Frauen mischen sich ein

Mehr als tausend Frauen, darunter Vertreterinnen verschiedener autonomer Frauengruppen und -initiativen, haben am 3. Dezember in der Berliner Volksbühne den Unabhängigen Frauenverband der DDR gegründet. Welche Interessen haben so viele Frauen zusammengeführt?

Wir verstehen uns als die politische Alternative zur bisherigen Frauenpolitik. Wir fordern an erster Stelle eine angemessene Vertretung von Frauen in allen politischen und gesellschaftlichen Leitungsebenen. Wir wollen Einfluss nehmen auf die Gesamtpolitik und fordern daher eine ökologische Reorganisation der Wirtschaft und eine umfassende Demokratisierung der Gesellschaft.

Wir machen uns Sorgen. Es dürfen kurzfristig keine pragmatischen Entscheidungen getroffen werden, die eine Verschlechterung der sozialen Lage von Frauen nach sich ziehen werden. Insbesondere werktätige Frauen werden als erste von einer bevorstehenden Verwaltungsreform betroffen sein. Und sind es schon. Aber auch durch schnelle Entscheidungen über die Streichung von Subventionen oder überhaupt Veränderungen im Lohn-Preis-Gefüge können nicht wiedergutzumachende Schäden angerichtet werden.

Wir wollen daher jetzt auf die Wirtschaftsund Sozialpolitik verstärkt Einfluss gewinnen und votieren hier für einen modernen Sozialismus auf deutschem Boden in einem gemeinsamen europäischen Haus, d. h. für eine ökologische Reorganisation der Wirtschaft, für Demokratie, Selbstverwaltung, Öffentlichkeit und für ein solidarisches Miteinander aller sozialen Gruppen. Frauenfragen werden in dieser Gesellschaft nur soweit an Gewicht gewinnen, wie sich Frauen in die Politik einmischen.

Wir verstehen uns als eine politische Sammlungsbewegung, die für alle Frauen, für unabhängige Frauengruppen und -initiativen, für Frauenvereine und -kommissionen, für Frauenfraktionen der Parteien und Massenorganisationen offen steht. Alle interessierten Frauen können ab Montag täglich von 8 - 17 Uhr unter der Telefonnummer: (...) in der Redaktion FÜR DICH mit uns Kontakt aufnehmen.

Dr. Ina Merkel,
gewählte Sprecherin
des Unabhängigen Frauenverbandes

aus: Für Dich, 51/89, 27. Jahrgang