Viele Überstunden bei Post, Bahn und Verkehr
IG TRANSPORT- UND NACHRICHTENWESEN: Im Zuge der Veränderungen in den Wirtschaftsmechanismen halten wir eine neue Einordnung des Transport- und Nachrichtenwesens für erforderlich.
Unter dem Gesichtspunkt der zu erhöhenden Kompetenz und Selbständigkeit der Industriegewerkschaften erneuern wir unsere Forderungen zur materiellen Anerkennung der überdurchschnittlichen Belastungen und Leistungen der Kollegen und Kolleginnen in Schwerpunktberufsgruppen des Transport- und Nachrichtenwesens und dringen auf schnelle Entscheidungen.
Gegenwärtig können die gesellschaftlich notwendigen Leistungen im Verkehrswesen, besonders im öffentlichen Kraft- und Nahverkehr sowie bei der Deutschen Reichsbahn, ausschließlich durch die Planung von Überstunden personell gesichert werden. Das wird auch in den nächsten Jahren nicht sofort zu verändern sein. Dies fand Jedoch bisher in der Planung des Lohnfonds keine Berücksichtigung. Das ist ein Verstoß gegen das Leistungsprinzip. Wir fordern deshalb von der Staatlichen Plankommission, entweder der Planung den tatsächlichen technologischen Bedarf an Arbeitskräften zugrunde zu legen und so den Lohnfonds zu planen oder diese gesellschaftlich notwendigen Überstunden bei der Planung des Lohnfonds zu berücksichtigen, zumindest jedoch zu 50 Prozent. Nur unter solchen Voraussetzungen können die hohen Überstundenbelastungen der Kraftfahrer auch als echte Mehrleistung materiell anerkannt werden. Ungeachtet dessen werden wir weiter energisch dafür eintreten, die gesellschaftlich bedingten Überstunden zu minimieren. Vorschläge dazu gibt es seit vorigem Jahr in einem Standpunkt des Sekretariats.
Wir dringen weiter auf kurzfristige Lösungen zur Neuregelung der Vergütung der Wohnungsarbeitsbereitschaft im örtlich geleiteten Verkehrswesen so wie zur einheitlichen Gestaltung der Erschwerniszuschläge im Post- und Fernmeldewesen, deren Höhe bisher in Abhängigkeit von Lohn- und Gehaltsgruppen gewährt wurde, und zur Neuregelung der Pauschalvergütung für freiwillige Arbeitsleistung außerhalb der Arbeitszeit, besonders bei der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post.
Außerdem fordern wir von der Regierung und vorn FDGB-Bundesvorstand, dass die Weiterführung der Produktivlöhne für alle Betriebe unserer IG bis zum Jahr 1992 abgeschlossen ist.
Im Wissen, dass unsere berechtigten Forderungen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen nicht immer und überall sofort zum Erfolg führen können, halten wir es dringend für erforderlich eine Rang- und Reihenfolge nach kurz, mittel- und langfristig zu lösenden Aufgaben aufzustellen. Sie sollte, beginnend bei den Betrieben, Dienststellen und Ämtern, den Kombinaten, Bezirksdirektionen der Deutschen Post und den Reichsbahndirektionen bis hin zu den Ministerien, von den zuständigen staatlichen Leitern konkret bearbeitet werden. Die Aufgabe unserer gewerkschaftlichen Leitungen besteht darin, diese auf der Grundlage der Vorschläge, Hinweise und Kritiken der Beschäftigten zu bestätigen, zu kontrollieren und öffentlich Rechenschaft über die Realisierung zu fordern. Unsere gewerkschaftliche Verantwortung sehen wir darin, immer mehr durchzusetzen, dass Vernachlässigung sozialer Aufgaben die gleichen Konsequenzen nach sich zieht wie Nichterfüllung ökonomischer Kennziffern.
Tribüne, Mi. 08.11.1989