Sitz und Stimme für Frauenprojekte
Gleichstellung - brauchen wir dafür wirklich eine Stadträtin? Diese skeptische Frage hörten Vertreterinnen des Unabhängigen Frauenverbandes noch vor wenigen Wochen häufig. Sie haben sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, und im April zog eine "Gleichstellungsrätin" ins Rote Rathaus. Petra Tesch, die diese Funktion als erste antrat und auch nach der Wahl vom 6. Mai noch weiter geschäftsführend amtiert, brachte ein durchdachtes Konzept mit: "Vorbeugen, helfen, informieren!" Vom Vorbeugen allerdings kann ja kaum noch die Rede sein, denn der soziale Abstieg betrifft schon viele. So sind auch die Probleme vor allem arbeitsrechtlicher Natur, mit denen Frauen zu uns kommen. - Viele von ihnen sind nicht bereit, sich kampflos in ihr Situation zu fügen.
Frauen des Betriebes Muster- und Entwicklungsbau/Betriebsteil Berlin beispielsweise wandten sich an uns mit der Bitte um Unterstützung. Sie hatten erfahren, dass ihr Betriebsteil beabsichtigte, sich in zwei GmbH zu spalten, in die so gut wie keine Frauen übernommen werden sollten. Von den rund 200 Beschäftigten in Marzahn sind aber 109 Frauen - meist in Verwaltungsbereichen beschäftigt.
Die nun beanspruchen einen Teil des Betriebskapitals für sich! Sie wollen auf kommerzieller Basis ein Frauenzentrum eröffnen, wollen Kurse und Beratung anbieten. - Gut verkaufen, was sie gelernt haben und was sie können - für Frauen, die umlernen müssen oder wieder einsteigen wollen ins Berufsleben.
Nun brauchen sie natürlich Räume, Verbindungen, viele Informationen - und sicher auch Rückhalt für den eigenen Mut. Gerade solche Projekte wollen wir unterstützen, aber auch über gute Verbindungen zum Arbeitsamt oder zu den Gewerkschaften für schon arbeitslose Frauen rasch Chancen einräumen. Dazu gehört die Quotierung bei Umschulungen und Stellenangeboten.
Das Programm der "Gleichstellungsrätin" sieht auch vor, in Berlin etwas aufzubauen, was es bisher nur jenseits der Mauer gab. Eine Fraueninfrastruktur. Frauencafés, -galerien, -bibliotheken, -zentren, -archive, -informationen, -häuser. Dafür gilt es nicht nur räumliche, sondern auch finanzielle Mittel zu erschließen. Sechs Planstellen wurden bereits vom Magistrat genehmigt. Ein erstes Frauenzentrum hat ja auch seine Pforten geöffnet: EAW in Prenzlauer Berg.
Ein ganz wesentlicher Punkt wird für uns die Öffentlichkeitsarbeit sein. Sie soll Frauenprobleme in dieser Stadt rasch publik mache über alle Vorhaben informieren und natürlich um Unterstützung werben. So werden sich an einem Stammtisch regelmäßig JournalistInnen zusammensetzen, sich austauschen, die Verbindung zu den Medien herstellen. Und noch eins: Innerhalb des Magistrats sind wir ein gleichberechtigter Stadtbereich und können somit alle Beschlüsse auf ihre Frauenfreundlichkeit oder -feindlichkeit abklopfen. Dabei werden wir diesem oder jenem Stadt-Herrn sicher auch mal kräftig auf die Füße treten müssen.
Brit Lippold, Pressevertreterin
Sprechzeiten in der Breiten Straße 34/35
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aus: Für Dich 23/90 Unabhängige Frauenzeitschrift