"Gesellschaft für demokratische Kultur" in der DDR gegründet

Eine "Kultur-Initiative '89, Gesellschaft für demokratische Kultur, DDR" hat sich in Berlin konstituiert Kultur- und Kunstwissenschaftler, , Kulturpolitiker, Journalisten, Künstler, Kulturarbeiter und Pädagogen aus verschiedenen Kultureinrichtungen der DDR wollen damit ein Forum für alle schaffen, die an einer demokratischen Kulturentwicklung in der DDR interessiert sind, hieß es am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Auf der Gründungsversammlung sei über Thesen für eine programmatische Erklärung, den Entwurf einer Satzung, die sofort zu bildenden Arbeitskreise und das Verhältnis zu anderen Kulturorganisationen diskutiert worden. Es wurde ein provisorischer Vorstand bestätigt, der bis zur ersten Mitgliederversammlung am 3. März 1990 die Geschäfte führt, die Diskussion über Programmpapier und Satzung organisiert und die Beziehungen zu innerhalb und außerhalb der DDR herstellt.

Der auf der Gründungsversammlung vorgelegte Entwurf von "Thesen für eine programmatische Erklärung" sei als programmatische Äußerung bestätigt worden. Kritisch sei jedoch eingewendet worden, dass die der aktuellen politischen Situation geschuldete große Aufmerksamkeit für die deutsch-deutschen Beziehungen und Gegensätze die europäischen und weltweiten kulturellen Verflechtungen nicht in den Hintergrund treten lassen dürfe.

Die Versammlung habe auch die vorgeschlagenen Arbeitsformen bestätigt, durch die die Gesellschaft zu einem Forum der Verständigung werden und zwischen den verschiedenen Bereichen des kulturellen Lebens - Kulturproduktion, Kulturarbeit, Medien, Bildungswesen, Wissenschaft und Kulturpolitik - vermittelnd wirken will. Die Sachkompetenz der Mitglieder und Arbeitsgruppen soll bei anstehenden gesellschaftlichen Entscheidungen (von der Gesetzgebung über die Haushaltspolitik bis zur Gestaltung staatlicher Kulturbeziehungen) wirksam gemacht werden. Diesem Ziel sollen öffentliche Diskussionen, Fachtagungen und Kongresse, Mitteilungsblätter, internationale Korrespondenzen, Kontakte zwischen interessierten Personen, Organisationen und Institutionen im In- und Ausland dienen.

Noch vor ihrer ersten Mitgliederversammlung wird die Gesellschaft zwei deutsch-deutsche Expertenberatungen zur kommunalen Kulturpolitik organisieren. Bereits am kommenden Freitag veranstaltet sie gemeinsam mit einer Westberliner Kulturinitiative in der Akademie der Künste der DDR unter dem Motto "Zwischen-Rede. Über den Zustand deutscher Kulturen" ein Treffen von Künstlern, Wissenschaftlern und Kulturpolitikern. Es soll den Beteiligten, darunter Christa Wolf, Volker Braun, Klaus Staeck und der Präsident der Westberliner Hochschule der Künste, Ulrich Roloff-Momin, ermöglichen, in die sich schnell entwickelnden meinungsbildend einzugreifen.

aus: Neues Deutschland, Jahrgang 44, Ausgabe 299, 20.12.1989, Sozialistische Tageszeitung. Die Redaktion wurde 1956 und 1986 mit dem Karl-Marx-Orden und 1971 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.