ND sprach mit Innenminister Dr. P.-M. Diestel

Personenschutz verschärft?

Herr Minister, das Attentat auf Oskar Lafontaine hat in unserem Land viele Bürger sehr betroffen gemacht . . .

Das Attentat hat auch mich schwer erschüttert. Ich habe sofort, als ich davon hörte, ein Telegramm an ihn und seine Angehörigen gesandt.

Ist dieser Mordanschlag dem Innenminister Anlass für neue Überlegungen, zum Beispiel die Sicherheit der Regierung betreffend?

Schutzmaßnahmen für diejenigen, die Politik an vorderster Stelle betreiben, erachte ich als ganz wichtig. Aber ich mache Ihnen gegenüber kein Geheimnis daraus: Bei meinen Kabinettskollegen herrscht darüber noch eine sehr zwiespältige Meinung.

Geht es um verschärften Personenschutz wie in "alten Zeiten" bei Politbüromitgliedern?

Nicht direkt. Aber wir werden die Probleme überdenken müssen. Ich habe mich zwar selbst schützen können, jetzt habe ich Leute bei mir, die das tun.

Ist das nun eher ein Privileg oder eine Belastung?

Eine echte Belastung in der persönlichen Sphäre. Ich würde gern abends allein ins Theater oder Konzert gehen. Das geht nicht mehr. Und in gepanzerten Limousinen zu fahren entspricht nicht meiner Bedürftigkeit nach Status.

Man sagt, Sie werden von ehemaligen MfS-Mitarbeitern geschützt?

Das ist richtig, es sind Herrschaften aus dem ehemaligen MfS. Die Männer erfüllten auch damals diese an sich polizeiliche Aufgabe. Es sind Fachleute, und sie widmen sich jenen Aufgaben recht aufopferungsvoll.

RAINER BEKESCHUS

aus: Neues Deutschland, 45. Jahrgang, Ausgabe 98, 27.04.1990. Die Redaktion wurde 1956 und 1986 mit dem Karl-Marx-Orden und 1971 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.