Entschiedene Bekräftigung unserer antifaschistischen Tradition

CDU-Erklärung zu neofaschistischen Umtrieben

Berlin (NZ). In einer Presseerklärung teilt die CDU-Pressestelle mit:

Mit allen antifaschistischen Kräften unseres Landes - innerhalb und außerhalb der Parteien - steht die CDU mit Zorn und Betroffenheit vor der Tatsache, dass durch die Wende in der DDR auch nationalistische, rechtsradikale und faschistische Strömungen an der Oberfläche der Gesellschaft sichtbar werden. Die Schmierereien am Ehrenmal in Treptow sind das bisher deutlichste Signal dieser Gefahr.

Von Christen und Kirchen ist das gesellschaftliche Problem einer neofaschistischen Unterwanderung seit Jahren gesehen und gegenüber Staat und Öffentlichkeit nicht verschwiegen worden. Aber alle diese Mahnungen und Hinweise blieben ungehört, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Die eigenen ungelösten Probleme waren in der DDR tabu. Heute (Mittwoch - d. Red.) teilt das ND mit, dass von der Kriminalpolizei bereits seit 1980/81 das Entstehen neofaschistisch orientierter Personengruppen beobachtet wurde. Hier hätten längst Schlussfolgerungen gezogen werden müssen Der Schutz unseres Volkes gegen neofaschistische Tendenzen hätte in Schule und Öffentlichkeit als Aufgabe in Angriff genommen werden müssen durch eine offene Diskussion der Problemlage in der DDR und durch eine echte Bewältigung der faschistischen Vergangenheit.

Die CDU war bei ihrer Gründung eine Kraft des christlichen Antifaschismus. Sie weiß, welche Bedeutung die Menschenopfer der Sowjetunion für unsere Befreiung und die Befreiung Europas von der Nazidiktatur gehabt haben. Die CDU, die sich heute neu auf ihre Werte besinnt, steht auch mit Entschiedenheit zu ihrer antifaschistischen Tradition.

Wir betrachten es als eine Grundaufgabe unserer sich neu bildenden Gesellschaft, alle humanistischen Werte unseres Volkes zum Gegenstand einer echten, nicht nur formalen Bildung und Erziehung zu machen. Wir meinen, dass das christliche Menschenbild wichtige Impulse für diese Erziehung vermittelt. Wir möchten, dass unsere Jugend humanistische Maßstäbe erhält, die aus vorurteilsloser Beschäftigung mit der deutschen Geschichte gewonnen werden können. Sie sollen eine Atmosphäre ermöglichen, in der freundschaftliche Beziehungen zu allen Völkern und gleichberechtigtes Leben und Wirken von Menschen unterschiedlicher religiöser, weltanschaulicher, rassischer und nationaler Zugehörigkeit in Frieden und gegenseitiger Achtung garantiert sind. Im Positionspapier der CDU steht: Wir wenden uns konsequent gegen jede Form von Nationalismus. Faschismus und Antisemitismus. Diese Position sollte aber für alle politischen Gruppen in der DDR selbstverständlich und kein Thema für Rivalitäten im Blick auf Wählerstimmen sein.

Neue Zeit, Do. 04.01.1990, Jahrgang 46, Ausgabe 3

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