Im konstruktiven Dialog für Kontinuität und Erneuerung

Brief des Vorsitzenden der DBD, Kollegen Günther Maleuda, an alle Parteimitglieder

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Tage der Würdigung des Gründungsjubiläums unserer Deutschen Demokratischen Republik als gesellschaftlicher Höhepunkt im Leben unseres Landes liegen hinter uns. Wir haben sie mit guten Freunden aus aller Welt begangen und daraus Kraft geschöpft, um entschlossen die Aufgaben in Angriff zu nehmen, die uns das Leben stellt.

Das Präsidium des Parteivorstandes hat die Ergebnisse unseres politischen Wirkens eingeschätzt und allen Kolleginnen und Kollegen, voran den 38 000 Mitgliedern in den Vorständen, die verantwortungsbewusst und initiativreich für Sozialismus und Frieden, für das Wohl des Volkes arbeiten, den herzlichsten Dank ausgesprochen.

In den vergangenen Wochen haben nach der 8. Tagung unseres Parteivorstandes die nahezu 7 000 Orts- und Wohnbezirksgruppen in Mitgliederversammlungen Bilanz gezogen, wie unsere Partei in 40 Jahren DDR dazu beigetragen hat, unser sozialistisches Zuhause auf den festen Fundamenten der Macht der Arbeiter und Bauern immer schöner und wohnlicher zu gestalten.

Wir alle können mit Recht stolz auf das gemeinsam Geschaffene sein. Doch diese Freude trübt nicht unseren Blick davor, dass auf dem Weg zu jenen Zielen, Werten und Idealen, für die unsere Partei seit ihrer Gründung wirkt, noch viel zu tun ist.

Dem Parteivorstand und mir persönlich sind in den letzten Tagen Briefe, Stellungnahmen und Meinungen von Mitgliedern der Partei zum Alltag des politischen Lebens in unserem Lande zugegangen. Treue zu unserer Partei und zu unserem Staat werden bekundet. Fragen gestellt, kritische Hinweise gegeben, Sorgen und Erwartungen geäußert. Es werden offene und ehrliche Standpunkte dargelegt, sachliche Meinungen übermittelt, die sich mit dem Sozialismus identifizieren, und Vorschläge unterbreitet, wie unsere Partei und jedes ihrer Mitglieder dazu beitragen kann, diesen unseren Sozialismus noch besser zu machen. Probleme, die unsere Kolleginnen und Kollegen in den Dörfern ebenso bewegen, wie uns in Berlin, werden angesprochen.

Vieles ist überlegenswert, es muss darüber diskutiert und auch gestritten werden. Dazu gehören Fragen zur Weiterführung der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik entsprechend den herangereiften Bedingungen, zu größerer ökonomischer Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Betriebes, zur konsequenteren Durchsetzung des Leistungsprinzips, zur besseren Versorgung des Dorfes mit Waren des täglichen Bedarfs sowie der Landwirtschaft mit Ersatzteilen und moderner Technik. Es geht um eine interessante, ideenreichere und lebendigere Arbeit von Presse, Funk und Fernsehen, darunter nicht zuletzt unseres eigenen Parteiorgans. Auch das Zusammenwirken der gesellschaftlichen Kräfte gehört dazu. Der Beitrag unseres Landes zur Sicherung des Friedens steht an vorderster Stelle.

Die Wortmeldungen beinhalten manches, das nicht von heute auf morgen zu lösen ist, anderes, was an Ort und Stelle mit der Kraft und Macht der gewählten Volksvertretung, den staats- und wirtschaftsleitenden Organen besser gelöst werden kann und muss. Die vielen konstruktiven Gedanken und Vorschläge der Mitglieder werden bei der Wahrnehmung der wachsenden Mitverantwortung unserer Partei eine gewichtige Rolle spielen.

Bei meinem kürzlichen Besuch in der LPG (P) "Thomas Müntzer" in Mühlhausen fand ich bestätigt, dass sich gute Arbeit, eine hohe Arbeitsmoral und -disziplin, die eigene Verantwortung der Leiter und Kollektive, ein wirksam funktionierendes Leistungsprinzip mit hohen Ergebnissen für den einzelnen, die Genossenschaft und die Volkswirtschaft auszahlen. Und so zeigt sich, dort, wo die sozialistische Demokratie gut funktioniert, wo Meinungen des einzelnen und der Betriebskollektive gefragt sind, gute Arbeit moralisch und materiell gewürdigt, Mängel und Versäumnisse offen angesprochen und beseitigt werden, wo jeder seiner Verantwortung gerecht wird, dort ist Ordnung, von der Produktion über das Angebot im Dorfkonsum bis hin zum geistig-kulturellen Leben und einer gesunden Umwelt.

Damit soll keineswegs verkannt werden, dass hier und da noch manches klemmt. Aber eines ist auch klar: Wer einen besseren Sozialismus will, der fühlt sich für ihn mitverantwortlich. Unsere Partei stand und steht immer auf der Seite derer, die Hürden nehmen und nicht auf der Seite jener, die Hindernisse errichten.

Was wir brauchen, sind Ruhe, Besonnenheit, Sachlichkeit und Ehrlichkeit und vor allem gute Arbeit. Niemand, der Kritik übt, es ehrlich mit dem Sozialismus in der DDR meint, wird bei uns „ausgegrenzt" oder in die „antisozialistische Ecke" gestellt. Unsere Partei war, ist und bleibt bei ihrem Standpunkt: Der Sozialismus ist für alle da, braucht alle, hat Platz für alle. Es lässt uns deshalb nicht gleichgültig, wenn Bürger, darunter auch einige wenige Mitglieder unserer Partei, ihre Heimat verlassen haben. Darüber werden wir weiter nachdenken.

Weder Hektik noch Aufgeregtheit sind dazu angetan, Widersprüche, die sich auf dem Wege der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der DDR ergeben, zu lösen. Auch Drohungen dieser oder jener Art helfen nicht voran. Kluge, schöpferische Gedanken, ein konstruktiver Dialog, eine sachkundige Information von unten nach oben und von oben nach unten sowie fleißige Hände sind gefragt. Dazu gehören vor allem Bürgernähe, Realitätssinn und Aufgeschlossenheit gegenüber den Mitmenschen durch alle gesellschaftlichen Kräfte. Achtung vor der Meinung anderer, Demokratie und Toleranz zwischen denen, die sachlich darüber streiten, wie wir unsere gemeinsame Sache besser machen können, müssen unser Alltagsleben bestimmen.

Mit aller Entschiedenheit verwahren wir uns gegen jegliche Einmischung führender Politiker der BRD. Ihr Ziel ist nicht die Verbesserung des Sozialismus, sondern seine Beseitigung. Wir brauchen auch keine "Empfehlungen" von jenen, die plötzlich ihr Herz für die Arbeit "der anderen Blockparteien" in der DDR entdeckt haben. Wohin sie zielen, wissen wir aus über vier Jahrzehnten harten Klassenkampfes. Doch an der Macht der Arbeiter und Bauern lassen wir nicht rütteln! Die DBD war, ist und bleibt ein allzeit zuverlässiger Bündnispartner der Partei der Arbeiterklasse.

Unsere Partei fordert von den Verantwortlichen der BRD, mit dem Medienspektakel Schluss zu machen, Pläne der Wiedervereinigung, Forderungen nach einem Deutschland in den Grenzen von 1937 sowie die sogenannte "Obhutspflicht für alle Deutschen" aufzugeben, Vernunft und Realismus walten zu lassen, damit die beiden deutschen Staaten gut nachbarlich leben können.

In kampfbetonter Zeit wende ich mich an Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Gewissheit, dass jedes Mitglied durch politische Standhaftigkeit, Treue zu unserer Sache, Ideenreichtum und Schöpferkraft einen noch wirksameren Beitrag für die weitere Ausgestaltung des Sozialismus in unserem sozialistischen Vaterland leistet. Aufgabe der Vorstände der Partei ist es jetzt, alle Mitglieder und vor allem die Jugendlichen in ein interessantes Parteileben einzubeziehen und ihre guten Initiativen zu fördern.

Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands wird im sozialistischen Parteienbündnis, im Demokratischen Block und in der Nationalen Front auch künftig ein zuverlässiger Partner sein und im Sinne der Erklärung des Politbüros des Zentralkomitees der SED aktiv mithelfen, den XII. Parteitag der SED mit eigenständigen Beiträgen vorzubereiten.

Mit sozialistischem Gruß
Günther Maleuda

Bauern-Echo, Organ der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands, Fr. 10.10.1989

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