Was will Arbeitsgruppe Kunst und Kultur im Neuen Forum?
1. Wir betrachten uns als eine für alle auf diesem Gebiet interessierten und Engagierten offene Gruppe.
2. Wir arbeiten selbständig, suchen aber die Verständigung mit den anderen Arbeits-/Themengruppen innerhalb des Neuen Forums und weiteren alternativen Gruppen, die sich mit unserer Thematik beschäftigen.
3. Wir halten die Zusammenarbeit mit allen progressiven Kräften in den künstlerischen Verbänden und Organisationen für notwendig, so noch mit dem Kulturbund.
4. Wir sehen die Notwendigkeit, dass aus unserer wie auch aus den anderen Arbeitsgruppen im Neuen Forum Vorschläge und Forderungen formuliert werden, welche die Grundlage für die Erarbeitung eines Statuts und einer Programmatik des Neuen Forums bilden.
5. Wir sehen eine wesentliche Wirkungsabsicht des Neuen Forums in seiner territorialen und kommunalen Arbeit und Interessenvertretung z. B. in der Gründung und Mitarbeit von unabhängigen thematischen Kommissionen der verschiedenen Räte auf Bezirks-, Kreis- und Stadtebene.
Erste Ergebnisse unserer Arbeit
Formuliert in einem Forderungskatalog:
1. Generelle politische Forderungen
- Wir sind für eine rigorose demokratische Umstrukturierung unseres Landes, und wir sind für eine Alternative gegenüber dem gesellschaftlichen System der BRD, das heisst, wir sind für eine grundsätzlich erneuerte DDR!
- Wir rufen alle progressiv Denkenden auf, sich mit ihren Ideen an einer kulturellen Konzeption für dieses Land zu beteiligen!
- Wir fordern in diesem Sinne:
- die Unabhängigkeit der künstlerischen Verbünde und Institutionen, der kulturellen Organisationen und Vereinigungen.
- Abschaffung aller Gesetze, welche die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung in den genannten Bereichen einschränken und diese in Abhängigkeit von Staat und Partei bringen,
- grundsätzliche Überarbeitung der Verfassung der DDR und Schaffung von Gesetzen, welche die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung rechtlich sichern und die gesellschaftliche Verantwortung für Kultur und Kunst materiell und ideell festschreiben.
- Wir sind für gesetzliche Regelungen, die eine wirklich freie und umfassende Entfaltung von Kunst und Kultur zum Ziel haben.
Wir fordern:
- die Möglichkeit der Neugründung künstlerischer Verbände und Vereinigungen, von Theatern, Kinos, Galerien etc.,
- rechtlich gesicherte Möglichkeiten zur Individuellen Verwirklichung künstlerischer Arbeit, das schließt die Reform der Zulassungsverordnungen, die Neufassung des Steuerrechts und die vollständige Überarbeitung der Honorarverordnung und Tarife ein,
- die vollständige Erschließung und Bewahrung des nationalen und internationalen kulturellen Erbes auf der Basis des freien Zugangs zu allen Medien,
- die Abschaffung der Zensur auf allen Gebieten von Kunst und Kultur,
- durch die Verfassung festgelegt, sind Verherrlichung von Faschismus, Chauvinismus, Militarismus und Antisemitismus unter Strafe zu stellen,
- Mitsprache und Entscheidungsrecht bei allen anstehenden kulturellen und kulturpolitischen Prozessen in der DDR,
- Ökologie als unabdingbaren Bestandteil einer kulturvollen Gesellschaft zu betrachten. Ökonomie und Ökologie müssen beiderseits verbindlicher Wertmaßstab für eine grundsätzliche Umstrukturierung unserer Volkswirtschaft Im Sinne einer sozialistischen Marktwirtschaft sein.
2. Forderungen im Sinne einer kulturellen Konzeption für die Stadt Halle
- Wir betrachten die Erhaltung der alten Stadtstrukturen Halles als die grundsätzlichste Forderung aller Kulturschaffenden und aller Bürger dieser Stadt!
- Wir fordern eine umfassende Bestandsaufnahme der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen und die Offenlegung der staatlichen Gelder und Mittel für Kultur und Kunst!
- Wir fordern eine klare Analyse der administrativ verschuldeten Deformation von Kultur in dieser Stadt und die Bestrafung der dafür Verantwortlichen!
- Die kulturelle Infrastruktur der Stadt ist nur mit dem Wort "Notstand" zu charakterisieren. Wir fordern die schnellstmögliche Unterstützung durch staatliche Gremien, insbesondere zur Gewährleistung eines Fortbestandes des Theater- und Musiklebens in Halle!
- Das Bauprogramm für das Kulturhaus ist sofort zu stoppen; Verantwortlichkeiten für Projekt und Realisierung, entstandene und entstehende Kosten und materielle Aufwendungen sind sofort und umfassend öffentlich zu machen!
- Wir fordern eine langfristige kulturelle Konzeption für unsere Stadt, welche auf Erhalt und umfassenden Ausbau der kulturellen Infrastruktur zielt, darin eingeschlossen das Projekt Kulturhaus!
- Wir fordern die Bildung unabhängiger Kommissionen beim Rat der Stadt, welche die wahren Interessen der Bürger, Künstler und Kulturschaffenden zum Ausdruck bringen!
Die bloße Beteiligung in bestehenden Kommissionen ist unzureichend!
Ricarda F(...)
Brunhild K(...)
Hans-Joachim T(...)
Marina Z(...)
aus: Freiheit, Nr. 5, 06.01.1990, 45. Jahrgang, Sozialistische Tageszeitung für den Bezirk Halle, Ausgabe Halle (Saale), Zeitung der SED-PDS