Wenn die Bäume sterben, sind die Menschen dran . . .

Grüne Partei wuchs aus ökologischer Basisbewegung

Einem Wolf, der ein blütenweißes Häubchen trägt, von dem er sagt, es sei mit phosphatfreiem, umweltfreundlichem Waschmittel gewaschen, muss man die Zähne zeigen. In einem Wald, wo man vor weggeworfenen Büchsen kaum noch die kranken Bäume sieht, muss auch unpopuläres gesagt werden. Die neugewonnene "soziale Marktwirtschaft" kommt uns mit zwei Gesichtern entgegen, das freundliche ist dem Verbraucher zugewandt, das zynische sieht über die Belastungen von Mensch und Umwelt durch Überproduktion hinweg. Auf dieses Gesicht ist unsere ganze Aufmerksamkeit konzentriert, und bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass Ökologie und Demokratie zusammengehören. Es genügt nicht, in einem Parteiprogramm den Schutz von Natur und Umwelt zu deklarieren.

Für den Umbau und Aufbau einer effektiven Wirtschaft in den neuen Bundesländern sind ökologische Gesichtspunkte und Maßnahmen von Anfang an wahrzunehmen. Wir sehen sehr wohl den Zusammenhang von Arbeitsplatzproblemen und notwendiger Umstrukturierung der Wirtschaft, auch der landwirtschaftlichen und wir sehen auch eine Chance, jetzt wo wir neu beginnen wollen, Umweltverträglichkeit der neuen und Entsorgung der alten Betriebe an den Anfang zu setzen. Was unpopulär scheint, wird sich auszahlen.

Der Umgang mit Energie, die Erzeugung durch alternative Verfahren und die Ablehnung der Atomkraftwerke, eine Verkehrspolitik, die vom Menschen ausgeht, die belastete Städte mit einer Verbesserung des Nahverkehrs den Bewohnern zurückgibt, die Beteiligung von Bürgern und Verbänden bei Stadt- und Landschaftsplanung, alternative Müllverwertungsmöglichkeiten - gegen Müllverbrennungsanlagen - das sind Arbeitsgebiete, die auch Arbeitsplätze bieten können, die auf alle Fälle sachkompetentes Engagement brauchen.

Als sich die "Grüne Partei in der DDR" am 24.11.1989 in der Treptower Bekenntniskirche konstituierte, war dem nicht nur der Gründungsaufruf einer Initiativgruppe vom 5.11.1989 vorausgegangen, sondern vor allem eine langjährige, größtenteils illegale Arbeit in der umweltpolitischen Basisbewegung, in Friedens- und Menschenrechtsgruppen. Bereits im Zuge der breiten Protestbewegung gegen die Fälschung der Kommunalwahl-Ergebnisse im Mai 1989 nahm der Plan zur Schaffung einer "Grünen Liste" Kontur an. Wenn sich die Landesverbände der Grünen Partei nach den Wahlen am 2. Dezember mit den West-Grünen zu einem gemeinsamen Bundesverband "Die Grünen" zusammenschließen, so ist dies vor allem der politischen Notwendigkeit geschuldet, dass es in einem vereinten Deutschland auch eine geeinte grüne Kraft geben muss.

G. B(...)/B. S(...)

aus: aus: PODIUM - die Seite der und für die BürgerInnen-Bewegung, Initiativen und Minderheiten, in Berliner Zeitung, Nr. 243, 46. Jahrgang, 17.10.1990

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