DDR 1989/90 Brandenburger Tor

DIE NELKEN

Jörg D(...)

Die NELKEN sind die marxistisch Partei der DDR. Sie treten konsequent für die Interessen der in der DDR arbeitenden und lebenden Menschen ein. Grundsätzliches Ziel der NELKEN ist eine Gesellschaft, in der die freie Entwicklung eines jeden die Voraussetzung für die freie Entwicklung aller ist.

Was wollen die NELKEN? Wir wollen umfassende wirtschaftliche und soziale Reformen in unserem Land auf der Grundlage der Ideen von Marx. Wir sind der Meinung, dass das bisher verfolgte Gesellschaftsmodell des Sozialismus eine völlige Abkehr von der marxistischer Theorie darstellt.

Wichtigste Grundsätze der NELKEN sind Schaffung umfassender Demokratie, soziale Absicherung der Bürger sowie Herstellung von wirklichem gesellschaftlichem Eigentum der Werktätigen an ihren Produktionsmitteln im volkseigenen Sektor als Voraussetzung für die Mitbestimmung eines jeden Bürgers. Ging es noch gestern um die Abschaffung einer administrativ-bürokratischen Struktur, die sich gegen jeden fortschrittlichen Gedanken und die Demokratie wandte, so geht es heute um die gesetzliche Verankerung demokratischer Mitbestimmung der Bürger dieses Landes. Für uns steht noch immer das Problem der Anerkennung benachteiligter sozialer Minderheiten, die auch jetzt noch als "Randerscheinungen" der Gesellschaft gelten und deren Schutz gesetzlich nicht verankert ist. Wenn wir eine gerechte, demokratische Gesellschaft wollen, gehört die Achtung dieser Minderheiten genau so dazu wie die Achtung der Andersdenkenden.

Bei der Einführung marktwirtschaftlicher Bedingungen sollte vor allem die Sicherung der Lebensinteressen des Volkes im Vordergrund stehen. Durch Umschulung und Weiterbildung müssen Menschen die Möglichkeit haben, sich in den Entwicklungsprozess auch weiterhin einzubringen. Arbeitslosigkeit und Existenzangst dürfen sich nicht ausbreiten! Die Vereinigung beider deutscher Staaten darf nicht zu Lasten der Sozialleistungen in unserem Land gehen. Vereinigung kann und sollte es erst geben, wenn sich beide Staaten in allen Fragen als souveräne und gleichberechtigte Partner gegenüberstehen. Eine sofortige Vereinigung hätte den Abbau vieler wesentlicher sozialer Sicherheiten zur Folge. Für unsere miserablen Produktionsbedingungen können wir nicht den gleichen Lohn erwarten wie die Produzenten in der BRD. Es ist also notwendig, dass wir uns landesweit auf die neuen Bedingungen der marktwirtschaftlich orientierten Produktion einstellen. Nicht nur die Produzenten, sondern vor allein sozial Schwache (Rentner, Kinder, Frauen, Jugendliche, Behinderte) würde eine sofortige Vereinigung am stärksten treffen. Bei BRD-Preisen und DDR-Löhnen würde sich die Lebenslage der Mehrheit der DDR-Bevölkerung verschlechtern. Dem müssen wir uns entgegenstellen!

So treten die NELKEN und die Vereinigte Linke als "Aktionsbündnis Vereinigte Linke" zur Volkskammerwahl an. Wenn Sie eine menschenwürdige und sozial gesicherte Zukunft wollen, geben Sie ihre Stimme diesem Aktionsbündnis.

Jörg D(...): 1964 in Dresden geboren. Nach Schule Lehre als Ausbaumaurer und zwei Jahre Arbeit in diesem Beruf. Während der NVA-Zeit wird er Kandidat der SED, dann verschiedene Funktionen in Partei und gesellschaftlichen Organisationen. Ab 4. September 1989 Studium an der Bezirksparteischule der SED, beendet am 10. September durch Austritt aus der SED. Seit 1. Februar Bauleiter im VEB Gebäudewirtschaft Dresden.

aus: Sächsische Zeitung, Nr. 57, 08.03.1990, 45. Jahrgang, Tageszeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur, Herausgeber: Verlag Sächsische Zeitung