Aufruf des Bundes Unabhängiger Sozialisten (BUS)
vom 09. 12. 1989 in Leipzig
Die Zeit ist reif! Alle Kräfte, die sich für eine wirklich sozialistische Alternative zu Stalinismus und Kapitalismus, auf dem Boden der DDR einsetzen, müssen sich jetzt sammeln, denn unser Land ist in einer Existenzkrise. Linkes und sozialistisches Denken und Handeln ist jahrzehntelang durch eine stalinistische, SED-Führung behindert worden. Es muss ein Bund geschaffen werden, der basisdemokratisch organisiert ist und ohne autoritäre Zentrale alle sozialistischen Kräfte zur Aktion vereint. Deshalb betrachtet sich der BUS als teil der Initiative Vereinigte Linke und will mit allen linken und sozialistischen Kräften solidarisch und gleichberechtigt zusammenarbeiten.
Ziel des Bundes ist es zum Aufbau einer Gesellschaft beizutragen, auf der Grundlage vorwiegend gesellschaftlichen Eigentums, verbunden mit einer solidarischen und ökologisch sinnvollen Lebensweise in der Lage ist, sich demokratisch selbst zu bestimmen.
Dabei versteht der Bund sich als konsequent sozialistisch, demokratisch, emanzipatorisch und internationalistisch.
Wir treten gegen jede Form des Rassismus, der Ausländerfeindlichkeit, des Rechtsradikalismus auf und sind für den Schutz der Minderheiten.
Sozialistisch heißt:
- das bürokratisch okkupierte Eigentum in wirkliches Volkseigentum zu überführen
- diese Eigentümerfunktion durch demokratische Selbstbestimmung der Werktätigen zu verwirklichen. So übernehmen sie endlich die kollektive demokratische Kontrolle über den Produktionsprozess, bis hin zur Selbstverwaltung.
- die individuelle und kollektiven Menschenrechte zu sichern, einschließlich des Rechts auf Arbeit, sozialer Sicherheit in Freiheit und Menschenwürde und der Bildungsgerechtigkeit.
Demokratisch heißt:
- die ungeteilten Menschenrechte und freie Individualität des Einzelnen in einer politischen Demokratie zu verwirklichen. In ihr müssen Formen direkter Demokratie, wie Volksentscheide, Volkskontrollausschüsse und Betriebskomitees entfaltet werden.
Ökologisch heißt:
- konsequent die Industriegesellschaft ökologisch umzubauen. Dies bedeutet u.a. quantitatives durch qualitatives Wachstum zu ersetzen.
- konsequent ökologisch vorzusorgen, statt halbherzig nachzusorgen. (Heute muss allerdings ein ökologisches Notstandsprogramm Vorrang haben)
Emanzipatorisch heißt:
- für die allseitige freie Entwicklung jedes Menschen einzutreten
- in allen gesellschaftlichen Bereichen der Vereinseitigung der Persönlichkeitsstrukturen und der Ungleichheit von Frau und Mann entgegenzuwirken
- zu vertreten, dass die Frauenfrage kein gesellschaftliches Randproblem ist, sondern ein existentielles.
Internationalistisch heißt:
- nationale Politik, und Ökonomie global auszurichten und aktiv an der Lösung der weltweiten politischen und Umweltprobleme teilzunehmen
- aktiv die Spaltung der Welt in den reichen Norden und den hungernden Süden zu überwinden
- den Befreiungskampf der Völker gegen koloniale und neokoloniale Unterdrückung zu unterstützen.
Dabei hat gewaltfreie politische Konfliktlösung Vorrang.