SPD Hessen-Süd: Den Dialog mit der DDR fortsetzen

Der Vorstand der südhessischen, SPD, seit Jahren besonders engagiert in der Deutschlandpolitik, hat in seiner Sitzung am 22. September einstimmig nachstehenden Antrag für den außerordentlichen Bezirksparteitag am 7. Oktober in Maintal beschlossen.

"Die von der SPD mit Willy Brandt gegen massiven Widerstand der Konservativen durchgesetzte Friedens- und Entspannungspolitik, für deren Ziele der Bezirk Hessen-Süd bereits in den Jahren des Kalten Krieges eingetreten ist, hat in Osteuropa auch zum Anwachsen der politischen Reformkräfte beigetragen. Sie hat die Staaten des Warschauer Paktes von äußerem Druck befreit und damit eine wichtige Voraussetzung für die innere demokratische Entwicklung dieser Gesellschafter und politischen Pluralismus geschaffen. Wir begrüßen diese Entwicklung. Sie zu fördern, bleibt eine wichtige Aufgebe unserer Deutschland- und Ostpolitik.

Unsere Unterstützung haben alle Bestrebungen, die darauf abzielen, den Menschen in der DDR wie in anderen Staaten demokratische Beteiligungschancen und Selbstbestimmung zu gewährleisten. Die demokratische Opposition in der DDR fordert die SED zum Dialog darüber auf. Die bisherige Weigerung der SED ist ein Zeichen politischer Schwäche. Wir können und wollen den Bürgerinnen und Bürgern der DDR nicht vorschreiben, in welchen politischen Formen und mit welchen gesellschaftlicher Zielen sie ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben. Wir fühlen uns aber aufgrund unserer politischer, Vorstellungen den Gruppierungen in der DDR besonders verbunden, die sich an den Zielen des Demokratischen Sozialismus orientieren.

SED und Staatsführung werden nicht daran vorbeikommen, die anhaltende Ausreisewelle als dramatisches Warnsignal und Anstoß zu überfälligen Reformen zu erkennen. Sie müssen sich jedenfalls der von SPD und SED im Papier 'Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit' vom August 1987 bejahten 'offenen Diskussion über den Wettbewerb der Systeme, ihre Erfolge und Misserfolge, Vorzüge und Nachteile' stellen. Wir unterstreichen insbesondere die zwischen SPD und SED vereinbarte Formulierung: 'Kritik, auch in scharfer Form, darf nicht als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Seite zurückgewiesen werden.'

Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten des Bezirks Hessen-Süd treten gerade in der jetzigen Konfliktsituation dafür ein, den Dialog mit der SED und den offiziellen staatlichen Stellen wie mit inoffiziellen Gruppen, demokratischen gesellschaftlichen Initiativen sowie Bürgerinnen und Bürgern in der DDR fortzusetzen und intensivieren. Die SPD Hessen-Süd hält auch an ihrer Absicht fest, auf der Grundlage kontinuierlicher Gespräche mit einem DDR-Bezirk gemeinsame Initiativen zur Friedenssicherung, zum grenzüberschreitenden Umweltschutz, zur verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit, zur Hilfe für die Menschen beiderseits der hessisch-thüringischen Grenze, zum kulturellen Austausch und zum Gespräch zwischen den Menschen beider Staaten zu entwickeln und umzusetzen. Zur Fortsetzung des Dialogs zwischen den Menschen und den Institutionen beider deutscher Staaten gibt es keine verantwortbare politische Alternative."

Sozialdemokratischer Pressedienst, Nr. 187, 44. Jahrgang, 28.09.1990

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