Mit HARTWIG BUGIEL, Vorsitzender der IG Metall der DDR, sprach Sigrid Werner

Welche Basis für gemeinsame IG?

Am Dienstag verhandelten die Vorsitzenden der IG Metall der BRD and der DDR über eine einheitliche Interessenvertretung der Beschäftigten der Metallwirtschaft. Was waren die wichtigsten Ergebnisse?

Wir stimmten in wesentlichen Grundfragen überein. Beide Gewerkschaften unterstützen den Vereinigungsprozess von DDR und BRD, sind aber der Meinung, dass er nicht in rasender Schnelle, sondern wohlbedacht erfolgen muss. Wirtschafts- und Währungsunion sollten parallel realisiert werden, wobei die Wirtschaftsreform Vorrang genießt. Starke, unabhängige, freie und geeinte Gewerkschaften sind für die Bewahrung von sozialer Sicherheit in diesem Prozess unabdingbar. Da das Kapitel sehr rege ist, viele Verträge kurz vor dem Abschluss stehen, kommt es jetzt darauf an, schnell zu reagieren, um einen Sozialabbau durch Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu verhindern.

Gesamtdeutsche Gewerkschaften - sind sie denkbar auf dem Niveau, der Mitbestimmung der Gewerkschaften in der DDR oder in der BRD?

Ausgangspunkt ist, dass wir uns als gleichberechtigte Partner verstehen. Niemand ist des anderen Vormund. Die IG Metall der BRD hat nützliche Erfahrungen aus Tarif- und Arbeitskämpfen einzubringen, wir aus der Gewerkschaftsarbeit in den Betrieben. Hier wird gegenwärtig von Seiten der Unternehmer der härteste Schlag gegen uns geführt. Wir sind für den Erhalt der Rechte unserer Betriebsgewerkschaftsleitungen bzw. wollen diese Rechte in ein künftiges Betriebsverfassungsgesetz einbringen. Ein Kopieren der Rechte der BRD-Betriebsräte kommt für uns nicht in Frage: Deshalb sehen wir auch die Annahme des Gewerkschaftsgesetzes unter unseren Bedingungen als sehr wichtig an. Ein Aussperrungsverbot, wie es im Entwurf zur Verfassungsänderung vorgesehen ist, wäre für beide eine große Errungenschaft.

Welche Aufgaben haben die Büros der IG Metall der BRD in acht Städten der DDR?

Sie sollen den Reformprozess in unserer Gewerkschaft unterstützen und die angestrebte einheitliche Interessenvertretung durchsetzen helfen. Wir wollen ihre Erfahrungen analysieren und für unsere Bedingungen nutzbar machen, das geht hin bis zu gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen, wenn Verhandlungen von Betriebsleitungen hinter dem Rücken von Belegschaften geführt werden.

Neues Deutschland, Sozialistische Tageszeitung, 45. Jahrgang, Ausgabe 52, 02.03.1990. Die Redaktion wurde 1956 und 1986 mit dem Karl-Marx-Orden und 1971 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.