Gewerkschafter sind empört
Am 29.11.1989 erreichte die Redaktion der folgende Beschluss der Gewerkschaftsgruppe des Arbeiterwohnheimes Hamburger Straße. Die gestern bekannt gewordene Tatsache über die zweckentfremdete Verwendung unserer freiwilligen Solidaritätsspenden hat große Empörung im Kollektiv hervorgerufen.
Einmütig wurde diese Verfahrensweise verurteilt und die Bestrafung der Verantwortlichen, einschließlich des jetzigen Bundesvorstandes und dessen Vorsitzende, gefordert.
Weiterhin verlangen wir den Rücktritt der gesamten Gewerkschaftsführungen und fordern sofortige Neuwahlen.
Im Kollektiv wurde folgendes beschlossen:
Ab Monat Dezember 1989 erwerben wir keine Solidaritätsmarken zum FDGB-Beitrag mehr, zahlen aber die bisherigen Beträge, teilweise auch darüber, weiter. Diese Spenden werden nicht in der BGL abgerechnet, sondern im Kollektiv gesammelt. Wirksam sollen sie werden bei Naturkatastrophen und ähnlichen Ereignissen. Im Ereignisfall gehen die Spenden an das DRK. Sollte dies nicht notwendig sein, was wir alle hoffen, so bestehen Vorstellungen, die gesammelten Gelder dem leidgeprüften Volk Moçambiques zukommen zulassen.
Wir rufen alle Gewerkschaftsgruppen auf, unsere ersten Überlegungen sowie unseren Beschluss zu diskutieren und andere Vorschläge der BGL zu unterbreiten.
Die BGL bzw. deren Vorsitzenden fordern wir auf, eine sofortige außerordentliche Vertrauensleute-Vollversammlung zu diesem und anderen Problemen einzuberufen.
Jörg S(...)
Vertrauensmann
der Gewerkschaftsgruppe
aus: Friedrichstadt-EXPRESS, Nr. 25, 19.12.1989, 34. Jahrgang, Organ der SED-Betriebsparteileitung für den Dienststandort Dresden-Friedrichstadt, Herausgeber: Leitung der SED-Betriebsparteiorganisation des Bahnhofes Dresden-Friedrichstadt