Rostocker Appell mit rund 100 Erstunterzeichnern. Ein Offenen Brief des Rostocker Friedenskreises, gerichtet an Erich Honecker vom 31.10.1983, enthielt den Text des Rostocker Appells.
Rostocker Appell
Mit Entsetzen haben wir, die Unterzeichneten, Christen und Nichtchristen, die Mitteilung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR vom 15. Oktober 1983 zur geplanten Aufstellung sowjetischer Raketenkomplexe operativ-taktischer Bestimmung aufgenommen.
Ausgehend von unserer christlichen und humanistischen Grundeinstellung und von der Tatsache, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, sind wir der festen Überzeugung,
- dass mit der geplanten Aufstellung dieser Raketen die Gefahr eines Krieges für das deutsche Volk nicht verringert sondern vergrößert wird,
- dass es für uns und unsere Kinder unerträglich ist, künftig mit den atomaren Vernichtungssystemen auch im eigenen Land leben zu müssen,
- dass mit dieser angekündigten Maßnahme der bis zu diesem Zeitpunkt für so wertvoll gehaltene schwedische Vorschlag einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa fallengelassen worden ist.
Deswegen protestieren wir ganz entschieden gegen die vom Nationalen Verteidigungsrat beschlossene Maßnahme.
Wir befinden uns damit in voller Übereinstimmung mit dem Beschluss der Bundessynode der evangelischen Kirchen in der DDR vom 20. September 1983, in dem die Regierung der DDR gebeten wurde, innerhalb des Warschauer Vertrages darauf hinzuwirken, dass keine atomaren Kurzstreckenraketen auf dem gebiet der DDR stationiert werden, weder während der noch laufenden Genfer Verhandlungen noch zu einem späteren Zeitpunkt.
Wir fordern den Verteidigungsrat der DDR auf, den gefassten Beschluss unverzüglich aufzuheben.
Wir bitten alle, die sich nicht mit der immer wahrscheinlicher werdenden Vernichtung des Lebens, hier und anderswo, abfinden wollen, sich diesem Appell anzuschließen und ihn, unterzeichnet, an den Vorsitzenden des Verteidigungsrates der DDR, Erich Honecker, zu schicken.
Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass wir die Entscheidung über Leben und Tod nur den Politikern und Militärs überlassen dürfen.
Rostock, den 11. November 1983