DDR 1989/90 Brandenburger Tor


DIE NELKEN - Marxistische Partei

Geachtet und sozial integriert

Wahrhaft solidarisches Verhalten muss sich vor allem auch in liebevoller Zuwendung zu unseren Veteranen zeigen. Sie haben sich durch jahrzehntelange Arbeit in unsere Gesellschaft eingebracht.

Vorrangiges Ziel ist derzeit, unsere Wirtschaft zu stabilisieren und ihre Leistungskraft so schnell wie möglich zu erhöhen. Auf dieser Grundlage wird es real möglich werden, folgende Grundsätze schrittweise zu realisieren:

Die Veteranen der Arbeit sind aus ihrer Lage als "sozial Schwache" zu befreien. Die Renten sollten ab sofort wesentlich schneller als die Arbeitseinkommen erhöht werden mit dem Endziel, die Renten künftig jährlich so festzulegen, dass sie 80 Prozent des Durchschnittsnettoverdienstes der im Arbeitsprozess stehenden Werktätigen vom vorangegangenen Jahr entsprechen.

Die Veteranen der Arbeit sind durch Handel, Gesundheitswesen und öffentliche Dienste bevorzugt zu versorgen. In den Verkaufsstellen sollte ein gleiches, reichhaltiges Warenangebot sein, dabei sollten auch Sitzmöglichkeiten nicht vergessen werden. Die hausärztliche Betreuung der Rentner muss zielstrebig erweitert werden. Reparaturen, Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten für Rentnerwohnungen sollten vorrangig eingeordnet werden.

Die Veteranen der Arbeit sind auf Wunsch zu ihnen angenehmen Bedingungen weiterzubeschäftigen. Rentnern sollte es generell ermöglicht werden, auf Wunsch Arbeitsverhältnisse für Heimarbeit bzw. für Arbeit mit variabler bzw. beliebig verkürzter Arbeitszeit einzugehen. Entsprechende gesetzliche Regelungen sollten in das Gesetzbuch der Arbeit aufgenommen werden.

Die Veteranen der Arbeit sind durch die Kommunalorgane besonders zu betreuen. Für die unbürokratische Bearbeitung aller Anliegen der Rentner sollte in jeder Kommunalverwaltung ein gesonderter Verantwortungsbereich aufgebaut werden, dem die dazu erforderlichen materiellen und finanziellen Fonds (z.B. von Betrieben) auf gesetzlich festgeschriebener Grundlage zur Verfügung stehen. Was darüber hinaus besondere Härtefälle wie z.B. allein stehende, pflegebedürftige Rentner betrifft, so forderten wir bereits eine sofortige Erhöhung der monatlichen Pflegesätze auf 200 Mark (ausgehend vom gegenwärtigen Preisniveau).

Wir meinen: Wenn jeder Werktätige heute schon weiß, dass auch er später als Veteran der Arbeit menschlich geachtet, sozial integriert und materiell sichergestellt wird, ohne zuvor bereits für die Aufbesserung einer kläglichen Rente sparen zu müssen - wird er da nicht mit viel mehr Vertrauen in die Zukunft blicken, um hier menschlich zu leben und zu arbeiten?

Jörg D(...), DIE NELKEN

aus: Sächsische Zeitung, Nr. 35, 10./11.02.1990, 45. Jahrgang, Tageszeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur, Herausgeber: Verlag Sächsische Zeitung