Heiko Lietz

studierte von 1961-66 Theologie an der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock. Danach bis 1970 Vikar in Rostock. Anschließend Pastor in Güstrow bis 1980. 1981-88 Hauswirtschaftspfleger und Essensausträger bei der Volkssolidarität. 1988-90 Mitarbeiter der Kirchengemeinde Badendiek bei Güstrow. Heiko Lietz lebt heute wieder in seiner Geburtsstadt Schwerin.

Heiko Lietz verweigerte zunächst den Wehrdienst total. Er kam dafür in Haft. Er wurde dann Bausoldat. Standort Bad Saarow. Um die Isolation der Bausoldaten zu durchbrechen, stellte er einen Antrag auf Aufnahme in die FDJ, der er zuvor nie angehört hatte. Doch die FDJ-Oberen rochen bald den Braten und er wurde aus der FDJ ausgeschlossen.

Als Jugendpfarrer unterstützte er Bausoldaten dabei sich zu organisieren.

Mitbegründer des "Kessiner Friedenskreises" 1980. Der "Kessiner Friedenskreis" führte die Kessiner Friedensseminare durch.

Während des Besuches des damaligen Bundeskanzlers Schmidt in Güstrow am 13.12.1981 durfte er sein Haus nicht verlassen. Mitinitiator des Mobilen Friedensseminars 1981 und des Mecklenburger Friedensseminar 1982.

Der Rostocker Friedenskreis wurde 1983 in Warnemünde durch den Kirchgemeinderat aus der evangelischen Kirche verwiesen. Grund war der "Rostocker Appell", in dem sich gegen die Stationierung von Kurzstreckenraketen ausgesprochen wurde. Der Appell richtete sich ausschließlich an Politiker und Militär in der DDR. Aufgenommen wurde sie später in einer katholischen Kirche. Dort nannte sich ihre Friedensgruppe "Schalom-Gemeinschaft".

1985 Mitunterzeichner eines Protestbriefes an die Volkskammer gegen Reiseverbote und der Ausgabe des Ersatzausweis PM 12. Unterschrieb im November 1986 das Memorandum "Das Helsinkiabkommen mit wirklichem Leben erfüllen".

Anlässlich des Olof-Palme-Friedensmarsches 1987 Delegierter des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR in der BRD.

Nach der Festnahme von Mitgliedern der Umweltbibliothek in Berlin registrierte das MfS einen Solidaritätsbesuch Heiko Lietz am 27.11.1987 bei der Mahnwache in Berlin.

Er schrieb am 26.01.1988 einen Offenen Brief an Erich Honecker, indem er gegen das Vorgehen gegen die Umweltbibliothek in Berlin und der basisdemokratischen Friedensbewegung protestiert.

Er wird in den Fortsetzungsausschuss Konkret für den Frieden in den Jahren 1988 und 1989 gewählt.

Mitbegründer der "Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR" am 10.12.1988. Er war einer der für die AG als Kontaktadresse benannt wurde. In einer vom ihm geleiteten Arbeitsgruppe auf dem Friedensseminars "Konkret für den Frieden VII", im Februar 1989 in Greifswald, wurde die Forderung nach Kontrolle der bevorstehenden Kommunalwahl im Mai 1989 erhoben.

Mitherausgeber des Informationsblattes "Friedensnetz". "Arbeitsgruppe Frieden" in Mecklenburg.

Einleitung eines Ordnungsstrafverfahren am 16.01.1989 gegen ihn vom Rat des Bezirkes Schwerin, Abteilung Kultur. Ihm wurde vorgeworfen, er habe das Druckerzeugnis "Friedensnetz" Nr. 5/88 mit herausgegeben, ohne die dazu erforderliche staatliche Genehmigung zu besitzen. Am 18.01.1989 kamen Mitarbeiter des MfS zu ihm nach Hause. Er wurde "zur Klärung eines Sachverhalts", mitgenommen. Das Ordnungsverfahren wurde im Mai eingestellt.

Die Staatssicherheit hatte seine Wohnung verwanzt. In der gegenüberliegenden Schule hatten die Spitzel ihr Quartier aufgeschlagen.

Gegen ihn wurden Operative Vorgänge mit der Bezeichnung "Hades" und "Zersetzer" und ein Zentraler Operativer Vorgang "Symbol" eröffnet. In einem Protokoll zu einer Arbeitsberatung am 05.09.1985 ist festgehalten: Auftrag vom Genossen Mittig lautet: Bis zum XI. Parteitag muss die Bearbeitung von Lietz so forciert werden, dass L. als Problemperson vom "Tisch" ist. Das ist ein Kampfauftrag.

Für die Pädagogische Hochschule "Lieselotte Herrmann" in Güstrow erhielt er Hausverbot.

Er war zum Gründungstreffen des Neuen Forums (NF) eingeladen, erschien aber nicht. Mitglied des Sprecherrates für den Bezirk Schwerin. Dort nahm er auch am 23.10.1989 an der ersten Demonstration, zu dem das Neue Forum aufgerufen hatte, teil. Dort hält er eine kurze Rede.

Delegierter auf dem Gründungskongress des NF am 27./28.01.1990 in Berlin.

Er warf den Gründern des Neuen Forum vor, sie haben nicht begriffen, dass das Neue Forum inzwischen eine Massenbewegung geworden war. Sie hatten Schwierigkeiten ihr "Erstgeburtsrecht der Gründer" abzutreten und einem demokratischen Forum zu übergeben.

Auf der Gründungsversammlung des Neuen Forum in Güstrow am 11.10.1989 wurde er zum 1. Sprecher gewählt.

Er nahm an den Verhandlungen zum Regierungseintritt der oppositionellen Gruppen und Parteien, die am Zentralen Runden Tisch vertreten waren, in die Regierung Modrow, am 28.01.1990 im Johanneshof in Berlin teil.

Vertreter des NF am Zentralen Runden Tisch und am Runden Tisch Güstrow.

Vorstandsmitglied von Bündnis 90. Ab Mai 1990 Abgeordneter und Fraktionssprecher im Kreistag Güstrow. Vier Jahre später wurde er erneut in den Kreistag gewählt. Mitglied der Enquete-Kommission "Leben in der DDR, Leben nach 1989 - Aufarbeitung und Versöhnung".

Mitglied der DDR-Delegation bei der KSZE-Konferenz im Juni 1990 in Dänemark.

Er wird im Juli 1990 vom Neuen Forum zu einem, der die Gespräche mit den Grünen führt bestimmt.

Spitzenkandidat des Neuen Form zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im Oktober 1990. Zur Entscheidung des Neuen Forums zu dieser Wahl ohne Bündnispartner anzutreten meinte er im September 1990, das Neue Form ist ein Begriff, Bündnis 90 weniger. Auch seien im Bündnis 90 die beiden linken Gruppierungen Vereinigte Linke und der Unabhängige Frauenverband vertreten, mit denen nicht zusammengearbeitet werden kann.

In die Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern wurde sein Vorschlag, die Bürgerbewegungen neben den Parteien als Mitwirkende bei der politischen Willensbildung zu benennen, aufgenommen.

Mitglied in der Verhandlungskommission, die den Assoziationsvertrag zwischen Bündnis 90 und Die Grünen aushandelte. Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern 1994 und deren Landessprecher.

1997 trat er aus Bündnis 90/Die Grünen aus.

Er unterschrieb im August 1992 einen Offenen Brief an die Friedensbewegung.

Einen Offenen Brief an Sportlerinnen, Sportler, Verbände und Sponsoren zur Teilnahme an den Olympischen Spielen in China unterschrieb er im April 2008. In im heißt es: "Auch weil sich bereits zwei deutsche Diktaturen mit den Leistungen von Sportlern schmückten, ist die öffentliche Debatte zu diesem Thema notwendig und die Teilnahme an den Spielen in Peking eine Gewissensfrage".

Die Auseinandersetzung im Vorfeld der Nominierung von Joachim Gauck 2012 zum Bundespräsidenten, ob er in der DDR ein Bürgerrechtler gewesen sei oder nicht, nannte er "Geschwätz auf niedrigem Niveau". (1) Arbeit in Schwerin einem von ihm gegründeten Bürgerbüro.

Er unterschrieb einen Offenen Brief vom 28.06.2019, indem gegen den geplanten Auftritt von Gregor Gysi am 09.10.2019 in der Peterskirche in Leipzig protestiert wird.

Als er zusammen mit Martin Klähn für das Neue Forum zum 23.10.1989 zu einer Demo in Schwerin aufrief, versuchte die Schweriner SED-Bezirksleitung eine Gegendemo auf die Beine zu stellen, was kläglich scheiterte.

Mitglied der Enquete-Kommission des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Mitunterzeichner der Erfurter Erklärung 1997. Seine Ernennung als Stasibeauftragter in Mecklenburg-Vorpommern scheiterte 1998 an der CDU. 2005 wurde er beim Besuch des damaligen US-Präsidenten Bush aus Stralsund ausgesperrt. Engagiert sich gegen Nazis. Er unterschrieb eine Gemeinsame Erklärung zu Chemnitz vom 05.09.2018.

Er unterschrieb die Offene Erklärung vom 18.08.2019 "Nicht mit uns: Gegen den Missbrauch der Friedlichen Revolution 1989 im Wahlkampf", durch die AfD.

Eine Grußadresse an die Demonstranten in Belarus unterschrieb er im September 2020.

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24.02.2022 unterschrieb er die Erklärung "Hisst die ukrainische Flagge überall!"

Er besaß zu DDR-Zeiten einen bundesdeutschen Reisepass, mit dem er nach Dänemark und in die Niederlande fuhr.

Während seines Theologiestudiums spielte er zusammen mit Joachim Gauck in derselben Handballmannschaft.

(1) Berliner Zeitung, 01.03.2012, S. 6

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