Erklärung der SDP zur
DEUTSCHEN FRAGE
Die Sozialdemokraten in der DDR bekennen sich zur Einheit der Deutschen Nation. Diese Einheit muss von beiden deutschen Staaten gestaltet werden.
Dafür eröffnet sich jetzt die Chance, da wir nach 40 Jahren Diktatur die Möglichkeit der Selbstbestimmung erringen. Wir sind dabei, gleichberechtigte Partner bei dieser Gestaltung zu werden. Eine schnelle Wiedervereinigung im Sinne eines Anschlusses an die BRD würde genau dies gefährden.
Die Bevölkerung dieses Landes hätte unverantwortbare soziale und politische Lasten zu tragen.
Durch die derzeitige Uneffektivität unserer Wirtschaft und Infrastruktur wurde ein großer Teil unserer Bevölkerung in die unteren sozialen Schichten der Wohlstandsgesellschaft absinken. Kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Rentner; Behinderte und Kranke hätten nicht absehbare Folgen zu tragen.
Die Gestaltung der deutschen Einheit ist nicht allein unsere Sache. Sie muss so geschehen, dass der Aufbau einer europäischen Friedensordnung nicht gefährdet, sondern gefördert wird.
Wir dürfen die Interessen unserer europäischen Nachbarn nicht übergehen, die wie wir den Weg der Selbstbestimmung beschreiten. Sie sollen der endgültigen Anerkennung ihrer Grenzen und unserer Solidarität gewiss sein.
Wir wollen mit der Bundesrepublik Deutschland auf die ehemaligen Siegermächte zugehen, um einen Friedensvertrag auszuhandeln, der uns volle Souveränität gibt.
Die notwendige wirtschaftliche Sanierung unseres Landes erfordert nicht eine schnelle Angliederung an die Bundesrepublik, wie viele glauben, sondern bedarf schnell der Einsetzung einer demokratisch gewählten Regierung. Diese kann dann weit sie als legitim anerkannt wird unsere Interessen bei Verhandlungen über wirtschaftliche Kooperation und Hilfe kraftvoll vertreten.
Deshalb sind baldige Wahlen zur höchsten Volksvertretung dringend erforderlich.
3.12.1989 | Der Vorstand der SDP |
aus: Demokratiebewegung - wie weiter?, Dezember 1989-Januar 1990, Demokratiebewegung in der DDR, Materialien zur gewerkschaftlichen Bildungsarbeit, DGB-Bundesvorstand, Abt. gewerkschaftliche Bildung, ohne Ort und Datum