Ich meine . . .

Zum Thema Kindergeld und Subventionen

Einen Mehraufwand von jährlich 1 000 M für ein Schulkind haben Lila Offensive und Rote Rosa errechnet - bei "einen ersten Preisvergleich". Ich hoffe, im zweiten Preisvergleich vorgerechnet zu bekommen, wie diese Summe zustande kommt. Einstweilen staune ich nur, wie viel Schuhe und Bekleidung Kinder brauchen. Fast möchte ich ausrufen: O Glück, dass ich noch kein Vater bin. O Glück, dass mir als Erwachsenen keine Schuhe und Kleidungsstücke mehr zu klein werden, und meine Gesamtausgabe für Kleidung und Schuhe nicht so hoch wie die Mehrausgaben eines 0 bis 4jährigen Kindes ist (für das immerhin 840 M Erhöhung pro Jahr gefordert wird). Denn nur um Kleidung und Schuhe ging es, nicht um die Gesamthöhe des Kindergeldes. Und so deute ich 2,05 Mrd. M Subventionsstreichung zu 2,1 Mrd. M Kindergelderhöhung als zusätzliche Belastung des Staatshaushalts von 50 Mill. M. Wer behauptet, dass der Staatshaushalt nicht belastet, sondern saniert wurde, müsste beweisen, dass die Zahlenangaben 2,05 und 2,1 Mrd. M falsch sind.

So sie aber richtig sind, bleibt diese Maßnahme die erste, die dem geforderten Übergang von verschwendungsfördernden Produktsubventionen zu personengebundenen Subventionen entspricht. Ist Opposition Selbstzweck oder an Inhalte geknüpft? Ich meine, wenn die Regierung von SED, DBD und jenen 3 Parteien, die jetzt beim Kapital für 40jährige SED-Treue Abbitte leisten und künftige Einheit mit dem Goldenen Kalb geloben, gelegentlich auch mal den Forderungen der Linken entgegenkommt statt (wie meist) den Forderungen des Kapitals, sollten die Linken diese Regierung gelegentlich auch mal nicht kritisieren.

Olaf Staps
Grüne Partei

aus: Berliner Zeitung, Nr. 29, 03./04.02.1990, 46. Jahrgang


[In den 80ziger Jahren wurden die Subventionen für Kinderschuhe in der ČSSR und Polen abgebaut. In der DDR nicht. Wegen der niedrigen Preise kauften Bürger aus der ČSSR im Süden der Republik Kinderschuhe. Was zu erheblichen Spannungen dort führte.]