Offener Brief
An das Arbeitssekretariat des FDGB
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Mitglieder der Betriebsgewerkschaftsorganisation des VEB Fischfang Saßnitz treten dafür ein, den Sozialismus in unserem Lande zu erhalten und ihn für die Menschen auf demokratischer Grundlage spürbar zu verbessern. Jetzt ist eine gute und ergebnisreiche Arbeit notwendig, um lange Zeit aufgestaute Probleme zu lösen: Dabei helfen uns keine Arbeitsniederlegungen oder gar Streiks, sondern sie schaden uns.
Wir bekennen uns zu einer bestmöglichen Erfüllung und Überbietung des Planes 1989 und treten ein, für einen realen bilanzierten und vertraglich gesicherten Plan 1990. Wir unterstützen einmütig den Prozess, der Abschaffung von Privilegien und fordern die strengste Bestrafung der Führungskader, die uns durch ihre verfehlte Politik in die Krise geführt haben, einschließlich einer öffentlichen Rechenschaftslegung. Wir erwarten durch die Einbeziehung von Gästehäusern in den FDGB-Feriendienst, für die Werktätigen eine bessere Befriedigung ihrer Erholungsbedürfnisse zu sichern.
In Auswertung der in den Gewerkschaftskollektiven durchgeführten Gespräche unterbreiten wir Euch nachstehende Vorschläge und Forderungen, um vorhandene nicht vertretbare Ungleichheiten und Probleme zu lösen:
Lohn und Tarif
1. Erarbeitung eines neuen Lohn- und Tarifsystem nach dem Grundsatz - gleicher Lohn für gleiche Arbeit - unabhängig von wirtschaftszweiglicher und territorialer Zuordnung. Damit sind unvertretbare Unterschiede in der Entlohnung zu beseitigen. Ein Schwerpunkt unter vielen ist die Entlohnung der Meister. Dabei halten wir es für richtig und notwendig, das Leistungsprinzip konsequent durchzusetzen und in Abhängigkeit von der Erwirtschaftung des Nettogewinns zusätzlichen Lohnfonds für die Stimulierung der Leistungen der Werktätigen bereitzustellen und damit den Betrieben einen erforderlichen Spielraum in der Lohnpolitik zu geben. In diesem Zusammenhang ist das Lohnsteuersystem zu überarbeiten und zu ändern.
RKV überarbeiten
2. Der RKV ist unverzüglich zu überarbeiten, übersichtlich zu gestalten und vor der Beschlussfassung der Betriebsgewerkschaftsorganisation zur breiten Diskussion mit den Werktätigen zu übergeben. Dazu weisen wir auf einige Schwerpunkte hin:
- Einheitliche Regelung der Schichtstimulierung für alle Berufsgruppen
- Erarbeitung einheitlicher Erschwerniszuschläge für gleiche Arbeiten in allen Berufsgruppen und Industriezweigen
- Einheitliche Regelung für die Zahlung von Bereitschaftsgeld in allen Industriezweigen, da für alle Werktätigen gleiche Belastungen bestehen.
- Festlegung zum Einsatz von Lohnmitteln in unterbesetzten Bereichen für die Kollegen, die Arbeit mit erfüllen müssen, um damit wirkungsvoll die Leistungen zu stimulieren.
- Zu klären ist das Problem der zusätzlichen leistungsabhängigen Entlohnung. Vorgeschlagen wird, für alle Werktätigen eine zusätzliche leistungsabhängige Entlohnung vorzunehmen.
Der Prämienfonds
3. Die Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds ist zu überarbeiten und so zu verändern, dass die Zuführungen zum Prämienfonds in Abhängigkeit der VbE und des betrieblichen Durchschnittsverdienstes vorgenommen werden. Damit Sicherung einer einheitlichen Jahresendprämie (100 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes bei voller Leistung) und des notwendigen Spielraumes für die leistungsbezogene Prämierung während des Planjahres. Vorgeschlagen wird, hierfür eine Größe von 30 Prozent der für die Zahlung der Jahresendprämie erforderlichen Summe festzulegen.
Leistungsbedingungen
4. Konsequent und hartnäckig muss dafür Sorge getragen werden, dass zur Durchsetzung des Leistungsprinzips die erforderlichen Leistungsbedingungen in Form von modernen Technologien, neuen und ausreichenden Werkzeugmaschinen, Flurförder- und Kleintransportmitteln - insbesondere Gabelstablern - sowie Werkzeugen und Hilfsmitteln geschaffen werden. Dazu sind den Betrieben entsprechende Investitionen und Bilanzen bereitzustellen. Damit sind über Wissenschaft und Technik für die Werktätigen spürbare Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen, die Beseitigung körperlich schwerer und gesundheitsschädigender Arbeit sowie die Beseitigung der unzähligen Überstunden und Sonderschichten zu realisieren. In unserem Betrieb ist auf diesem Gebiet ein nicht mehr vertretbarer Zustand vorhanden. Gefordert wird auch, konsequent darum zu ringen, die für die Durchführung der geplanten Produktion erforderlichen Materialbilanzen bereitzustellen.
Ein realer Plan
5. Wir fordern unnachgiebig, darauf Einfluss zu nehmen, dass dem Betrieb für 1990 ein realer und bilanzierter Plan übergeben wird, der vertraglich gesichert werden kann.
Neues Rentengesetz
6. Wir unterstützen entschieden die Auffassung des Bundesvorstandes, ein neues Rentengesetz zu erarbeiten und schlagen vor, dabei unbedingt zu beachten, dass nicht die letzten 20 Jahre sondern die besten 10 Jahre für die Errechnung des Rentenanspruchs als Ausgangspunkt genommen werden. Dies ist notwendig, da viele Werktätige nicht bis zum Erreichen des Rentenalters in ihrem Beruf arbeiten können und aus verschiedenen sozialen und gesundheitlichen Gründen eine andere Tätigkeit aufnehmen müssen, die zu einer oft erheblichen Verdiensteinschränkung und damit zur Reduzierung des Rentenanspruchs führt. Damit ist für alle Werktätigen eine einheitliche Rentenregelung und die Abschaffung von Sonderrenten zu gewährleisten. Es wird vorgeschlagen, für Werktätige, die aus gesundheitlichen Gründen vor Erreichen des Rentenalters aus ihrem Beruf ausscheiden müssen, eine Teilrente einzuführen, um ihnen damit den Übergang in eine andere Tätigkeit, die sie noch ausführen können und zu einem Verdienstabfall führt, zu erleichtern. Vorgeschlagen wurde eine Begrenzung für die Arbeitsjahre nach Erreichen des Rentenalters.
Zum Urlaub
7. Wir halten eine dringende Überarbeitung der Urlaubsordnung von 1978 für notwendig, um die in der Praxis vorhandenen ungerechtfertigten Unterschiede in der Urlaubsgewährung am gleichen Arbeitsplatz, hervorgehoben durch den personengebundenen Urlaub, endgültig zu beseitigen. Vorgeschlagen wird auch zu prüfen, eine generelle Erhöhung des Grundurlaubs vorzunehmen. Vorgeschlagen wurde von unseren Mitgliedern auch zu überlegen, die abgeschaffenen kirchlichen Feiertage wieder einzuführen.
Treue Dienste
8. Vorgeschlagen wird die Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen für die Auszeichnung von Werktätigen für Treue Dienste. Als ungerecht wird angesehen, die Auszeichnung von Werktätigen, die aus den Reihen der Schutz- und Sicherheitsorgane eine Tätigkeit im Betrieb aufgenommen haben und ihre Dienstzeit auf die Betriebszugehörigkeit angerechnet bekommen, obwohl sie ihre Dienstzeit ja in diesen Organen anerkannt und gewürdigt bekommen haben.
Anrechnung
9. Vorgeschlagen wird die Verordnung über die Anrechnung von Zeiten der Freistellung von der Arbeit nach dem Wochenurlaub auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit GBI. I, Nr. 26 von 1986 zu verändern. Die Begrenzung im Paragraph 3 längstens bis zum 1. Lebensjahr auf längstens bis zum Ende des 3. Lebensjahres zu verändern, da in den Anfangsjahren bei weitem nicht gesichert war, dass Kinderkrippenplätze zur Verfügung standen.
Gleiche Regelung
10. Vorgeschlagen wird weiterhin bei über 30jähriger Betriebszugehörigkeit für Frauen und Männer einheitliche Regelungen im Abstand von 5 Jahren festzulegen.
Anerkennung eher
11. Wir schlagen vor, die Regelungen für die Anerkennung für langjährige Mitgliedschaft im FDGB beginnend mit 25 Jahren bereits mit einer materiellen Anerkennung zu verbinden und jeweils alle 10 Jahre die Anerkennung fortzusetzen.
Härterer Zugriff
12. Wir unterstützen entschieden die Forderung des Bundesvorstandes, das Arbeitsgesetzbuch der DDR zu überarbeiten und eine neue Richtlinie zum BKV zu erarbeiten. Gefordert werden härtere Maßnahmen gegen Verletzungen der Arbeitsdisziplin vor allem bei unentschuldigtem Fehlen, da die bisherigen Maßnahmen nicht die notwendige Wirkung brachten. Wir fordern, den Betrieben mehr Entscheidungsfreiheit einzuräumen, keine finanzielle Unterstützung für Problempersonen und Durchführung gerichtlicher Maßnahmen.
Titel passé
13. Wir schlagen vor, die Verordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" aufzuheben, da sie von der Zeit überholt ist.
Der Wettbewerb
14. Wir schlagen vor, den sozialistischen Wettbewerb auf der Grundlage von 2-3 Kennziffern für Leistungsbewertung zu führen und abzurechnen. Für das Neuererwesen und die MMM-Bewegung lehnen wir staatliche Vorgaben ab, sind aber für die Entwicklung von Eigeninitiativen im Kollektiv. Die Führung des sozialistischen Wettbewerbs in den Bereichen Leitung und Verwaltung, also in nichtproduktiven Bereichen, sehen wir für sinnlos an. Es ist erforderlich, auch den Berufswettbewerb neu zu durchdenken.
Um den Plan
15. Die Plandiskussion, so schlagen wir vor, ist erst dann mit den Kollektiven durchzuführen, wenn das endgültige Planangebot des Betriebes vorliegt. In Auswertung der Plandiskussion wird dann die Stellungnahme der Gewerkschaft zum Plan erarbeitet. Wir fordern, dass Betriebsdirektor und Generaldirektor zu den Hinweisen, Vorschlägen und Forderungen in der Stellungnahme Rechenschaft legen müssen.
Weniger Aufwand
16. Wir fordern den Bundesvorstand auf, energisch darauf Einfluss zu nehmen, das Planungs- und Abrechnungssystem in der Volkswirtschaft so zu gestalten, dass der Aufwand bedeutend verringert und effektiver gestaltet wird, Planpräzisierungen bzw. Planänderungen während des Planjahres grundsätzlich nicht mehr durchgeführt werden, schon gar nicht ohne Zustimmung der Gewerkschaft.
Andere Struktur
17. Vorgeschlagen und gefordert wird, die gewerkschaftliche Leitungsstruktur grundlegend zu verändern. Für Kombinatsbetriebe schlagen wir vor, die Leitungsstruktur Betriebs-Kombinat-Industriegewerkschaft aufzubauen und die Rechte und Pflichten der Kollektive der BGL-Vorsitzenden neu zu bestimmen, um eine Einheitlichkeit im gesamten Kombinat zu erreichen. Die Kreisvorstände der Gewerkschaften sollten ihre Arbeit auf die Klein- und Mittelbetriebe sowie auf die kreisgeleiteten Betriebe (im Bezirk analog) konzentrieren. Auf dieser Grundlage sollten die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kreisvorstände FDGB neu bestimmt werden. Eine Reduzierung des hauptamtlichen Apparates und die Beseitigung von Formalismus sind so erreichbar.
Beitrag + Ferien
18. Vorgeschlagen und gefordert wird die Überarbeitung der Beitragsordnung auf der Grundlage des Nettoverdienstes, eine spürbare Verbesserung in der Bereitstellung von Ferienplätzen des FDGB zur Sicherung des Familienurlaubs. In diesem Zusammenhang fordern wir energisch die Veränderung der Schulferienregelung, damit für die Familienerholung ein größerer Freiraum entsteht. Grundsätzliche Verbesserungen werden erwartet in der Bereitstellung von Kuren. Der Bedarf vor allem an Herz-Kreislaufkuren und Kuren des Stütz- und Bewegungsapparates kann nicht gedeckt werden. Unzureichende Arbeits- und Lebensbedingungen, vor allem körperlich schwere Arbeit über viele Jahre, stehen als Ursache für diesen Bedarf. Für die Seeleute ist zu prüfen, ob Kuren mit Ehepartner bereitgestellt werden können.
Mehr Hilfe
19. Wir halten es für dringend erforderlich, solche Anliegen und Probleme, wie:
- Teilzeitbeschäftigung von Frauen und hier insbesondere im höheren Lebensalter und bei kinderreichen Familien
- Unterstützung alleinstehender Werktätiger mit Kindern
- Hausarbeitstag für alleinstehende Männer gründlich zu prüfen und einer Lösung zuzuführen.
Soli-Objekte
20. Wir unterstützen die Forderung unserer Mitglieder, Solidaritätsspenden nicht mehr pauschal, sondern aus einem konkreten Anlass heraus zu leisten und diese Mittel vollständig dem Solidaritätsfond zuzuführen. Der Rücklauf der Solidaritätsgelder ist endgültig abzuschaffen.
Nach Urwahl
21. Wir unterstützen die Forderung unserer Mitglieder, zur Durchführung von Neuwahlen von der Gewerkschaftsgruppe bis zu BGL nach dem Prinzip der Urwahl. Dabei ist zu gewährleisten, dass die Zahl der zu wählenden Funktionäre durch die Vertrauensleutevollversammlung in eigener Verantwortung beschlossen wird. Wir unterstützen daher den Vorschlag, zur Erarbeitung einer neuen Satzung und einer neuen Wahlordnung.
Wir hoffen, dass wir mit diesem Paket an Vorschlägen und Hinweisen aber auch eindeutigen Forderungen dazu beitragen, die jahrelang angestauten Probleme erneut auf die Tagesordnung zu setzen, damit ihre endgültige Lösung Schritt für Schritt in Angriff genommen wird und die Gewerkschaft sich als Interessenvertreter der Werktätigen wieder beweisen kann.
Beraten und zugestimmt auf der Vertrauensleutevollversammlung am 13. November 1989.
G(...), BGL-Vorsitzender
Alle für einen (Brief)
Einige Randnotizen zur nebenstehenden Gewerkschaftspost
Außerordentliche Vertrauensleutevollversammlung, schon auf den ersten Blick auffallend gegen den üblichen Strich. Im Speisesaal keine nach strengem Bestuhlungsreglement verordnete Grenze zwischen Menge und Präsidium. Man saß, wo man wollte. Mittendrin ein Mikro - das niemand nutzte. Verständigung in diesem Kreis bedurfte keiner Verstärkung. Und so sprachen dann auch viele Kollegen zur Sache, darunter einige, die der Redakteur in 13 Dienstjahren nur schweigen oder nicken sah.
Die X. Tagung des FDGB hatte Vorschläge von der Gewerkschaftsbasis eingefordert. Hinweise und Forderungen aus den Bereichen verdichtete die BGL zum Entwurf eines Briefes an den Bundesvorstand. Über den es nun in der Vertrauensleute-Runde zu reden galt.
Hier Ausschnitte aus der Meinungsbildung, die schließlich Punkt für Punkt zur Formulierung des nebenstehenden Briefes führte:
Einleitung - Einwurf von Vertrauensleuten: nicht nur Rücktritt der für. die Krise Verantwortlichen, sondern zugleich Rechenschaft vor dem Volke und gegebenenfalls Bestrafung.
Punkt 1 - Forderung nach Einarbeitung neuer Überlegungen zur Versteuerung von Lohn und Gehalt.
Punkt 2 - sah im Entwurf eine zusätzliche leistungsabhängige Entlohnung zunächst für die Flotte vor. Die Vertrauensleutevollversammlung einigte sich auf die Formulierung: für alle Werktätigen.
Punkt 3 - verlangt wurde eine konkretere Erläuterung, die exakt kennzeichnet, was unter einer einheitlichen Jahresendprämie zu verstehen ist.
Punkt 4 - Als es um erforderliche Leistungsbedingungen ging, kam der Hinweis, die Materialbilanzen nicht zu vergessen.
Punkt 6 - brachte zum Teil heftigen Meinungsstreit ein. Anfangs sah der Entwurf die Übergangs-Teilrente nur für Flottenangehörige vor, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem aktiven See-Einsatz ausscheiden müssen. Aus der Werkstatt kam der berechtigte Einwand, dass auch Kollegen dieses Bereiches aufgrund schwerer Arbeitsbedingungen in die Lage kommen könnten, vor der eigentlichen Rente auf einen leichteren, aber minderbezahlten Arbeitsplatz versetzt zu werden. Die endgültige Brief-Fassung berücksichtigt diese Tatsache.
Punkt 7 - Beseitigung ungerechtfertigter Unterschiede in der Gewährleistung von Urlaub. In diesem Zusammenhang drehte sich die Debatte um die Frage: 40-Stunden-Arbeitswoche oder generell mehr Grundurlaub. Die Vertrauensleutevollversammlung einigte sich auf die zweite Variante.
Punkt 8 - demonstrierte mit großer Deutlichkeit die Dünnhäutigkeit aller Anwesenden gegenüber allen Formen des Schmarotzertums und seinen Vertretern, die nach einhelliger Auffassung des Gremiums bisher vom geltenden Arbeitsgesetzbuch allzu sanft behandelt wurden. Gerade in diesem Punkt eskalierten die Forderungen, die von der gesetzlich verfügten Arbeitsplatzbindung bis zur Ausgrenzung der betreffenden Personen innerhalb der Gesellschaft reichte, wobei letzten Endes die Diskussion bis in die unmittelbare Nähe einer bewusst in Kauf genommenen Arbeitslosigkeit führte. Allein der Hinweis auf sich schon wieder abzeichnende Gängelei brachte der Debatte Sachlichkeit zurück.
Punkt 13 - brachte die Frage: Titelkampf vom Ballast befreien oder ganz wegfallen zu lassen. Allgemeine Meinung: gänzlich aufheben!
Punkt 14 - Kontroverse Meinungen. Die einen wollten den Wettbewerb insgesamt beseitigt sehen, andere forderten, ihn - kennziffernbereinigt - zumindest in der Produktion zu erhalten. Die Einigung stellt einen Kompromiss dar.
Punkt 19 - des Entwurfes plädierte zunächst nur für Teilzeitbeschäftigungen für Frauen, die älter sind. Der Brief erweiterte dann nach Einwänden den betreffenden Personenkreis. Ein sicherlich gut gemeinter Vorschlag, gerade kinderreichen Familien über eine enge Zusammenarbeit zwischen BGL und Bank Kredite großzügiger zu vergeben, wurde verworfen. Abgesehen davon, dass eine direkte Linie - Werktätiger, gesellschaftliche Organisation - staatliche Ebene außerhalb des Betriebes juristisch kaum machbar gewesen wäre, hätte man mit dieser Verfahrensweise auf jeden Fall die BGL zum Scharfrichter der sozialen Belange einzelner Gewerkschafter erhoben. Und das eben wurde abgelehnt: Das Beispiel zeigt eine verbreitete Allergie gegen Gängeleien.
Es kam auch die Anregung, kirchliche Feiertage wie Himmelfahrt (!) wieder einzuführen. Begründung: es gäbe doch auch wieder eine christliche Jugendorganisation. Und die hätte ein Recht darauf. Ausgerechnet ein alter, eingeschworener Atheist brachte dieses Argument faktisch von hinten durch die kalte Küche. Und der Saal griente Gleichviel - der Vorschlag wurde aufgegriffen.
Punkt für Punkt sammelte BGL-Vorsitzender W(...) G(...) demokratisches Mitspracherecht ein. Diese Versammlung, frei von Frustentladungen, dafür randvoll sachlicher Mitarbeit, setzte Zeichen für künftige. Und war möglicherweise der eigentliche Beginn einer Umgestaltung der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit. Fortsetzung folgt gewiss.
aus: Fischfang, 23, 7. Dezember 1989, 40. Jahrgang, Organ der Parteileitungen der SED - VEB Fischfang und VEB Fischwerk Saßnitz
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