Verordnung
über die Gewährung von Vorruhestandsgeld

Geltungsbereich
§ 1

Bürger der DDR und ausländische Bürger mit ständigem Wohnsitz in der DDR haben entsprechend den Bestimmungen dieser Verordnung Anspruch auf die Gewährung von Vorruhestandsgeld.

Vorruhestandsgeld
§ 2

(1) Anspruch auf Vorruhestandsgeld haben Arbeiter und Angestellte bei Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses ab 5. Jahr vor Erreichen des Rentenalters, wenn

- sie die vereinbarte Arbeitsaufgabe wegen ärztlich festgestellter gesundheitlicher Nichteignung, infolge Rationalisierungsmaßnahmen oder Strukturveränderungen oder wegen anderer von ihnen nicht zu vertretender Gründe nicht mehr ausüben können.

- ihnen keine zumutbare andere Arbeit im Betrieb oder in einem anderen Betrieb oder keine zumutbare Umschulung angeboten werden kann und

- sie mindestens 25 Jahre (Männer) bzw. 20 Jahre (Frauen) versicherungspflichtig tätig waren, davon mindestens 5 Jahre vor Ausscheiden aus dem Arbeitsrechtsverhältnis.

(2) Das Vorruhestandsgeld wird vom Betrieb auf Antrag des Werktätigen gewährt. Die Zahlung erfolgt bis zur Gewährung der Alters- oder Invalidenrente.

§ 3

Das Vorruhestandsgeld beträgt für Werktätige, die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses

a) vollbeschäftigt waren, 70 % des durchschnittlichen Nettolohnes der letzten 12 Monate, mindestens 500 Mark/Monat. Betrug der durchschnittliche Nettolohn weniger als 500 Mark/Monat, wird das Vorruhestandsgeld in Höhe des bisherigen Nettolohnes gezahlt.

b) teilzeitbeschäftigt waren, 70 % des durchschnittlichen Nettolohnes der letzten 12 Monate. Mindestens wird der der Dauer der vereinbarten Arbeitszeit entsprechende Anteil von 500 Mark/Monat gewährt.

§ 4

Das Vorruhestandsgeld ist in voller Höhe zu zahlen, der Werktätige Arbeitseinkünfte bis zu 25 % des Nettolohnes erzielt, der der Berechnung des Vorruhestandsgeldes zugrunde liegt, jedoch nicht mehr als 400 Mark/Monat. Darüber hinausgehende Einkünfte sind vom Werktätigen dem Betrieb zu melden und werden auf das Vorruhestandsgeld angerechnet. Unterlässt der Werktätige die Meldung, besteht für den betreffenden Monat kein Anspruch auf Vorruhestandsgeld.

§ 5

(1) Das Vorruhestandsgeld wird nicht besteuert und unterliegt der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

(2) Der Bezug von Vorruhestandsgeld ist wie ein Arbeitsrechtsverhältnis im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung einzutragen.

(3) Der Bezug von Vorruhestandsgeld gilt bei der Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung als versicherungspflichtige Tätigkeit. Im Berechnungszeitraum für die Alters- oder Invalidenrente liegende Zeiten des Bezuges von Vorruhestandsgeld bleiben bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes unberücksichtigt, wenn es für den Rentner günstiger ist.

§ 6
Erstattung

Den Betrieben werden auf Antrag 50 % des gezahlten Vorruhestandsgeldes aus Mitteln des Staatshaushaltes erstattet.

§ 7
Anwendung für Mitglieder von Produktionsgenossenschaften

Diese Verordnung findet auch Anwendung für Mitglieder von Produktionsgenossenschaften, wenn das von der Vollversammlung der Genossenschaft beschlossen wurde.

Schlussbestimmungen
§ 8

(1) Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung erlässt der Minister für Arbeit und Löhne.

(2) Durchführungsbestimmungen zur Finanzierung erlässt der Minister der Finanzen und Preise.

§ 9

Diese Verordnung tritt am 1. Februar 1990 in Kraft.

Der Ministerrat der DDR
Hans Modrow
Vorsitzender

Neues Deutschland, Fr. 09.02.1990

Δ nach oben