1. außerordentlicher DSU-Landesparteitag

Der erste Landesparteitag der DSU in Thüringen fand im Ohrdrufer "Löwen" statt. Im einleitenden Grundsatzreferat analysierte der geschäftsführende Vorsitzende Dr. Paul Latussek den Stand der Gesellschaft vor allem im Thüringer Raum sowie den Organisationsstand der DSU. Danach existieren bereits 5 Wochen nach Gründung der DSU in jedem Kreis Thüringens ein Kreisverband und in vielen Städten und Gemeinden bereits Ortsverbände. Er gab einen Ausblick in die Zukunft für den Fall eines Wahlsieges der "Allianz für Deutschland", in der die DSU als von der Vergangenheit unbelastete Partei eine entscheidende Rolle spielen wird.

Wir wollen die schnellstmögliche Einführung der sozialen Marktwirtschaft, führte er aus, wobei als unabdingbare Voraussetzungen

- Herstellung wirklicher Gewerbefreiheit

- uneingeschränktes Bekenntnis zum Privateigentum

- Investitionsfreiheit

- Steuer- und Preisreform

- Sozialreform

gestellt werden müssen, damit die soziale Marktwirtschaft überhaupt greifen kann. Dabei ist die Einführung einer Währungsunion mit der Bundesrepublik ein erster Schritt, der aber ohne die oben angeführten Reformen verpuffen muss. Ferner bekannte sich Dr. Latussek uneingeschränkt zur Einheit Deutschlands und zur baldigen Verwaltungsreform mit Einführung oder Wiederherstellung der Länderstruktur auf unserem Territorium. Unter dem Beifall der Delegierten schloss er mit dem Wahlkampfslogan der DSU "Freiheit statt Sozialismus!"

In der sich anschließenden Diskussion nahm die Frage der Mitgliedschaft ehemaliger SED-Genossen in der DSU einen breiten Raum ein. Es wurde der Beschluss gefasst, dass im Thüringer Raten bis zum ersten ordentlichen Parteitag der DSU im Sommer 1990 keine ehemaligen SED-Mitglieder aufgenommen werden und für bereits eingetragene Mitglieder in der DSU, die vormals in der SED waren, die Mitgliedschaft ruht, dabei zählt als Stichtag für Mitgliedschaft in der SED der 7. Oktober 1889. Damit können ehemalige SED-Mitglieder bis zum nächsten Landesparteitag weder Wahlfunktionen übernehmen noch Mandatsträger der DSU sein. Anlass zu dieser Entscheidung gab u.a. du Verhalten von Herrn Dr. Reisenweber aus Sonneberg, der noch im Januar 1990 sein Mitgliedsbuch der SED nicht abgegeben hatte, sich jedoch zum Vorsitzenden des Kreisverbandes Sonneberg der DSU wählen ließ.

Der wichtigste Tagesordnungspunkt war die geheime Wahl der Kandidaten für die Volkskammer in den Wahlkreisen Suhl, Erfurt und Gera sowie die Wahl der von der DSU in die Wahlkommissionen der Kreise zu entsendenden Vertrauenspersonen.

Durch Akklamation wurde der neue Landesvorstand der DSU Thüringen gewählt, alter und neuer Vorsitzender ist Dr. Paul Latussek, Landesgeschäftsführer Dr. Jens Goebel.

Der Parteitag schloss mit einer Wahlkampfrede des Spitzenkandidaten der DSU Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Walther, der auch an der Spitze der Kreisliste Suhl steht.

Dr. Goebel

aus: Freies Wort, Nr. 57, 08.03.1990, 39. Jahrgang, Unabhängige Tageszeitung für Südthüringen