Zur Diskussion gestellt:

Sozialistischer Soldatenbund der DDR

Wir, die Soldaten im Grundwehrdienst und Unteroffiziere auf Zeit der NVA-Dienststelle Apolda, begrüßen die eingeleitete Wende. Wir bekennen uns zu den revolutionären Veränderungen, die sich jetzt in unserer Gesellschaft vollziehen. Als mündige Bürger im Waffenrock wollen wir unsere Meinungen und Standpunkte offen darlegen und zur Diskussion stellen. Die Wende zur Erneuerung darf vor den Kasernentoren nicht haltmachen!

Uns ermutigt die breite Volksbewegung, die eine historische Chance zur Schaffung eines modernen Sozialismus bietet. Die Streitkräfte unseres Landes dürfen sich dieser Entwicklung, der Demokratisierung verschiedenster Bereiche unserer Gesellschaft, nicht verschließen. Ihre Glaubwürdigkeit und ihr Charakter als Armee des Volkes dürfen nicht weiterhin verspielt werden.

Deshalb rufen wir alle Wehrpflichtigen und Reservisten zur Diskussion über die Gründung eines

Sozialistischen Soldatenbundes der DDR

auf.

Wir schlagen vor:

- Dieser Bund soll als eine von Parteien, Massenorganisationen und weltanschaulichen Bekenntnissen unabhängige Organisation existieren.

- Dieser Bund soll als legitimer Interessenvertreter aller Wehrpflichtigen und Reservisten bestehen.

- Dieser Bund soll als demokratisches Forum zur Diskussion über sämtliche Fragen des militärischen Lebens dienen.

- Dieser Bund soll als Basis zum demokratischen Dialog zwischen Unterstellten und Vorgesetzten fungieren, ohne das Einzelleiterprinzip in Frage zu stellen.

- Dieser Bund muss auf dem Prinzip der uneingeschränkten Freiwilligkeit beruhen und in seinen Organisationsformen völlig unbürokratisch aufgebaut werden.

- Dieser Bund arbeitet auf der Grundlage der Verfassung der DDR, der geltenden staatlichen und militärischen Gesetzlichkeiten, der militärischen Dienstvorschriften und Befehle.

Der Sozialistische Soldatenbund der DDR sollte sich folgende Aufgaben stellen:

1. die Wende zur Erneuerung in den Streitkräften aktiv mitzugestalten;

2. ein demokratisches Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht bei der Durchführung einer Militärreform zu verwirklichen, besonders in Bezug auf die Änderung von Dienstvorschriften, Ordnungen und Anordnungen, die hinter den derzeitigen Entwicklungen zurückgeblieben sind;

3. eine Demokratisierung des Vorgesetzten-Unterstellten-Verhältnisses zu fördern. Wir rufen alle auf, diesen Vorschlag freimütig und kritisch zu prüfen! Er steht in sämtlichen Positionen zur Diskussion! Wir erwarten Meinungen und Ideen zur inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung einer solchen Organisation. Schreibt uns!

- ehrenamtliche Redaktionskommission
der Interessengemeinschaft -
Sozialistischer Soldatenbund der DDR
PF (...)
Apolda
5320

aus: Volksarmee, 49/89, Ministerium für Nationale Verteidigung