Gemeinsame Erklärung
von
Deutschem Gewerkschaftsbund
Deutscher Angestellten-Gewerkschaft
Treuhandanstalt
I.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und die Treuhandanstalt stimmen darin überein, dass angesichts der Komplexität der sozialen Probleme in den neuen Bundesländern bei Gestaltung von Interessenausgleich und Sozialplan im Rahmen der §§ 111, 112 BetrVG differenzierte und ausgewogene Losungen gefunden werden müssen. Gemäß den nachfolgenden Erklärungen werden sie entsprechende, gemeinsame Zielvorstellungen fördern.
II.
Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und Treuhandanstalt stimmen darin überein, dass die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der Treuhandanstalt tiefgreifende Strukturänderungen in der Beschäftigungssituation bewirken wird. Sie sind einig, dass die Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten sowie die Qualifizierung der Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern unter Nutzung aller bestehenden Möglichkeiten Vorrang gegenüber Entlassungen und den damit verbundenen Maßnahmen zur sozialverträglichen Abfederung der Folgen haben soll. Die Treuhandanstalt wird dieses Ziel innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen bei der Verwirklichung ihres gesetzlichen Auftrags beachten. Sie wird insbesondere die Unternehmen beim Einsatz der gesetzlichen Instrumente der Arbeitsförderung, vornehmlich der beruflichen Fortbildung, Umschulung und betrieblichen Einarbeitung sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den Betrieben für die von Arbeitsplatzverlust bedrohten Arbeitnehmer gezielt unterstützen.
III.
Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und Treuhandanstalt müssen davon ausgehen, dass trotz dieser Zielsetzung ein erheblicher Arbeitsplatzabbau unvermeidlich sein wird. Sie sind einig, dass auch im Zusammenhang mit betrieblichen Regelungen Maßnahmen in den Vordergrund treten müssen, welche die Chancen der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt verbessern, den Bedarf von Arbeitskräften im Rahmen sozialverträglicher Personalplanung fördern, die vorübergehende soziale Sicherung der Arbeitnehmer verstärken und den eventuellen Übergang in den Ruhestand erleichtern.
Die Treuhandanstalt wird im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages und ihrer Möglichkeiten alle Anstrengungen fördern, die zur Erreichung dieser Ziele geeignet sind. Zu nennen sind Anstrengungen zur Förderung der Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und Umschulung, Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung, die Förderung von Existenzgründungen und von Gesellschaften, die Träger von Qualifizierungs-, Arbeitsbeschaffungs- und anderer geförderter Maßnahmen sind. Dazu gehört beispielsweise die Bereitstellung geeigneter Grundstücke, Gebäude und sonstiger Einrichtungen.
Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und Treuhandanstalt betrachten es als notwendig, gemeinsam auf den Abschluss sowohl wirtschaftlich als auch sozial vertretbarer Sozialpläne hinzuwirken, um dieses Instrument in die oben beschriebene, generelle Zielsetzung einzubinden.
1. Sie betrachten es als im Regelfall angemessen, wenn sich das Sozialplanvolumen aus der Summe von jeweils 4 Monatsbruttoeinkommen der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer errechnet, sofern das Unternehmen zur Erfüllung eines solchen Sozialplanes in der Lage ist.
2. Die Treuhandanstalt wird sicherstellen, dass auch in den Fällen, in denen eine Rechtspflicht zur Dotierung eines Sozialplanes infolge fehlender Leistungsfähigkeit des Unternehmens nicht oder nicht hinreichend besteht, Mittel zur Verfügung stehen, wenn der Sozialplan den hier vorgegebenen Volumenskriterien entspricht.
Der Volumenswert errechnet sich in diesem Falle aus einem Betrag von 5 000 DM je betroffenen Arbeitnehmer.
Für Arbeitnehmer, die für die Dauer mindestens 1 Jahres nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Arbeitsverwaltung im Rahmen von Qualifizierungs- oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beziehen, werden 3 000 DM, für solche, die innerhalb eines Jahres nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rentenberechtigt sind, werden 2 000 DM angesetzt.
3. Die Verteilung der Sozialplanvolumina wird ausschließlich den Betriebspartnern überlassen. Sie sollen ihrer Verantwortung entsprechend sozialverträgliche und betriebsspezifische Lösungen finden. Dabei soll im Regelfall ein Abfindungshöchstbetrag definiert werden. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang Arbeitnehmer durch Inanspruchnahme von Altersübergangsgeld, Altersrente und anderen sozialen Leistungen sozial gesichert sind. Es soll weiter berücksichtigt werden, ob Arbeitnehmer im Zusammenhang mit Arbeitsbeschaffungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sozial gesichert sind gleichzeitig sollen die Leistungen jedoch so bemessen sein, dass die Bereitschaft zur Teilnahme nicht durch willkürliche Differenzierungen in der Höhe von Abfindungen beeinträchtigt wird.
Berlin, den 13. April 1991
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