Leipzig. Zu der schon traditionellen Montagsdemonstration auf dem Ring um das Leipziger Stadtzentrum vereinten sich gestern Abend über 200 000 Bürger. Zuvor hatte sich die riesige Menschenmenge zu einer fast zweistündigen Kundgebung auf dem Karl-Marx-Platz versammelt. Auf Transparenten und Spruchbändern dominierten Forderungen nach freien geheimen Wahlen und der Aufgabe des Führungsanspruchs der SED. Über Mikrofone wandten sich Vertreter von Parteien, Organisationen, verschiedenen Initiativgruppen sowie Werktätige aus Betrieben und Einrichtungen an die Kundgebungsteilnehmer. Dabei wurden unter anderem Auskünfte über den Verbleib der Deviseneinnahmen des Staates sowie über das Ausmaß von Privilegien angemahnt. Großen Beifall fanden Worte der Zustimmung zur Bürgerrechtsbewegung in der ČSSR, zu der sich die Versammelten auch mit einer Schweigeminute bekannten. Auch zahlreiche kontroverse Auffassungen wurden geäußert: So die Forderung nach freier Marktwirtschaft und zum Leistungsprinzip bei Erhalt sozialer Errungenschaften des Sozialismus.
Der Demonstration waren wiederum Friedensgebete in sieben Kirchen vorausgegangen.
Dresden. "Rechtssicherheit spart Staatssicherheit" unter diesem Leitgedanken formierten sich am Montagabend viele Zehntausende Dresdner zu einer genehmigten Demonstration. An ihr beteiligten sich alle basisdemokratischen Gruppen der Stadt. Bei ihrem Zug durch das Stadtzentrum beiderseits der Elbe forderten sie auf Plakaten, Transparenten und in Sprechchören u. a. "Nicht Links- sondern Rechtsstaat" - "Wir lassen uns nicht erlauben, was niemand uns verbieten kann" oder "Für Kontrolle von Stasi und Polizei". Erneut wurden Forderungen nach freien Wahlen, zur Reduzierung der Staatssicherheit, zur Auflösung der Kampfgruppen und gegen den Führungsanspruch der SED erhoben. Die Demonstration endete auf dem Fučíkplatz vor den Ausstellungshallen mit einer Kundgebung, die bei Redaktionsschluss noch andauerte.
Demonstrationen fanden am Montag auch in Cottbus, Halle, Karl-Marx-Stadt, Magdeburg, Neubrandenburg und Schwerin statt.
(Neues Deutschland, Di. 21.11.1989)
Der Marktplatz ist der Startpunkt einer Demonstration in Halle mit rund 25 000 Teilnehmern. Am Fahnenmonument findet die Abschlusskundgebung statt. Gerufen wird u.a. "Stasi in die Volkswirtschaft", "SED und Stasimacht haben uns auf den Hund gebracht".
Vor der SED-Kreisleitung in Berlin-Hellersdorf fordern die Demonstranten Räume für die neuen Parteien und Vereinigungen. Folge ist, die neuen Parteien und Vereinigungen richteten bei der SED-Kreisleitung ihre Geschäftsstellen ein.
In Magdeburg rufen Neues Forum, SDP und die Beratergruppe DOM zu einem Schweigemarsch zur Kreisdienststelle der Staatssicherheit auf.
Auf einer Demonstration in Karl-Marx-Stadt mit Kundgebung vor dem Karl-Marx-Monument wird u. a. "SED raus aus den Betrieben" und der "Machtanspruch der SED muss weg, damit wir hier leben können" gefordert.
Nach "Friedensgebete" in Bernburg und Merseburg finden Demonstrationen statt.
Zu Demonstrationen kommt es auch in Anklam, Bautzen, Hildburghausen, Malchow, Waren und Wurzen.