Was will die DSU?

Mit großer Mehrheit wurde am Sonnabend auf dem ersten Landesparteitag der "Deutschen Sozialen Union" Stephan Sabottka zum Landesvorsitzenden der DSU in Berlin gewählt. Im Anschluss hatten wir Gelegenheit, einige Fragen an ihn zu richten.

In vielen Diskussionen steht derzeit die Sorge um soziale Not besonders im Mittelpunkt der Überlegungen für Zukunftskonzepte. Was will die DSU dem entgegensetzen?

Wir sehen die soziale Not nicht so krass, wie sie immer wieder von anderen (vor allem linken) Gruppen gezeichnet wird. Wir sehen eher größere Chancen in der sozialen Marktwirtschaft auch für den sozialen Wohlstand in der DDR.

Gibt es da konkrete Programme, die für auftretende Arbeitslosigkeit oder die Folgen einer Währungsunion von Ihrer Seite erarbeitet werden?

Es wird natürlich alles erarbeitet. Wir sind jetzt fast in der heißen Phase des Wahlkampfes, da müssen wir uns damit auseinandersetzen. Jetzt schon komplette Wirtschaftsprogramme vorzulegen, wäre sicherlich verfrüht, dazu sind wir in diesen Tagen noch nicht in der Lage. Die Währungsunion ist einer der wichtigsten Schritte auf dem Wege zur deutschen Einheit, weil viele Leute sagen: Wir wollen endlich hartes Geld sehen für die 40 Jahre, die man uns betrogen hat.

Im Publikum sind die Frauen erdrückender Minderheit. Bedeutet konservative Politik auch Bewahren überlieferter Geschlechterbeziehungen?

Das ganz bestimmt nicht. Es ist in der Bundesrepublik ähnlich, dass Frauen nicht so stark vertreten sind wie Männer. Das liegt vielleicht daran, dass sich Frauen nicht so heimisch fühlen in konservativer Politik. Das ist aber falsch, wir wollen mit Frauen zusammenarbeiten.

Frauen haben ihren Platz in konservativer Politik. Wir sind sehr an Frauen interessiert, die sich einbringen. Nichts hegt uns ferner, als Frauen auszugrenzen. Wir werden aber mit Sicherheit keine Quotenregelung einführen, denn über Ämter kann nur die Kompetenz entscheiden. Wenn eine Frau genauso qualifiziert ist wie ein Mann, dann muss eben der Wähler entscheiden.

Gibt es konkrete Vorhaben für Berlin in nächster Zeit?

Herr Diepgen sprach das in seinem Referat an. Wir haben einen gemeinsamen Ausschuss gebildet in der "Allianz für Berlin", der am Montag zum ersten Mal zusammenkommt und über Fragen des Verkehrs und der Müllbeseitigung berät. Wir können ja nur Empfehlungen geben, da wir nicht über die Regierung verfügen, wir machen zusammen - CDU-Ost und -West, DA und DSU - einen Vorschlag, gemeinsam für Berlin.

Wolfgang Schnur vom Demokratischen Aufbruch sieht sich ja, wie man las, schon als neuer Ministerpräsident. Wie stehen sie als Allianz-Partner dazu?

Wir haben in der "Allianz für Deutschland" bislang keinen Spitzenkandidaten nominiert. Jeder hat einen Spitzenkandidaten vorgeschlagen, da noch keine gemeinsame Liste beschlossen wurde, kann es auch noch keinen gemeinsamen Spitzenkandidaten geben.

Gibt es genaue Angaben über die Stärke des Berliner Landesverbandes der DSU?

Wir rechnen augenblicklich mit zwei- bis dreihundert Leuten, die Mitglieder sind, haben aber eine weitaus größere Zahl von Menschen, die Mitarbeit wollen, die uns unterstützen, ohne Mitglied zu sein. Ich verstehe das. Es gibt aus der Geschichte heraus eine große Antipathie gegen Parteien an sich.

rasch

aus: Neue Zeit, Ausgabe 39, 15.02.1990, 46. Jahrgang, Zeitung für Deutschland - Christlich, Demokratisch, Sozial


[Stephan Sabottka erklärte am 03.04.1990 seinen Austritt aus der DSU und seine Absicht in die West-CDU einzutreten.]

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