IG Metall Solidargemeinschaft ist stark gefährdet
Wir haben nichts zu verschenken
Gewerkschafter aus vier Betrieben: Volkseigentum denen, denen es gehört
Die mehr als 19 000 IG-Metaller unserer Betriebe sind sehr beunruhigt und verunsichert hinsichtlich ihrer beruflichen und sozialen Zukunft, ihres Schutzes von sozialen Grundrechten, ihrer Spareinlagen.
Wir müssen derzeit miterleben, wie einige Großbetriebe Opfer des gnadenlosen Konkurrenzkampfes geworden sind. Die Solidargemeinschaft der Werktätigen ist durch die momentane Lage, den Unsicherheiten und Ängsten stark gefährdet. Diese Tatsache wirkt sich heute schon negativ auf die Kampfbereitschaft der Gewerkschaften zur Durchsetzung der Interessen unserer Werktätigen aus.
Zur Gesundung unserer Wirtschaft benötigen wir eine klare Konzepten und vor allem Maßnahmen, die die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe und Kombinate ermöglicht. Nur so sind Millionen Arbeitslose, rigoroser Sozialabbau und weitere Verschlechterung der Lebensqualität unserer Werktätigen zu verhindern.
Wir fordern als Gewerkschaft von der Regierung Maßnahmen zum Schutz unserer Betriebe sowie unseres Binnenmarktes, die in den Verhandlungen mit der BRD zur Wirtschafts- Währungs- und Sozialunion durchzusetzen sind. Wir haben nichts zu verschenken. Zur Verhinderung des völligen Ruins unserer Wirtschaft und des Ausverkaufs unserer Heimat erwarten die IG-Metaller unserer Betriebe, dass durch kurzfristig zu organisierende abgestimmte Massenaktionen unter anderem folgenden Forderungen Nachdruck verliehen wird:
• Zur Sicherung des Volkseigentums für diejenigen, denen es gehört und die es bewirtschaften, fordern wie, dass der gesetzliche Rahmen geschaffen wird, um entsprechend den unterschiedlichen Bedingungen verschiedene Möglichkeiten zu schaffen 2Volkseigentum" umzubilden. Zugleich erwarten wir, dass spätesten mit dem Feststellen der Vermögenswerte in der Treuhandanstalt Entscheidungen in der Volkskammer geschaffen werden, die die Übergabe von Vermögensteilen an die Werktätigen sichert.
• Entschuldung der Betriebe von Verbindlichkeiten aus Zwangskrediten als Grundlage wirtschaftlicher Konsolidierung und Schaffung eines finanziellen und materiellen Handlungsspielraumes.
• Kreditgewährung zur Finanzierung von Sozialpaketen, Umschulungs,- und Qualifizierungsangeboten von Lohn und Gehaltszahlungen der Betriebe durch die Banken.
• Eine funktionierende Sozialunion für alle, die einer Sozialabbau nicht zulässt. Angesichts der Einführung der Währungsunion erwarten wir bereits jetzt vom Zentralvorstand der IG Metall und dem Ministerrat eine deutliche Positionierung zu den bevorstehenden Tarifverhandlungen. In einem einheitlichen Deutschland müssen auch einheitliche Tarife für gleiche Arbeit gelten.
• DDR-Recht muss bei allen Eigentums-, Pacht- und Nutzungsveränderungen in Rechnung gestellt werden.
• Befristete Sicherung des Binnenmarktes für DDR-Produkte zur Sicherung der Arbeitsplätze in den DDR-Unternehmen.
• Respektierung der Interessen der Werktätigen der DDR im künftigen Staatsvertrag zwischen der DDR und der BRD.
Wir erwarten eine klare Position zu unserem Brief von der Regierung und vorn Zentralvorstand der IG Metall.
Das fordern die Gewerkschaftsleitungen der Betriebe
EBT "Carl von Ossietzky"
Maschinenbau "Karl Marx" Babelsberg
Mikroelektronik Stahnsdorf
IFA Automobilwerke Ludwigsfelde
Tribüne, Mi. 16.05.1990