Betriebe und Einrichtungen befand. Sie ist berechtigt, auf vertraglicher Grundlage Nutzungsrechte an diesem Grund und Boden zu vergeben sowie auf gesetzlicher Grundlage Nutzungsrechte zu verleihen.

(3) Die Treuhandanstalt kann Wertpapiere auf der Grundlage gesonderter Rechtsvorschriften emittieren.

(4) Die Treuhandanstalt übt alle weiteren ihr durch Rechtsvorschriften oder Beschlüsse der Volkskammer übertragenen Rechte und Pflichten aus.

§ 6

(1) Die Treuhandanstalt kann juristische und natürliche Personen beauftragen, die Rechte und Pflichten aus den von der Treuhandanstalt gehaltenen Geschäftsanteilen und Aktien wahrzunehmen (nachfolgend Beauftragte genannt).

(2) Die Treuhandanstalt kann auch Kapitalgesellschaften, an denen sie die Anteile hält, als Gesellschafter für andere Kapitalgesellschaften einsetzen.

(3) Die Beauftragten nehmen die Rechte und Pflichten wahr, die die Treuhandanstalt gegenüber den Kapitalgesellschaften hat. Folgend. Geschäfte bedürfen der Zustimmung des Direktoriums der Treuhandanstalt:

a) Veräußerung von Beteiligungen;

b) Bestimmung der Stimmausübung bei Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen;

c) Bestimmung der Stimmausübung bei der Liquidation der Kapitalgesellschaft.

Die Beauftragten haben die Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte der Kapitalgesellschaften an die Treuhandanstalt zu übermitteln; sie sind der Treuhandanstalt rechenschaftspflichtig.

(4) Die Rechte und Pflichten der Beauftragten sind durch Vertrag zu regeln.

§ 7

Das Direktorium

(1) Das Direktorium besteht aus fünf Personen.

(2) Die Mitglieder des Direktoriums werden durch den Verwaltungsrat gemäß § 9 für 5 Jahre bestellt. Die Berufung zum Mitglied des Direktoriums kann widerrufen werden, wenn grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder andere wichtige Gründe vor liegen.

(3) Jedes Mitglied des Direktoriums ist der Treuhandanstalt für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten verantwortlich und auf der Grundlage der Gesetze für Pflichtverletzungen haftbar. Die Mitglieder des Direktoriums haben alle Handlungen zu unterlassen, die den Interessen der Treuhandanstalt zuwiderlaufen. Sie dürfen nicht Mitglieder von Aufsichtsräten bei Kapitalgesellschaften sein, an denen die Treuhandanstalt Anteile hält oder bei denen diese Gesellschaften als Gesellschafter gemäß § 9 (3) eingesetzt sind.

(4) Die Mitglieder des Direktoriums wählen aus Ihrer Mitte den Vorsitzenden und einen Stellvertreter.

(5) Das Direktorium gibt sich mit Zustimmung des Verwaltungsrates gemäß § 9 eine Geschäftsordnung.

§ 8

Aufgaben des Direktoriums

(1) Das Direktorium der Treuhandanstalt arbeitet auf der Grundlage der Rechtsvorschriften und des Statutes.

(2) Das Direktorium vertritt die Treuhandanstalt gerichtlich und außergerichtlich. In der Geschäftsordnung können einzelne Mitglieder des Direktoriums zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt werden.

(3) Das Direktorium hat dein Verwaltungsrat mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der Treuhandanstalt zu erstatten. Der Bericht hat eine Übersicht über die Lage in den Unternehmen, an denen die Treuhandanstalt beteiligt tat, zu enthalten. Die Berichte haben den Grundsätzen einer gewissenhaften und wahrhaften Rechenschaft zu entsprechen.

§ 9

Der Verwaltungsrat

(1) Der Verwaltungsrat besteht aus 11 Personen.

(2) Dem Verwaltungsrat gehören 8 Mitglieder an, die von der Volkskammer auf 5 Jahre gewählt werden. Der Gewerkschaftsbund kann der Volkskammer eine Gewerkschaftsvertreter zur Wahl in den Verwaltungsrat vorschlagen. Die gewählten Mitglieder des Verwaltungsrates können abgewählt werden, wenn die im § 7 Abs. 2 genannten Gründe vorliegen.

(3) Der Präsident der Staatsbank dar DDR, der Minister der Finanzen und Preise und ein weiteres, für Wirtschaft zuständiges Mitglied der Regierung sind von Amts wegen Mitglieder des Verwaltungsrates.

(4) Der Verwaltungsrat hat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen.

§ 10

Aufgeben des Verwaltungsrates

(1) Der Verwaltungsrat übt die Aufsicht über die Tätigkeit des Direktoriums aus.

(2) Der Verwaltungsrat kann vom Direktoriums jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Treuhandanstalt verlangen die Unterlagen einsehen und prüfen bzw. prüfen lassen.

(3) Der Verwaltungsrat hat folgende weitere Aufgaben:

a) Genehmigung des Tätigkeitsberichtes des Direktoriums und seine Weiterleitung an die Volkskammer und den Ministerrat;

b) Zustimmung zu Geschäften des Direktoriums nach näherer Bestimmung der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates;

c) Bestätigung der Struktur der Treuhandanstalt;

d) Bestätigung des Haushaltes sowie der Jahresabrechnung der finanziellen Aktivitäten der Treuhandanstalt.

(4) Der Verwaltungsrat verfügt über ein Budget als Bestandteil des Haushaltes der Treuhandanstalt.

§ 11

Innere Ordnung des Verwaltungsrates

(1) Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder unter Angabe der Tagesordnung ordnungsgemäß geladen und mindestens 8 Mitglieder anwesend sind.

(2) Beschlüsse des Verwaltungsrates werden mit einfacher Stimmenmehrheit der Mitglieder gefasst. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Ein abwesendes Mitglied kann seine schriftliche Stimmabgabe durch so anderes Mitglied überreichen lassen.

(3) Weitere Regelungen für die innere Ordnung des Verwaltungsrates sind durch eine Geschäftsordnung festzulegen.

(4) Die Mitglieder des Verwaltungsrates erhalten neben dem Ersatz ihrer Auslagen keine Vergütung.

Finanzielle Mittel der Treuhandanstalt

§ 12 Die Treuhandanstalt ist Haushaltsorganisation.

§ 13

(1) Einnahmen der Treuhandanstalt sind:

a) Gewinnausschüttungen (Dividende) der Kapitalgesellschaften, an denen die Treuhandanstalt beteiligt ist,

b) Erlöse aus der Veräußerung von Beteiligungen,

c) Liquidationserlöse,

d) Erlöse aus der übergabt volkseigenen Bodens zur Nutzung,

e) Einnahmen aus der Emission von Wertpapieren,

f) sonstige Einnahmen.

(2) Die Treuhandanstalt verwendet die Einnahmen gemäß Abs. 1 auf der Grundlage von Beschlüssen der Volkskammer.

(3) Das Direktorium hat die finanziellen Aktivitäten jährlich abzurechnen.

(4) Die Prüfung und Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der Abrechnungen der Treuhandanstalt erfolgt durch die Staatliche Finanzrevision.

§ 14

Übergangsregelungen

(1) Die Berufung der Mitglieder des ersten Direktoriums und seines Vorsitzenden erfolgt direkt durch den Vorsitzen den des Ministerrates.

(2) Bis zur Bildung des Verwaltungsrates werden dessen Aufgaben vom Ministerrat wahrgenommen.

§ 15

Schlussbestimmung

Dieses Statut tritt mit seiner Veröffentlichung in Kraft.

Berlin, den 15. März 1990

Der Ministerrat
der Deutschen Demokratischen Republik

Hans Modrow Vorsitzender

Gesetzesblatt Teil I Nr. 18 – Ausgabetag 19. März 1990

Δ nach oben