Verbindung ungleicher Partner
Vera Wollenberger zur Spaltung des Grün-Lila-Wahlbündnisses/Frauen waren von vornherein mit Listenverteilung einverstanden
Entgegen der Behauptung von taz vom 26.3. gab es keine Vereinbarungen über die Verteilung von erreichten Parlamentssitzen. Es wurden nur die Listenplätze für beide Gruppierungen verhandelt und festgelegt, dass den Frauen jeder 2., 5. und jeder weitere 3. Listenplatz zur Verfügung gestellt wird. Dies war Grundlage unseres Bündnisses, das ohne diese Sitzverteilung nicht zustande gekommen wäre. Die Frauen haben das damals auch so gesehen und waren damit einverstanden. Die Platzverteilung ergab sich einfach daraus, dass zwei ungleiche Partner eine Verbindung eingegangen waren. Während die Grüne Partei zum Zeitpunkt der Verhandlung bereits in der Mehrzahl der Kreise der DDR vertreten war, gab es Gruppen des UFV nur in ganz wenigen großen Städten.
Im Wahlkreis Magdeburg konnte deshalb keine Frau nominiert werden, anderenorts, zum Beispiel in Karl-Marx-Stadt wurden Berlinerinnen auf die Liste gesetzt. Bei dieser Listenverteilung war von vorn herein klar, dass nur bei einem höheren Wahlergebnis Frauen ins Parlament gekommen wären. Bedauerlicherweise ist das nicht geschehen, aber man darf annehmen, dass das Ergebnis ähnlich ausgesehen hätte, wenn der UFV allein angetreten wäre.
Was die von den Frauen nach der Wahl erhobene Forderung nach Sitzen im Parlament angeht, so gibt es nur die Möglichkeit, dass ein Grüner Parlamentsabgeordneter von sich aus zurücktritt.
Von den Grünen Basisgruppen der angefragten Bezirke wird ein Rücktritt ihrer Abgeordneter abgelehnt, weil dort der Wahlkampf von den Grünen allein geführt wurde. Frauensuppen gab es entweder nicht oder wurden erst kurz vor der Wahl gegründet. In anderen Gebieten haben die Frauen Wahlkampf geführt, aber nur für sich allein.
Ich will damit nur sagen, dass man erst alle Seiten hören sollte, ehe man urteilt. Leider ist die Pressestellungnahme der Grünen Partei inhaltlich nicht erwähnt worden. Statt dessen werden bis auf eine Ausnahme nicht näher genannte Grüne von der Berliner Basis zitiert, die sich gegen die getroffenen Entscheidungen ausgesprochen haben. Ich will damit nicht gegen die Äußerungen der Grünen polemisieren, die sicher auch nicht die Situation an der Basis in den Südbezirken so genau kennen, sondern diese merkwürdige Art Tendenzjournalismus anfragen, der da von der taz betrieben wird.
Es liest sich fast so, als sollte ein Keil zwischen die Grünen getrieben werden. Es war von Seiten der Grünen nie davon die Rede, dass die Durchsetzung ökologischer Politik behindert würde,wenn der UFV ins Parlament käme. Zu solch einem Unsinn würde sich niemand von uns hinreißen lassen.
Es stimmt auch nicht, dass wir jetzt die Hälfte des Wahlprogramms wegschmeißen müssten. Die Wahlplattform ist in Konsens der beiden Gruppen ausgearbeitet worden und die Grüne Partei ist daran gebunden, unabhängig davon, ob UFV-Frauen im Parlament sitzen, oder nicht.
Darüber hinaus haben besonders die beiden weiblichen Grünen Parlamentsabgeordneten immer wieder betont, dass sie jedes Anliegen des UFV vertreten werden und die parlamentarische Mitarbeit von Frauen "offiziell" und in persönlichen Gesprächen erbeten. Das ist bisher abgelehnt worden. Die ablehnende Haltung des UFV zur parlamentarischen Mitarbeit ist auch deshalb bedauerlich, weil eine eventuelle Nachfolgekandidatin im Falle des Falles beim Punkt Null anfangen müsste. Der UFV sollte sich das noch einmal in Ruhe überlegen. Die Grüne Partei ist jedenfalls nach wie vor zu einer Zusammenarbeit bereit.
Bleibt nur noch anzumerken, dass dem Inhalt des taz-Artikels auch die Form entsprach. Solange es einem taz-Redakteur, der anscheinend den Gebrauch von scheinbar und anscheinend nicht beherrscht, erlaubt wird, das auf der ersten Seite des Blattes zu demonstrieren, ist die taz leider nur scheinbar eine gute Zeitung.
die tageszeitung, DDR-Ausgabe, Mi. 28.03.1990