Frauen fordern Rechte ein

Aus dem Aktionsprogramm der Frauen in Industriegewerkschaften und Gewerkschaften

Die Frauen in den Industriegewerkschaften und Gewerkschaften fordern in einem Aktionsprogramm den Schutz ihrer Interessen und Rechte und die Gleichstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Der Staatsvertrag sichere das nicht, sondern bleibe weit hinter der Regierungserklärung zurück. Damit die deutsch-deutsche Vereinigung nicht mit sozialem Abstieg im Osten und sozialen Verlusten im Westen bezahlt wird, wird gefordert:

• Die Beibehaltung des verfassungsmäf3lg garantierten Rechts auf Arbeit als grundlegendes Menschenrecht und Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit von Frauen.

• Gleiche und bessere Berufswahl-, Ausbildungs- und Aufstiegschancen für Frau und Mann durch Quotierung.

• Eine humane und demokratische Gestaltung des Arbeitslebens, vor allem durch eine umfassende Lohn-, Tarifreform, welche die Unterbezahlung der Frauen beseitigt.

• Höherbewertung und -bezahlung frauentypischer Berufe.

• Qualifikationsgerechter Einsatz und Aufstiegschancen; Frauen dürfen nicht in niedrig qualifizierte Bereiche abgedrängt werden.

• Frauen- und familienbezogene Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

• Sozialpläne für die Absicherung bei Umstrukturierung, Freisetzungen und Betriebsbankrott.

• Ein staatlich und kommunal subventioniertes Netz von Einrichtungen der Kinderbetreuung, die unabhängig von der Eigentumsform aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren sind. Die Beiträge der Eltern sind in Abhängigkeit von ihren Einkommen sozial verträglich zu staffeln.

• Einen Rechtsanspruch für jedes Kind auf Betreuung in Krippen, Kindergärten und Horten, unabhängig von der sozialen Situation der Erziehungsberechtigten.

• Schulhorte, -speisung, Ferienlager und alternative Freizeitangebote für alle Altersgruppen aus öffentlichen Mitteln zu subventionieren.

• Gesetzlich geregelten Mutterschutz einschließlich Kündigungsschutz und bezahlte Freistellungen für die Pflege erkrankter Kinder.

• Erziehungs- und Kindergelder, gestaffelt nach der Anzahl der Kinder sowie der Einkommenslage der Eltern und stets angepasst an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten.

• Erhalt des Hausarbeitstages für eine Übergangszeit bis zur Angleichung an die durchschnittliche Arbeitszeit der BRD und bis zum Ausbau eines leistungsfähigen Dienstleistungsnetzes.

• Das Grundrecht auf Wohnen ist verfassungsrechtlich zusichern und eine Mietreform nach sozialen Gesichtspunkten durchzuführen.

• Gestaltung eines progressiven Rentenrechts, das die fortschrittlichen Regelungen beider Länder aufnimmt.

• Erhalt der Altersgrenze von 60 Jahren bei Frauen.

• Das Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft, auf kostenlose Beratungsangebote, Verhütung und auf kostenlosen Schwangerschaftsabbruch: Beibehaltung der Fristenlösung, grundsätzliche Ablehnung des § 218.

Die Frauen werden ihr Recht auf Information, Mitsprache und Mitbestimmung ernst- und wahrnehmen. Sie wollen ein Netz gewerkschaftlicher Frauenvertretungen aufbauen und in Betriebs- und Personalräten, Ausschüssen und Vorständen entsprechend ihrem Anteil vertreten sein. Sie haben vor, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Frauenförderungsmaßnahmen zu initiieren, zu fordern und mitzugestalten. Sie werden auf Berichterstattung, Kontrolle und neuen Zielen für die Frauenarbeit und -förderung bestehen. Für die Sicherung ihrer Rechte sind die Frauen zu Aktionen bereit.

Tribüne, Fr. 22.06.1990

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