Spaltung des NEUEN FORUM ist Absage an Basisdemokratie

Was wollen die Karl-Marx-Städter Gründer einer
"Forum-Partei"?

In mehreren Bezirken haben Unterzeichner des NEUEN FORUM zur Bildung von politischen Parteien aufgerufen. Am 27. Januar, während in Berlin die Gründungsversammlung des NEUEN FORUM stattfindet, soll in Karl-Marx-Stadt eine "Forum-Partei" zusammentreten. Der Landessprecherrat hat sich gegen eine solche Gründung ausgesprochen.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass Demokratie vor allem viele Parteien benötigt. Sie braucht in erster Linie selbstbewusste Bürger, die mit Toleranz und Sachlichkeit ihre gemeinsamen Probleme klären, Wir sind nicht gegen Parteien, aber wir sind gegen die Zerstörung unserer Bürgerbewegung! Der Aufbau der Demokratie von ,unten hat gerade erst begonnen, Politische Parteien immer der Versuchung, drittrangige Fragen aufzubauschen, um Profil zu gewinnen und zugleich die Sachfragen zu verschleiern, für die sie keine Lösungen parat haben, Deshalb kann auch eine Parteiendemokratie nur durch Bürgerkritik lebendig bleiben. Das NEUE FORUM stellt die Sachfragen höher als die politischen Schlagworte. Bloße Parteienpolitik spaltet die Bürger auch in den kleinsten Gemeinden in feindliche Blöcke. Als Bürgerbewegung setzen wir auf Zusammenarbeit in allen praktischen Fragen der Demokratisierung. Politik beginnt nicht erst im Parlament, sie fängt bei uns selbst und den Problemen unseres täglichen Lebens an. In unserem politischen System müssen neue Formen der Interessenvertretung gefunden und durchgesetzt werden. Die rechtlichen Grundlagen dafür werden jetzt in einem neuen Wahl- und Parteiengesetz ausgearbeitet. Daran sind wir und alle neuen Bürgerbewegungen der DDR beteiligt. Befürchtungen von Mitgliedern des NEUEN FORUM, dass durch ein Wahlgesetz nur Parteien als politische Mandatsträger zugelassen wurden, sind unbegründet.

Die Karl-Marx-Städter Gründer einer "Forum-Partei" handeln aus der phantasielosen Panik heraus, nur mit einer Partei politische Interessen durchsetzen zu können. Das Ergebnis kann nur eine profilschwache Splitterpartei sein, die gegenüber den bestehenden Parteien keine Überlebenschance hat, aber unsere wirksame Bürgerinitiative schwächt.

3. 1. 1990, Arbeitsausschuss des Landessprecherrates

aus: Podium, die Seite der neuen Parteien, Initiativen und Gruppierungen in der Berliner Zeitung, Jahrgang 46, Ausgabe 5, 06.01.1990