Industriegewerkschaft Metall

Mitglieder sind für Gewerkschaftseinheit

"Tribüne" sprach mit dem IG-Vorsitzenden Hartwig Bugiel

• Am 5. und 6. Oktober findet von eurer Gewerkschaft eine Zentrale Delegiertenkonferenz statt. Es geht um die einheitliche IG Metall?

So ist es. Entsprechend den Gegebenheiten und Notwendigkeiten soll es ab Januar 1991 nur noch eine Metallarbeitergewerkschaft in ganz Deutschland geben. Das ist auch logisch, denn nur eine einheitliche Interessenvertretung der Mitglieder kann helfen, Arbeitsplätze zu sichern, gibt die Möglichkeit einer ordentlichen Tarifpolitik, erreicht eine möglichst umfassende Mitbestimmung. Natürlich müssen zur gewerkschaftlichen Einheit statutenmäßige Voraussetzungen geschaffen werden. Und um die geht es auf der ZDK im Oktober im Internationalen Jugendzentrum in Bogensee bei Berlin.

• Welche Anträge liegen euch zur Veränderung des Statuts vor?

Es sind nicht allzu viele Anträge, dafür aber sehr wichtige, die auch eindeutig zeigen, wie breit unsere Mitglieder informiert sind. In den Anträgen geht es zum einen darum, aus der Dachorganisation des FDGB auszutreten. Zum zweiten wird gefordert, die Anzahl der Jahre der Mitgliedschaft in der IG Metall der DDR in der zukünftigen IG Metall Deutschland anzuerkennen. Dann geht es um das Abrücken vom Begriff der Grundorganisation und die Bildung von Vertrauensleutekörperschaften in den Betrieben, so dass Strukturen der IG Metall der BRD geschaffen werden. Und der vierte Antrag bezieht sich darauf, die notwendigen Beschlüsse zu fassen zur Abwicklung der Vermögensfrage.

• Stichwort Vermögen. Das schließt auch Leistungen einer Gewerkschaft ein . . .

Wenn Mitglieder fragen, was habe ich von meiner IG, ist das zunächst ja nicht verkehrt. Aber über die Leistungen einer Gewerkschaft muss auch Klarheit bestehen. Sie kann nicht das Verteilen von Urlaubsplätzen sein. Ich kann es nur noch einmal wiederholen, Sicherung der Arbeitsplätze, Tarifpolitik, Mitbestimmung, Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit - das sind die Aufgaben, die vor uns liegen. Dazu gehört, dass Forderungen der Gewerkschaften nicht aus dem hohlen Bauch aufgemacht werden können. Dazu müssen Meinungsumfragen stattfinden, die zuständigen Gewerkschafter für Tarifpolitik müssen Berichte der Unternehmen kennen und lesen können, also auch wissenschaftliche Arbeit leisten. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann man die Strategie einer Tarifpolitik betreiben. Aber so etwas kostet natürlich auch Geld.

• Heißt das also, dass eine verhältnismäßig wohlhabende Gewerkschaft die besten Aussichten bei Tarifverhandlungen hat?

Geld allein macht es natürlich nicht. Für die Vorbereitung wird es benötigt. Das wichtigste aber sind die Mitglieder einer Gewerkschaft. Erst durch sie wird sie kampfstark. Das haben auch die flächendeckenden Warnstreiks während der Tarifverhandlungen gezeigt. Die erzielten Ergebnisse wurden unseren Mitgliedern weder von Herrn Kohl noch von Herrn de Maizière geschenkt. Sie haben sie sich selbst erkämpft.

Ilona Möser

Tribüne, Nr. 174, Mo. 10.09.1990

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