Am 8. und 9. Juni 1990 fand in Bernau ein Frauengewerkschaftstag der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften statt

Das angenomme Aktionsprogramm enthält folgende Forderungen:

1. Die Sicherung des Rechts auf Arbeit durch:

- betriebliche, kommunale und staatliche Angebote und Finanzierung von Förderungs-, Umschulungs- und Beschäftigungsprogrammen - ohne Altersbegrenzung und ohne sozialen Abstieg;

- staatliche und regionale Wirtschaftsförderung vor allem im Bereich sozialer und kultureller Dienstleistungen und im Umweltschutz - für neue Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Lebensqualität;

- Arbeitszeitverkürzungen auf mindestens 40 Stunden in der Woche;

- gleiche und bessere Berufswahl-, Ausbildungs- und Aufstiegschancen für Frau und Mann, erforderlichenfalls durch Quotierung, Bevorzugung und neutrale Stellenangebote.

2. Eine humane und demokratische Gestaltung des Arbeitslebens, vor allem durch eine umfassende Lohn- und Tarifreform, die die Unterbezahlung der Frauen beseitigt.

Frauen müssen in den Tarifkommissionen der Gewerkschaften mitarbeiten und ihr Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit selbst vertreten. Schwerpunkte einer Tarifpolitik für Frauen sind:

- Höherbewertung und -bezahlung "frauentypischer" Berufe;

- qualifikationsgerechter Einsatz und Aufstiegschancen (Frauen dürfen nicht in niedrig qualifizierte Bereiche abgedrängt werden);

- soziale und ökologische Gestaltung von Arbeitsinhalten, -bedingungen, -organisation und -umwelt und rechtsverbindliche Sozialprojekte für jedes Rationalisierungs- und Investitionsvorhaben;

- frauenbezogene Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auch für Teilzeitbeschäftigte und Mütter im Erziehungsurlaub;

- arbeitsrechtlichen und Versicherungsschutz für alle Beschäftigungsverhältnisse (auch Teilzeitarbeit);

- Erhalt und Ausbau behindertengerechter und geschützter Betriebsabteilungen und Arbeitsplätze und die Beibehaltung des Kündigungsschutzes;

- breitere Palette von beruflichen Ausbildungsplätzen für Behinderte;

- Sozialpläne für die Absicherung bei Umstrukturierung, Freisetzungen und Betriebsbankrott.

3. Voraussetzungen für die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am Arbeitsleben sind:

- ein staatlich und kommunal subventioniertes Netz von Einrichtungen der Kinderbetreuung - kindgerecht und entsprechend dem Bedarf von Eltern (Kindergärten, Kinderkrippen) - die unabhängig von der Eigentumsform (staatlich, betrieblich, kirchlich) aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren sind. Die Beiträge der Eltern sind in Abhängigkeit von ihrem Einkommen sozial verträglich zu staffeln;

- einen Rechtsanspruch auf die Bereitstellung von Plätzen auch für Alleinerziehende, lernende und studierende Erziehende sowie für Kinderreiche. Dieser Rechtsanspruch muss auch für Mütter nach dem Wochenurlaub bzw. für arbeitslose Mütter gelten;

- Schulhorte, -speisung, Ferienlager und alternative Freizeitangebote für alle Altersgruppen - aus öffentlichen Mitteln subventioniert;

- gesetzlich geregelten Mutterschutz (Kündigungsschutz) und bezahlte Freistellungen für die Pflege erkrankter Kinder;

- Erziehungs- und Kindergelder, gestaffelt nach der Anzahl der Kinder sowie der Einkommenslage der Eltern und stets angepasst an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten (Mieten, Tarife, Preise);

- das Grundrecht auf Wohnraum zu sichern und eine Mietreform nach sozialen Gesichtspunkten (Stufenprogramm zur Mietangleichung, kostendeckende statt gewinnbringende Mieten). Ein besonderer Mieterschutz und Mietpreisbindung sind für Behinderte, Kinderreiche, alleinerziehende und ältere Frauen festzuschreiben.

- betriebliche und kommunale Gesundheitsfürsorge, Erhalt von Polikliniken, Ambulatorien und des Betriebsärztesystems;

- Gestaltung eines progressiven Rentenrechts, das die fortschrittlichen Regelungen beider Länder aufnimmt, z. B. Rentenansprüche aus Kindererziehungszeiten und Pflegejahren, Invalidenrente, den Erhalt des Kündigungsschutzes für Werktätige im Vorrentenalter (d. h. 5 Jahre vor Eintritt des Rentenalters von 60 Jahren bei Frauen und 65 Jahren bei Männern) sowie Vorruhestandsregelungen;

- die Freistellung und materielle Sicherstellung von werktätigen Frauen und Männern zur Pflege behinderter und pflegebedürftiger Familienangehöriger;

- das Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft, auf kostenlose Beratungsangebote, Verhütung und auf kostenlosen Schwangerschaftsabbruch;

- die konsequente Rechtsangleichung für Ausländerinnen in allen Lebensbereichen zu garantieren.

Δ nach oben