Die DDR und die BRD sind auf dem Weg zur deutschen Einheit
In seiner gestrigen Sitzung in Berlin hat der Gemeinsame Ausschuss der SPD und der SPD in der DDR unter Vorsitz des stellvertretenden Ministerpräsidenten, Johannes Rau, und des Ersten Sprechers der SPD in der DDR, Stephan Hilsberg, die folgende Erklärung zum Weg zur deutschen Einheit beschlossen:
Die DDR und die BRD sind auf dem Weg zur deutschen Einheit.
Dieser Weg muss zügig, aber ohne Überstürzung organisiert werden. Dazu braucht die DDR eine stabile, handlungsfähige Regierung. Ohne sie gäbe es nur eine ungeordnete Übergabe ohne soziale Sicherung. Deshalb wird der 18. März darüber entscheiden, ob die berechtigten Interessen der Menschen in der DDR eingebracht werden oder in einem bedingungslosen Anschluss untergehen. Deshalb müssen unmittelbar nach dem 18. März drei Prozesse nebeneinander vorangebracht und miteinander verzahnt werden.
Das wichtigste Ziel der Sozialdemokraten ist, dass die Öffnung, die Einführung der Marktwirtschaft, die deutsche Einheit und die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft für die Bewohner der DDR mit sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit verbunden sind. Die harte Arbeit der Menschen in der DDR während der letzten vierzig Jahre muss ihnen in einem einheitlichen Deutschland ebenso wie den Bewohnern der BRD gerechte Erträge und soziale Sicherheit gewährleisten.
An erster Stelle der Schritte stehen die Einführung der DM (Währungsunion), die wirtschaftlichen Reformen und die Sozialunion.
An zweiter Stelle steht die staatsrechtliche Vorbereitung der Einheit, die in der Verantwortung der deutschen Parlamente und Regierungen erfolgen soll.
An dritter Stelle stehen die Einbindung in die Europäische Gemeinschaft und die völkerrechtliche Vorbereitung der Einheit durch Abstimmung der beiden deutschen Regierungen vor gemeinsamen Verhandlungen mit den vier Mächten zur Vorbereitung der KSZE-Konferenz im Herbst.
Die Sozialdemokraten sind bereit, diesen Prozess verantwortlich zu führen. Wir organisieren die Einheit und tun dies unbelastet von den 40 Jahren der Diktatur, in der Tradition unserer Geschichte und unserer Erfahrung. Unter sozialdemokratischer Verantwortung hat noch keine Schicht der Gesellschaft in Angst vor Not oder vor Verfolgung leben müssen.
Presseservice der SPD, 81/90, 20. Februar 1990