Presseerklärung
Wir stellen fest, dass unsere Aktion eine Wiederaufnahme der Verhandlungen um den Einigungsvertrag erzwungen hat. Das Problem des Umgangs mit den Stasi-Akten soll nun doch Eingang finden in den Vertrag. Ein Vertreter der Regierung hat uns den ausgehandelten Text bisher weder vorgelegt noch erläutert. Wir kennen nur die diffuse Mitteilung aus dem Fernsehen.
1. Es ist gut, dass die Akten nun doch bleiben, wo sie hingehören.
2. Es ist gut, dass ein Vertreter der DDR höchster Beauftragter für den Umgang mit den Stasi-Akten werden soll und dass ihm weiterhin Beauftragte der 5 DDR-Länder und Berlins zur Seite stehen.
3. Es ist gut, dass die Nachrichtendienste nun doch keinen Zugriff haben sollen.
4. Es ist gut, dass die Betroffenen sobald wie möglich Auskunftsrecht über ihre eigene Akte erhalten sollen.
5. Es ist schlecht, dass unklar bleibt, ob die Betroffenen auch das Recht auf freie Einsicht in ihre Akte erhalten und auch praktisch wahrnehmen können.
6. Es ist sehr schlecht, dass dem Verfassungsschutz, der sich nicht als Nachrichtendienst versteht, nicht ebenfalls der Zugriff zu Akten verwehrt wird, die ja allesamt auf kriminelle Weise entstanden sind.
7. Wir vermissen eine Aussage über den Skandal, dass bis heute 80 ehemalige Stasi-Mitarbeiter ohne Aufsicht im Zentralarchiv mit den Akten umgehen und unkontrolliert das Objekt verlassen können. Wir vermissen eine Regelung, die verhindert, dass ehemalige Stasi-Mitarbeiter wieder Karriere als Spitzenpolitiker und Wirtschaftsbosse machen.
8. Wir empfinden es als eine Ohrfeige für die Opfer, dass offenbar das beschlossene Rehabilitierungsgesetz nun doch wieder nicht Bestandteil des Einigungsvertrages wurde.
9. Unsere 2 Hauptforderungen sind nicht erfüllt, nämlich:
- dass das Gesetz vom 24.8.1990 Über den Umgang mit den Stasi-Akten ohne Abstriche Bestandteil des großen Vertrages wird,
- und dass jeder bespitzelte Bürger über sein von der Stasi angelegtes Personendossier selbst zu entscheiden hat.
10. Wir setzen den Hungerstreik fort.
Berlin, den 18.9.1990
Die Besetzer im Haus 7 der Normannenstraße