Sa. 16. Dezember 1989


In Plauen findet die inzwischen obligatorische Samstagsdemonstration statt.

Ein Runder Tisch etabliert sich in Finsterwalde.

Zum 1. Januar 1990 wird Andreas Thom vom BFC Dynamo zum Bundesligaclub Bayer Leverkusen wechseln. Das wurde auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt gegeben.

Zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Ungarn trifft Bundeskanzler Helmut Kohl in Budapest ein. Dort sagt er: "Der 10. September 1989, der Tag der Öffnung der ungarischen Grenze auch für die Deutschen aus der DDR, wird ein Markstein in der Geschichte unserer beiden Staaten und Völker bleiben. Ungarn hat damals den ersten Stein aus der Mauer geschlagen." Kohl sagte weitere Unterstützung zu. Schon bald soll die ungarische Wirtschaft mit über einer Milliarde ECU aus Brüssel gestützt werden, wovon die Bundesrepublik einen beachtlichen Anteil trägt. Den Reformprozess in Ungarn habe es schon allein deshalb zu stützen gegolten, weil ein Rückschlag dort auch weitreichende Folgen für die Reformbewegungen in den anderen Ostblockländern und damit auch in der DDR gehabt hätte, meinte Kohl. Es sei von Gott nicht festgeschrieben, dass die Deutschen in zwei Staaten leben sollten, sagte Miklos Németh einen Tag zuvor vor Journalisten.

In einem Gespräch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Miklos Németh sagt Bundeskanzler Helmut Kohl, in der DDR liegt der Geruch von Rache in der Luft. Dies ziele nicht nur auf die Spitze, sondern auch auf die lokale Ebene. Deshalb habe er soeben [15.12.1989] im DDR-Fernsehen [Aktuelle Kamera] zur Ruhe gemahnt. Er werde das am kommenden Dienstag in Dresden wieder tun, wo aus Anlass seines Besuchs wahrscheinlich über hunderttausend Leute zusammenströmen werden.

Er habe Hans Modrow empfohlen, die ungarischen Wirtschaftsreformgesetze abzuschreiben.

In der Perspektive des Jahres 2000 werde es zwar noch Waffen und Militär geben, diese werden aber an Wichtigkeit verlieren. Statt dessen werde der Stellenwert eines Landes an seiner Wirtschaft, Forschungskapazitäten, Infrastruktur, an seinem sozialen Klima gemessen.

Horst Teltschik schreibt in seinem Buch "329 Tage": "Überraschend äußerte er den Gedanken eines Moratoriums, das er möglicherweise der Sowjetunion im Hinblick auf die Wiedervereinigung anbieten müsse. Auf diesen überraschenden Gedanken sprach ich den Bundeskanzler spät abends noch einmal an. Er denke darüber schon seit längerem nach, sagte mir Kohl: wenn er mit Gorbatschow zusammentreffe, müsse er wahrscheinlich ein solches Angebot machen. Ich erinnerte ihn an ähnliche Überlegungen Adenauers, der während der Berlinkrise im Jahr 1960 darüber nachgedacht habe, ob er Chruschtschow für zehn Jahre ein Stillhalteabkommen in der deutschen Frage anbieten solle. In diese Richtung eines befristeten Stillhalteabkommens denke auch er, antwortete der Kanzler."

Sein Land sei an einer engeren Anbindung an die EG interessiert, so Ministerpräsidenten Miklos Németh. Nach der Verabschiedung des Haushaltes könnte auch das Beistandsabkommen mit dem IWF abgeschlossen werden. Németh bitte das Kontingent für ungarische Werkvertragsarbeitnehmer in der BRD zu erhöhen.

Der französische Präsidenten, François Mitterrand trifft auf der Karibikinsel St. Martin US-Präsidenten George Bush. Thema ist auch die Entwicklung in Europa und die Zukunft Deutschlands. François Mitterrand zeigt sich verärgert, dass der US-Botschafter in der BRD, Vernon Walters, davon gesprochen hat, die deutsche Einheit könne in nur fünf Jahren erreicht werden.

Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium empfiehlt das Zusammengehen beider deutschen Staaten unter einem politischen Dach.

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