Vier Prozent sind denkbar

SPD-Vorstandsmitglied Elmer zum Wahlrechtskonflikt

INTERVIEW

taz: Herr Elmer, die Wahlmodalitäten sind weiter unklar, dennoch bleibt die SPD in der Regierung.

Konrad Elmer: Seit der Ausschusssitzung in Bonn ist klar, dass es ein einheitliches Wahlgebiet geben wird. Das ist ein entscheidender Fortschritt. Ungelöst ist die Frage der Fünfprozenthürde. Ich schätze, dass auch hier Herr de Maizière am Ende nachgeben muss.

Was hat die SPD denn an einer länderbezogenen Fünfprozentklausel auszusetzen, wie sie die CDU jetzt ins Spiel gebracht hat?

Eine Zerstückelung der Wahllandschaft, wie sie mit der länderbezogenen Fünfprozentklausel einhergeht, halten wir nicht für sinnvoll. Die Einheitlichkeit des Wahlgebietes ist damit gerade nicht zu erreichen. Wir halten diese Lösung eher für einen Trick von Herrn de Maizière, doch noch sein ursprüngliches Ziel, die Bevorzugung der PDS und anderer Gruppierungen, durchzusetzen.

Welche Variante hat denn die Fraktion heute favorisiert?

Ich würde, damit Herr de Maizière sein Gesicht wahren kann, eine Vierprozenthürde vorschlagen.

Ist die Koalitionsfrage jetzt endgültig vom Tisch?

Ich glaube, die ist vom Tisch. Ich war ohnehin nicht glücklich, dass der Koalitionsbruch im Konflikt um die Wahlbedingungen möglich erschien. Wenn die Koalition brechen sollte, dann muss es in der Frage inhaltlicher Akzente sein. Wenn die Finanzierung der Länder nicht klappt, die Eigentumsfrage nicht gelöst wird oder die Fristenregelung abgeschafft werden soll, könnte die SPD mit gutem Gewissen sagen: Jetzt ist Schluss!

Interview: Matthias Geis

TAZ, Nr. 3169, 28.07.1990