Minister Eppelmann: Große Koalition nötig
Berlin (NZ/ADN). Der amtierende Vorsitzende des Demokratischen Aufbruchs und Minister ohne Geschäftsbereich, Rainer Eppelmann, gab ADN am Dienstag ein Interview:
Wie sieht der Vorsitzende des Demokratischen Aufbruchs angesichts der Koalitionsabsage der SPD an die DSU die Chancen für ein von der Allianz für Deutschland angestrebtes breites Regierungsbündnis?
Die SPD hat ja erfreulicherweise zumindest die Tür nicht ganz zugeschlagen, indem sie zu erkennen gegeben hat, dass sie mit allen Parteien zu Informationsgesprächen bereit ist. Das verstehe ich so, dass sie auch bereit ist, mit der Allianz Informationsgespräche zu führen, aber im Augenblick sich offensichtlich davor scheut, diesen Gesprächen den Charakter von Koalitionsgesprächen zu geben. Man wird genau hören müssen, was die SPD bewogen hat, so schnell sich so zu äußern. Wenn ich Äußerungen des Parteivorsitzenden Ibrahim Böhme aus den letzten Tagen vor der Wahl richtig verstanden habe, hätte er sich nach der sehr deutlichen Aussage von Lothar de Maizière, dass die Allianz zusammenbleiben wird, also auch eine Koalition mit der Allianz insgesamt vorstellen können. Man wird nach dem Sinneswandel fragen müssen. Vielleicht wird sich auch herausstellen, dass das ein stärkerer Wunsch der Bonner Baracke war. Mir würden jedenfalls ein paar Gründe dazu einfallen, warum die SPD in Bonn der Meinung ist, dass es besser wäre, wenn die SPD in der DDR in der Opposition wäre und nicht in der Koalition, wenn sie diese Koalition nicht führen kann. Das ist ja das, was sich verändert hat so vor den Wahlen. Aber ich hoffe immer noch, dass es uns gelingen wird, eine große Koalition der - ich sage das bewusst jetzt noch mal - der nationalen Verantwortung zusammenzubekommen, weil es genau darum geht. Und wir meinen auch, dass die anstehenden Prozesse in der DDR sich komplizierter gestalten werden, wenn wir eine starke Regierung haben, aber eine ebenfalls sehr starke Opposition und dann wahrscheinlich nicht immer der Parteienzank aus den Überlegungen herausgehalten werden kann. Für meinen Eindruck sollten wir immer noch versuchen, eine solche sehr große Koalition das wären ja dann über 70 Prozent zustande zubringen.
Könnten Sie sich trotz angestrebter Fraktionsgemeinschaft der Allianzparteien eine Trennung von der DSU vorstellen, um eine Koalition mit verfassungsändernder Mehrheit zu schaffen?
Zunächst kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen, das ist von allen Teilen der Allianz immer wieder deutlich gesagt worden. An der Stelle, glaube ich, können wir jetzt nicht dem Druck der SPD nachgeben. Das Entscheidende - und darum bin ich darüber auch ein bisschen traurig - ist: Wir hätten zumindest anfangen müssen, über Inhalte zu reden. Wenn die SPD dann festgestellt hätte, in diesem inhaltlichen Gespräch bezieht die DSU Positionen, die wir nicht mittragen können, dann hätte man das zur Kenntnis nehmen müssen.
In welcher Verantwortung Herr Minister Eppelmann, könnten Sie sich Ihre Mitarbeit in einer künftigen Regierung vorstellen?
Ich gehe mal davon aus, dass der Demokratische Aufbruch auch in der Regierung der Allianz in die Verantwortung hineingerufen werden wird. Über personelle Entscheidungen kann im Augenblick überhaupt noch nicht geredet werden, weil es die überhaupt noch nicht gegeben hat. Es wird, so wie es gegenwärtig aussieht, am späten Donnerstagnachmittag ein erstes Koalitionsgespräch geben. Sollte die SPD bei ihrer Weigerung bleiben, werden diese Gespräche sicher kürzer sein; aller Wahrscheinlichkeit nach unkomplizierter sein, als wenn sie dabei wäre. Das haben ja auch die letzten Fernsehauftritte vor den Wahlen bestätigt, dass es doch in inhaltlichen Bereichen sehr große Übereinstimmung zwischen Allianz und Bund Freier Demokraten gegeben hat.
aus: Neue Zeit, 46. Jahrgang, Ausgabe 68, 21.03.1990, Zeitung für Deutschland - Christlich, Demokratisch, Sozial