Basisdemokratisches Wirken vor allem in den Kommunen

Neuer Tag sprach mit Peter Bartoschek vom Initiativkreis Eisenhüttenstadt

Würden Sie bitte Demokratie Jetzt etwas näher vorstellen?

Demokratie Jetzt ist eine Bürgerbewegung, als deren Geburtstag der 12. September 1989 gilt. Damals wurde der Aufruf zur Einmischung in eigener Sache/Thesen für eine demokratische Umgestaltung veröffentlicht. Die leitende Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Berlin. Geplant sind Landes- und Regionalausschüsse. Wir in Eisenhüttenstadt verstehen uns als Initiativkreis und streben die Bildung einer echten Basisgruppe an. Nach meinem Kenntnisstand gibt es ähnliche Bemühungen in Seelow, Fürstenwalde und Schwedt. Hinzufügen möchte ich noch, dass zwei Möglichkeiten bestehen, sich bei Demokratie Jetzt einzubringen: die freie Mitarbeit und die Mitgliedschaft. Im Rahmen dieser politischen Vereinigung wollen wir vor allem basisdemokratisch auf unterster Ebene, das heißt in den Kommunen arbeiten.

Von welchem programmatischen Ansatz wird dabei ausgegangen?

Entsprechend unseren Programmaussagen, die auf der 1. Vertreterkonferenz im Januar in Berlin bestätigt wurden, ist das Ziel von Demokratie Jetzt ein demokratischer Rechtsstaat, der nicht nur in die üblichen drei Gewalten - Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung - geteilt ist, sondern durch eine vierte Gewalt, die demokratische Öffentlichkeit, kontrolliert und kritisch begleitet wird.

Wie steht Ihre Bewegung zu Währungs- und Wirtschaftsunion?

Wir sind für eine Währungs- und Wirtschaftsunion, aber über einen vernünftigen Weg, der soziale Härten weitgehend ausschließt. Wir wollen mit allen reformwilligen Kräften in beiden deutschen Staaten die Einheit gestalten, gegründet auf eine Solidargemeinschaft. Ich meine, nicht nur in der DDR muss sich künftig vieles ändern, sondern auch in der BRD.

Demokratie Jetzt ist mit dem Neuen Forum und der Initiative für Frieden und Menschenrechte ein Bündnis 90 eingegangen. Was sind die Beweggründe hierfür?

In Eisenhüttenstadt wirken wir mit dem Neuen Forum zusammen, die Initiative für Frieden und Menschenrechte ist bei uns nicht vertreten. Ich denke schon, dass dieses Bündnis von Bürgerbewegungen, die nicht wenige Berührungspunkte haben, notwendig ist, um bei den Volkskammer- und Kommunalwahlen zu bestehen.

Warum haben Vertreter von Demokratie Jetzt nicht am bezirklichen Runden Tisch Platz genommen?

Sicher nicht, weil wir dieses wichtige bezirkliche Gremium unterschätzen. Aber wir sind personell ganz einfach überfordert, konnten aus diesem Grund auch in Eisenhüttenstadt kein Büro übernehmen, das man uns angeboten hatte. Im Gegensatz zu den etablierten Parteien verfügen wir über keine hauptamtlichen Mitarbeiter.

Das wird uns jedoch nicht davon abhalten, insbesondere für die sozialen Belange der Bürger zu wirken. Ein Vertreter von Demokratie Jetzt arbeitet zum Beispiel seit kurzem in Eisenhüttenstadt als ehrenamtlicher Stadtrat. Herr Pikos ist Sozialfürsorger und mit der Problematik der sogenannten Randgruppen sehr gut vertraut. Wir unterstützen seine Kandidatur bei den Kommunalwahlen.

Teilen Sie den Eindruck, dass die Bürgerbewegungen, die maßgeblich zur Wende beigetragen haben, nun an politischer Bedeutung verlieren könnten?

Ich sehe diese Gefahr und stelle fest, dass in Eisenhüttenstadt das Interesse an den Bürgerbewegungen nachgelassen hat. Das liegt sicher zum Teil auch an einer mangelnden Identifikation der Eisenhüttenstädter mit ihrem Wohnort.

Mit Dr. Wolfgang Ullmann und Konrad Weiß besitzt Demokrat Jetzt markante Persönlichkeiten die einer breiten Öffentlichkeit durchaus bekannt sein dürften. Aber reicht das aus, um im Wahlkampf zu bestehen?

Wir haben bislang aktiv über die Ziele von Demokratie Jetzt informiert und dafür unter anderem Foren organisiert. Am 14. März wird Dr. Michael Bartoszek, Sprecher im Landesausschuss, nach Eisenhüttenstadt kommen und interessierten Bürgern Rede und Antwort stehen.

Ich persönlich halte nichts von einem spektakulären Wahlkampf, den zudem bundesdeutsche Politprominenz zur eigenen Selbstdarstellung nutzt. Für mich sind Argumente wichtig und kein verbaler Schlagabtausch.

Es fragte Uwe Krüger

aus: Neuer Tag, Nr. 55, 06.03.1990, 39. Jahrgang, Herausgeber: Verlag Neuer Tag

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